Biographie

Hammerschmidt, Andreas

Herkunft: Sudeten (Böhmen u. Mähren, österr. Schlesien)
Beruf: Kirchenkomponist
* 1. Januar 1611 in Brüx/Böhmen
† 29. Oktober 1675 in Zittau

Wir kennen nicht sein genaues Geburtsdatum, doch ist Andreas Hammerschmidt im Jahre 1611 als Pontanus Bohemus als Böhme von Brüx (Most) geboren. Eine Inschrift auf seinem nicht mehr erhaltenen Grabstein besagte, dass er mit 64 Jahren starb: „Musicus Celeberrimus vixit Annos 64, in officio 41. Denatus Ao 1675 d. 29. Oct.“ Deshalb wurde im Jahre 2011 von der Hammerschmidt-Gedenkstein-Initiative die 400-Jahr-feier auf dem Kreuzfriedhof in Zittau ausgerichtet und dort wird eine Stele mit dem Text der überlieferten Original-Inschrift aufgestellt.

Hammerschmidts Vater Hans war ein Sattler, der aus der Nähe von Zwickau aus Sachsen nach Böhmen gekommen war. Der Name seiner früh verstorbenen Mutter ist nicht bekannt, doch heiratete der Vater 1614 ein zweites Mal. Im Zuge der Gegenreformation nach dem Sieg der Habsburger in der Schlacht 1620 am Weißen Berg bei Prag musste die protestantische Familie 1626 Böhmen verlassen und ging nach Freiberg ins nahe Sachsen, wo der Vater 1629 das Bürgerrecht erhielt.

Über die musikalische Ausbildung des jungen Andreas in Brüx und Freiberg haben wir keine Angaben, doch kommen der Domkantor Christian Demantius und der Domorganist Balthasar Springer ebenso in Frage wie Christoph Schreiber, der in der damaligen Zeit Organist der Freiberger Petrikirche war. Ehe Hammerschmidt im Juli 1634 die Nachfolge des nach Zittau berufenen Schreibers antrat, war er bereits seit 1633 bei Graf Rudolf von Bünau Organist auf dessen Schloss Weesen-stein. Als Organist erhielt er 1637 in Freiberg das Bürgerrecht. Damals war er bereits mit Ursula Teufel verheiratet, der Tochter eines Prager Kaufmanns, mit der er fünf Töchter und einen Sohn hatte.

Nach dem Tode Schreibers wurde Hammerschmidt an der Kirche St. Johannis in Zittau erneut dessen Nachfolger und blieb bis zu seinem Tode an dieser Stelle. Hier hatte er Musiker-Kollegen wie den Kantor Simon Crusius und den Stadtpfeifer Florian Ritter. Hammerschmidt weilte öfter in Dresden, wo er sich mit den Werken italienischer Musiker und mit Heinrich Schütz vertraut machte. Durch einige seiner Widmungen wie an das Görlitzer Collegium Musicum und durch eine Komposition zur Weihe der St. Elisabeth-Kirche in Breslau wissen wir von Kontakten und Reisen nach Görlitz und Breslau. Er war ein für die damalige Zeit vermögender Musiker, der mehrere Häuser besaß und sich bauen lassen konnte.

Hammerschmidts Werk gilt als „wichtiger Beitrag zur mittel- und norddeutschen protestantischen Kirchenmusik“ (Klaus-Peter Koch). Hammerschmidt komponierte in Zittau Lieder, Kantaten und Motetten sowie andere Instrumental- und Vokalkompositionen. Er vertonte Lieder des Rektors des Zittauer Johanneums Christian Keimann wie Freuet Euch, Ihr Christen alle, das noch heute in lutherischen Gesangbüchern vertreten ist und gesungen wird. Seine Kompositionen erschienen mit Vorworten von Heinrich Schütz und Johann Rist, der ihn um Vertonung seiner Neuen himmlischen Lieder und seiner Neuen musikalischen Katechismus-Andachten bat. Die Kompositionen erlebten mehrere Auflagen. Hammerschmidt schrieb die Musik zu Gedichten von Paul Fleming, Philipp Harsdörffer und anderen barocken Dichtern. Auch im 20. Jahrhundert wurden neue Ausgaben seiner Werke gedruckt und manche Werke auch im 21. Jahrhundert diskographiert. Zum 400. Geburtstag veranstaltete der Verein Mitteldeutsche Barockmusik in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen e.V. in Zittau Tage der Mitteldeutschen Barockmusik.

Hammerschmidt wird heute zwar den großen Kirchenkomponisten wie Heinrich Schütz und Johann Sebastian Bach zur Seite gestellt, doch wurde nach seinem Tode die leicht fassliche und eingängige Melodienführung seiner Kompositionen auch abgewertet. So sprach Heinrich Fuhrmann 1706 in seinem „Musikalischen Trichter“ vom „Hammerschmiedischen Fuß“.

Werke (Auswahl): Erster Fleiß, Allerhand Paduanen, Galliarten, Balletten, Mascheraden, Francoischen Arien, Courenten und Sarabenden. 1636. An der Theil, Neue Paduanen … 1639. Dritter Theil. 1650. – Musicalische Andachten. 5 Teile, 1639. – Weltliche Lieder oder Liebesgesänge, 1645. – Dialogi oder Gespräche zwischen Gott und einer gläubigen Seelen, 1645. – Neue Musikalische Katechismus-Andach-ten, 1656. – Fest-, Buß- und Danklieder, 1658/59. – Fest- und Zeit-Andachten, 1671.

Lit.: ADB Band 10. – NDB, Band 7. – E. Steinhard, Zum 300. Geburtstag des deutsch-böhmischen Musikers Andreas Hammerschmidt, Prag 1911. – Lilian Schacherl, Andreas Hammerschmidt. Eines böhmischen Musikers Motetten erobern Deutschlands Kantoreien, in: Schacherl, Wege ins Exil. Emigranten-Schicksale aus Böhmen und Mähren aus fünf Jahrhunderten, Gräfelfing 1964. – Klaus-Peter Koch, Hammerschmidt, in: Lexikon zur Deutschen Musik-Kultur Böhmen-Mähren-Sudetenschlesien, München 2000, Band 1, S. 498-501 (Sp. 879- 886), Verzeichnis aller Werke Hammerschmidts (S. 500 f.).

Rudolf Grulich