Biographie

Hanak, Anton

Herkunft: Sudeten (Böhmen u. Mähren, österr. Schlesien)
Beruf: Bildhauer
* 22. März 1875 in Brünn/Mähren
† 7. Januar 1934 in Wien

Der böhmisch-mährische Raum aus den Zeiten der K.u.K.-Monarchie hat nicht nur bedeutende Maler und Zeichner hervorgebracht, sondern auch Bildhauer von transnationalem Rang. Ihnen gemeinsam ist, dass sie ihre Heimat verließen und in die Weite des deutschsprachigen Kulturbereiches in Mitteleuropa strebten, angezogen vor allem von den großen Metropolen. Zu diesen Künstlern gehören vor allen anderen der Egerländer Franz Metzner (Wscherau b. Pilsen 1870-1919 Berlin), der Südmährer Hugo Lederer (Znaim 1871-1940 Berlin) und Anton Hanak (Brünn 1875-1934 Wien-Hetzendorf), der vor nunmehr 75 Jahren starb.

Anton Hanak war der Sohn eines Malers und Anstreichers. Getauft in der Stadtpfarrkirche St. Jakob in Brünn, die bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs die Pfarre der deutschen Bevölkerung in Brünn war, wuchs er in einem kleinen Handwerkerhaushalt auf, in Deutsch und in Tschechisch, denn die Mutter sprach kaum ein paar Worte Deutsch. Im späteren Schaffen mischten sich eine schwermütig-tschechische Komponente mit heiterer Musikalität kennengelernter süddeutsch-salzburgischer Kunst, dies alles unter dem Erleben grundlegender künstlerischer Neuerungen nach der Jahrhundertwende.

Anton Hanak, von dem beachtlich viele schriftliche Selbstzeugnisse vorliegen, betonte stets den besonderen Einfluss seiner Eindrücke in der Jugend, die frühe Zeit im Haus des Großvaters Ernst Havlicek in Bystritz am Pernstein, wieder bei den Eltern in Branowitz südlich von Brünn, wo der Vater Arbeiter in einer Zuckerfabrik geworden war, sodann in Pohritz und als Chorknabe, der auch mit der Violine gut umzugehen wusste, in Nikolsburg. Als 14-jähriger Halbwüchsiger ging Hanak nach Wien, wie viele Jugendliche des mährisch-schlesischen und böhmischen Raumes, und absolvierte bis 1893 eine Lehre als Möbeltischler und Holzbildhauer. In diesen Jahren wurde Anton Hanak zum besessenen Künstler. Vorübergehend Möbelschnitzer in einer Brünner Möbelfabrik, hielt es den rastlosen jungen Mann nirgends längere Zeit, und sein Leben teilte sich sommers in Wanderschaften und in den Wintermonaten in die Teilnahme an Kursen der Staatlichen Gewerbeschule in Wien, begleitet von Arbeiten als Modelleur und Schnitzer. 1898 wurde Hanak in die Bildhauerklasse der Akademie der Bildenden Künste in Wien aufgenommen und erhielt schon 1900 ein Mährisches Landesstipendium. Nach der Heirat im gleichen Jahr wohnte man in Langenzersdorf bei Wien, und 1904 konnte das Studium an der Akademie erfolgreich abgeschlossen werden, gefolgt von einem längeren Rom-Aufenthalt und der Einrichtung eines Ateliers in Wien 1905.

1904 entstand in Gips eine große Grablegung, heute im Museum von Proßnitz (Prostejov). Zu den Marmorskulpturen dieser Zeit gehört auch der Frauentorso Zukunft (Regensburg, Kunstforum Ostdeutsche Galerie). Anton Hanak wurde 1906 Mitglied der Wiener Sezession (bis 1910) und schuf einen Wandbrunnen Wasser des Lebens in Marmor, der nach 1945 Teil des Grabmals Ottahal auf dem Friedhof von Olmütz wurde. Im Linzer Volksgarten fand 1908 die marmorne Brunnenfigur Freude am Leben Aufstellung. In der Ausstellung der Wiener Sezession zum 60-jährigen Regierungsjubiläum von Kaiser Franz Joseph war Hanak mit drei Marmorskulpturen vertreten. Die Marmorfigur Ewigkeit von 1909 wurde vor schwarzem Granit zum Grabmal Primavesi auf dem Olmützer Friedhof. Hanaks Skulptur Der Jüngling sah 1910 die große Berliner Kunstausstellung; es folgten Staatsaufträge für die Internationale Kunstausstellung in Rom 1911. Im Österreichischen Haus der Großen Kunstausstellung Dresden 1912, geschaffen von Josef Hoffmann, waren achtzehn Skulpturen Hanaks zu besichtigen und Gemälde von Gustav Klimt. Die Brunnenfigur Kind über dem Alltag von 1912 in Marmor mit Bronze befindet sich in Würbenthal (Vrbno), eine Replik von 1929 in Wien im Haus des ÖsterreichischenGewerkschaftsbundes, Sandsteinskulpturen Arbeiter und Arbeiterin schmücken das Gebäude der Vorwärts-Druckerei in Wien, Linke Wienzeile 48.

1913 wird Anton Hanak zum Lehrer an der Kunstgewerbeschule in Wien berufen. In Olmütz gestaltet er das Speisezimmer im Wohnhaus Primavesi, ferner arbeitet er mit am Wohnhaus Primavesi in Wien-Hietzing und im Landhaus Primavesi in Winkelsdorf bei Mährisch Schönberg. Die Arbeitslast führt im April 1915 zum gesundheitlichen Zusammenbruch. Zwar ist Hanak 1917 auf Österreichischen Kunstausstellungen in Stockholm und Kopenhagen anwesend, schafft auch in Marmor eine Eva (Wien, Österreichische Galerie Oberes Belvedere), aber es erschüttert ihn am 6. Februar 1918 der Tod von Gustav Klimt, am 31. Oktober 1918 der Tod von Egon Schiele und am 28. März 1919 der Tod von Franz Metzner, von den gewaltigen politischen und gesellschaftlichen Umwälzungen nach dem Ende des Ersten Weltkriegs ganz abgesehen. Eine Kunstschau 1920 im Wiener Museum für Angewandte Kunst widmet Hanak einen Sonderraum. Es entsteht 1922 in Gips Der brennende Mensch (Bronzeausführung in Linz, Moderne Galerie), und nach einem Sanatoriumsaufenthalt wird 1923 die Marmorskulptur Die Erhebung fertig (Prag, Narodni Galerie). Die Familie übersiedelt von Langenzersdorf nach Wien-Hetzendorf. Die Fünf-Figuren-Gruppe in MarmorMahna Mater kommt in den Park an der Pfarrkirche von Mauer bei Wien. Zu den weiteren öffentlichen Aufträgen gehört die große Schmerzensmutter in Kalkstein von 1925 für die Kriegs-Gedenkstätte auf dem Zentralfriedhof in Wien. Anton Hanak ist auf dem Höhepunkt der Anerkennung und Wertschätzung seines Schaffens. In Gips entsteht 1925-1926 eine Pietà, in Bronze gegossen 1949 für die Österreichische Galerie Oberes Belvedere in Wien, und 1959 für die Domkrypta in Eisenstadt. Die Skulpturen Arbeiter und Arbeiterin in Kalkstein, 1926 aufgestellt an der Arbeiter- und Angestelltenkammer Graz, befinden sich seit 1953 im Grazer Museum. Ausstellungen in Wien und Mährisch-Ostrau 1927 lösen sich ab mit Sanatoriums- und Krankenhausaufenthalten. 1929 und 1930 entstehen zahlreiche Gipsmodelle für großgedachte Bronze-Skulpturen, dem neuen politischen Zeitgeschmack folgend. Ein Porträtkopf VictorAdler wird 1928 Teil des Denkmals der Republik neben dem Parlamentsgebäude in Wien. 1932 folgen die Entwürfe für Skulpturen und Reliefs am geplanten National-Denkmal der Türkei in Ankara, ein von Prof. Clemens Holzmeister vermittelterAuftrag. Guss und Aufstellung der monumentalen Bronzen Alter Türke und JungerTürke am Emnyet-Denkmal erfolgen 1934; die Sockelreliefs nach Modellen Anton Hanaks führen posthum Schüler aus (ein Relief eigenhändig), die Arbeiten der Rückwand schafft nach 1934 Josef Thorak.

In Zusammenhang mit dem Auftrag für Ankara wird Hanak am 1. Januar 1932 zum OrdentlichenHochschulprofessor an der Akademie der Bildenden Künste in Wien ernannt, am 7. Januar 1934stirbt er in Hetzendorf und wird wenige Tage später auf dem Friedhof von Hietzing beigesetzt, in Nachbarschaft von Gustav Klimt. Erst 1949 findet eine große Gedächtnisausstellung inder Sezession in Wien statt. 1963 wird das Anton-Hanak-Archiv in Langenzersdorfgegründet, dem 1968 ein Museum für den Bildhauer zur Seite gestellt wird.

Der Bildhauer und Mensch Anton Hanak fühlte sich als ein ewiger Arbeiter, der künstlerisch den Menschen im Raum schafft und ihn sich erheben lässt, jedoch willensfrei; so sprechen Schwere und Aufstieg aus seinen Werken.

Bild: Hanak-Museum Langenzersdorf.