Biographie

Hase, Karl-Günther von

Herkunft: Schlesien (Ober- u. Niederschlesien)
Beruf: Offizier, Diplomat, Intendant
* 15. Dezember 1917 in Wangern/Krs. Breslau
† 9. Mai 2021

Karl-Günther Paul Otto v. Hase stammt aus einer schlesischen Gutsbesitzerfamilie und wurde am 15. Dezember 1917 in Wangern, Kreis Breslau, einem Dorf von etwa 800 Einwohnern, auf dem Gut geboren. Infolge der Versetzung seines Vaters Günther v. Hase, der mit einer Bürgerlichen verheiratet war, 1920 nach Berlin, wo er ab 1920 als Polizeioffizier, zuletzt als Oberst, tätig war, wuchs er in der Reichshauptstadt auf. Er besuchte das altsprachliche Gymnasium in Berlin-Schöneberg, legte dort 1935 planmäßig das Abitur ab, ging zum (Reichs-)Arbeitsdienst und 1936 zur Artillerie nach Hannover – 1935 war das Gesetz zur Einführung der allgemeinen Wehrpflicht erlassen und die Arbeitsdienstpflicht eingeführt worden – und wollte Offizier werden, hatte also das Militärische vom Vater her im Blut. Noch im Frieden wurde er Fahnenjunker und besuchte die Kriegsschule in Potsdam. Dann stand er während des Zweiten Weltkrieges in Polen, Frankreich, in der Sowjetunion, wo er eine Verwundung erlitt, und in Italien im Einsatz, u.a. als Batteriechef eines Panzer-Artillerie-Regiments. 1943/44 absolvierte er den Generalstabslehrgang im schlesischen Hirschberg und wurde dann, im Mai 1944, erst 26-jährig, zum Major im Generalstab befördert. Nach dem am 20. Juli 1944 gescheiterten Attentat auf Adolf Hitler und dem misslungenen Umsturzversuch wurde auch sein Onkel Generalleutnant Paul v. Hase, der Stadtkommandant von Berlin, verhaftet und hingerichtet und Karl-Günther v. Hase im Zuge der Sippenhaftung aus dem Generalstabsdienst in Italien an die Ostfront beordert, wo er Anfang 1945 in sowjetrussische Kriegsgefangenschaft geriet. Kurz zuvor war ihm das Ritterkreuz zum Eisernen Kreuz verliehen worden und hatte er sich „ferntrauen“ lassen: mit der Tochter eines der höchsten Offiziere der Luftwaffe, des Generalobersten Stumpff.

Erst 1949 schlug K.-G. v. Hase die Stunde der Freiheit. Der militärisch-kriegerischen Karriere folgte eine sehr erfolgreiche zivil-bürgerlich-friedliche. Nun heiratete er seine Frau auch kirchlich-evangelisch, wurde Vater von fünf Töchtern und schlug die diplomatische Laufbahn ein, die ihn auf viele Stationen und in viele Positionen führte. So besuchte er von 1950 bis 1951 die Diplomatenschule in Speyer, war im Protokoll des Auswärtigen Amtes in Bonn tätig, dann 1952 Stipendiat an der Georgetown-University in der amerikanischen Hauptstadt Washington, von 1953 bis 1956 Gesandtschaftsrat an der deutschen Botschaft im kanadischen Ottawa, von 1956 bis 1958 Stellvertretender Pressesprecher des Auswärtigen Amtes in Bonn, 1958 bis 1961 Leiter der Presseabteilung des Auswärtigen Amtes, 1961-1962 Ministerialdirektor und Abteilungsleiter, 1962 bis 1967 Staatssekretär und Leiter des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung unter den Bundeskanzlern Konrad Adenauer, Ludwig Erhard und Kurt Georg Kiesinger (alle CDU). Im Jahre 1967 wechselte er als Staatssekretär in das Bundesministerium der Verteidigung, und 1970 übernahm er einen der wichtigsten Auslandsposten der Bundesrepublik Deutschland und wurde Botschafter in London, wo er bis 1977 blieb.

1977 brachte eine überraschende Wende im Leben des allmählich auf den Ruhestand zusteuernden beginnenden Sechzigers. Er war als Ständiger Vertreter der Bundesrepublik bei der Europäischen Gemeinschaft in Brüssel vorgesehen. Doch die rivalisierenden politischen Gruppierungen im Zweiten Deutschen Fernsehen konnten sich bei dem Ausscheiden des hochgeschätzten und vielgelobten Gründungsintendanten, des Main­zer Philosophieprofessors Dr. Karl Holzamer, nicht auf einen Nachfolger einigen, bis schließlich der Blick auf v. Hase fiel und dieser überraschend und mit großer Mehrheit gewählt wurde. Der neue Intendant hatte zwar einige Jahre dem Rundfunkrat der Deutschen Welle und dem Rundfunkrat des Deutschlandfunks angehört, hatte aber vom Fernsehen fast keine Ahnung, und überließ klugerweise, mit schlesischer Verbindlichkeit und vertrauend seinen Mitarbeitern viel Freiraum, ihr Engagement und ihre Erfahrungen einzubringen. Wesentliche Weichenstellungen und Innovationen erfolgten. Das Kabel- und das Satellitenfernsehen veränderten, hier: vom Mainzer Lerchenberg aus, Möglichkeiten und Verhalten der Zuschauer, veränderten „ihre Welt“. Der ehemalige Regierungssprecher dreier sehr verschiedener Bundeskanzler bewährte sich voll und ganz als TV-Intendant.

1992 kandidierte er nicht mehr, sondern ging in den Ruhestand. Nun konnte er, der Englisch, Französisch und auch Russisch zu parlieren vermochte, sich mehr seinen Liebhabereien widmen: dem Reiten und der Jagd.

Viele Orden und Auszeichnungen bekunden seine Leistungen. So erhielt er nach der Kriegszeit: 1964 Großes Goldenes Ehrenzeichen mit dem Stern für Verdienste um die Republik Österreich; 1965 Großkreuz des Verdienstordens von Italien; 1969 Großes Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland; 1982 Großes Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband der Bundesrepublik Deutschland; 1987 Ehrendoktorwürde im Fachbereich Rechtswissenschaften der Universität Manchester. Rheinische Narren verliehen ihm 1967 den Karnevalsorden Wider den tierischen Ernst. – Zum 70. Geburtstag wurde ihm eine Festschrift gewidmet.

Am 15. Dezember 2017 feierte Karl-Günther v. Hase seinen 100. Geburtstag. Markus Schächter, als von 2002 bis 2012 in Mainz amtierender TV-Intendant einer seiner Nachfolger, schrieb in einem Würdigungsbeitrag über den „unverwüstlichen Optimisten“ u.a., dieser habe auf dem Lerchenberg vorgelebt: „den entwaffnenden Humor mit der Neigung zur Selbstironie, die Unbestechlichkeit des Urteils, die weltläufige Souveränität, die ganz eigene Mischung aus preußischer Akkuratesse und rheinischer Gelassenheit.“

Werke: Adenauer und Großbritannien, in: Konrad Adenauer und seine Zeit. Politik und Persönlichkeit des ersten Bundeskanzlers. Beiträge von Weg- und Zeitgenossen. Hrsg. von Dieter Blumenwitz, Klaus Gotto, Hans Maier, Konrad Repgen, Hans-Peter Schwarz. Stuttgart 1976, S. 632-650. – Hrsg.: Konrad Adenauer und die Presse, Bonn 1988 (Rhöndorfer Gespräche, Bd. 9). – Hrsg. mit Franz Poeppel, Wilhelm Karl Prinz von Preußen, Die Soldaten der Wehrmacht, 6. AufI., München 2000. – In Zusammenarbeit mit Barbara Rillen, Erinnerungen, Bonn 2010 (Eigenverlag).

Lit.: Zwischen Pflicht und Neigung. Festschrift zum 70. Geburtstag von Karl-Günther von Hase. Hrsg. von Günter Diehl u. Dieter Stolte, Mainz 1988. – Markus Schächter, Glücksfall fürs ZDF. Karl-Günther von Hase zum Hundertsten, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 15.12.2017. – Hans-Ludwig Abmeier, Regierungssprecher unter Adenauer, Erhard und Kiesinger und ZDF-Intendant: Karl-Günther von Hase, in: Neuer Glogauer Anzeiger, 65. Jg., 2018, Nr. 2.

Bild: Autogrammkarte aus v. Hases Zeit als Intendant des ZDF.

Hans-Ludwig Abmeier