Biographie

Heider, Paul (Alois)

Herkunft: Sudeten (Böhmen u. Mähren, österr. Schlesien)
Beruf: Hochmeister des Deutschen Ordens
* 21. Juni 1868 in (Neu-) Adamsthal/Bez. Brünn
† 25. Januar 1936 in Troppau/Österr. Schlesien

Alois Heider wohnte als Kind mit den Eltern in Lauterseifen, besuchte die Volksschule in Engelsberg, ab 1880 das Untergymnasium in Freudenthal und wechselte ab 1884 in das erzbischöfliche Knabenseminar in Kremsier. Nachdem er 1886 als Klerikernovize mit dem Ordensnamen Paul im Ordenskonvent Troppau in den Deutschen Ritterorden eingekleidet wurde, setzte er seine Studien mit Auszeichnung und 1889 der besten Reifeprüfung seines Jahrganges in Mähren fort, empfing nach dem Theologiestudium in Innsbruck am 26. Juli 1892 die Priesterweihe und legte schließlich am 18. Oktober 1892 in Troppau die ewige feierliche Ordensprofess ab.

Seelsorgliche Stationen führten Heider im Sommer 1893 als Kooperator nach Alt-Vogelseifen sowie 1896 nach Freuden­thal, dort auch als Verwalter des Deutschordensspitals. 1906 wurde ihm die Pfarrei Würbenthal übertragen, 1909 kehrte er als Dechant nach Freudenthal zurück. Nachdem sein Ordensbruder P. Norbert Klein 1916 zum Bischof von Brünn ernannt worden war, folgte er ihm als Propst von Troppau nach. Überall ging sein Bemühen stets über die reine Seelsorge hinaus: Nach den drei Jahren in Alt-Vogelseifen hinterließ er eine neue Orgel und eine restaurierte Kirche. Auch in Freudenthal begann er beides und vor allem in Troppau engagierte er sich für die Propsteipfarrkirche Maria Himmelfahrt. Überall brachte er die finanziellen Mittel für die Arbeiten an den inkorporierten Ordenskirchen durch Spenden auf. Daneben setzte sich Heider für das gesellschaftliche Leben in seinen Wirkungsorten ein und brachte sich vor allem während des Ersten Weltkrieges karitativ in der Verwundetenpflege, Arbeitslosenfürsorge und der Verpflegungssituation in Freudenthal ein. In Troppau rief er die Caritas ins Leben.

Die nationalistischen und antirömischen Tendenzen seiner Zeit erkennend, widmete sich Heider auch der Ausbildung für deutsche Priesteramtskandidaten: Bereits als junger Kaplan beabsichtigte er die Gründung eines Internats in Freudenthal, musste seine Pläne jedoch aufgrund von Gegnerschaften aufgeben. Da nach dem Ende des Krieges das Erzbischöfliche Knabenseminar in Kremsier keinen deutschsprachigen Unterricht mehr hielt, vermittelte Heider die Einrichtung eines provisorischen Konvikts im Freudenthaler Ordensschloss und organisierte schließlich in jahrelanger Anstrengung als „Bettelpropst“ die finanziellen Mittel für einen dortigen Neubau. Das mit der Einweihung im August 1926 fertiggestellte Projekt gehörte zu den Höhepunkten seines Lebens, wofür ihm von Papst Pius XI. der Titel eines Prälaten verliehen wurde. Sein letztes Bauprojekt war die Kriegergedächtniskirche St. Hedwig in Troppau, deren Grundsteinlegung er 1933 bereits als Hochmeister vornahm.

Heider entfaltete neben seiner pastoralen (Bau-)Tätigkeit auch eine politische. In Freudenthal prägte er das katholische Leben insbesondere durch den 1899 eingeweihten Bau eines Hauses für den dortigen Gesellenverein. Als dessen Präses formte er ihn zu einem Katholischen Volksverein um, ganz im Sinne des politischen Katholizismus seiner Zeit. 1907 formulierte Heider mit dem Normalstatut für die katholischen Organisationen ein Grundlagenpapier einer solchen Bewegung. In Troppau förderte er den Deutschen Katholischen Volksverein ebenso mit der Erhaltung eines Hauses. Dem katholischen Vereinswesen seiner Diözese stand er stets fördernd gegenüber und war in zahlreichen Vorständen aktiv. Als Vertreter der Christlichsozialen Volkspartei wirkte Heider ab 1920 im Stadtrat von Troppau und saß durch die Aufgabenbereiche Erziehung, Bauwesen und Soziales u.a.m. in vielen Ausschüssen. Diese breite Verankerung im gesellschaftlichen Leben muss ihm viel Anerkennung eingebracht haben und auch ein gutes Kontaktnetzwerk, das wiederum seine zahlreichen Aktivitäten in personeller wie materieller Hinsicht unterstützt oder ermöglicht haben wird. Als mit dem Ende des Krieges einige deutsche, katholische Zeitungen nicht mehr erschienen, ließ er ab Dezember 1918 die Tageszeitung Sudetenland auflegen, die später aus politischen Gründen in Das Volk umbenannt wurde. Daraus wurde schließlich mit Unterstützung des Ordens und v.a. des deutschen Adels die gleichnamige Druck- und Verlagsanstalt gegründet. Seine Weiterbildung in diesem Metier ließ ihn bis zu seiner Hochmeisterwahl 1933 die Geschäftsführung behalten.

Paul Heider muss zeitlebens, besonders aber in seiner Trop­pauer Zeit, ein beliebter Seelsorger, aktiver Organisator und umsichtiger Pfarrherr gewesen sein. Zeugnis davon geben nicht zuletzt zahlreiche lobende Nachrufe und ehrende Gedenkworte, die in ihm den vorbildhaften Prediger, Beichtvater und Schulkatecheten sahen sowie seine gesellschaftliche Anerkennung hervorhoben. Außerkirchliche Vereinstätigkeit, Arbeit an der Ökumene und eine Pastoral frei von nationalistischen Kalkülen zeigen seinen offenen Horizont. Nahezu vollständig unberücksichtigt geblieben ist in biographischen Notizen zu Heider dessen Mitgliedschaft im Cartellverband (CV). Heider war seit dem 6. August 1903 Ehrenphilister der katholischen Studentenverbindung Nordgau Wien und seit dem 24. Juli 1921 auch bei Nordgau Prag. Mit der Gründung des 3. ÖCV im Jahr 1933 wurde er wie alle Ehrenmitglieder als Urphilister bei Nordgau Wien geführt. Auch im Rahmen akademischer Studenten war er um die Stärkung der katholischen Weltanschauung bemüht, wie sein Beitrag in der Festschrift des Nordgau Prag von 1931 bezeugt. Nordgaus Chargierte rahmten schließlich seinen Leichenkondukt.

Für den Deutschen Orden wirkte Heider ab 13. Juni 1930 als erster Generalrat und durch den krankheitsbedingten Ausfall von Hochmeister Klein ab 30. September 1932 auch als Generalvikar. Sein verbindendes Auftreten schuf auch einen neuen Stil in der Generalleitung und versuchte, mit der Regelreform von 1929 und besonders den finanziellen Schwierigkeiten des Ordens durch Konfiskationen der Güter des Meistertums bestmöglich umzugehen. Am 31. Mai 1933 wurde er als Hochmeister gewählt, am 17. September 1933 zum Abt benediziert. Damit war es ihm auch unter Fürsprache des Apostolischen Visitators P. Dr. Hilarin Felder OFM gelungen, die kirchliche Stellung des Hochmeisters durch die Würde eines Abtes zu stärken. Hervorzuheben ist aber vor allem sein Engagement um das Laienelement des Ordens, das er insbesondere in den Ordensfamiliaren zu verwirklichen trachtete. Seine Erfahrungen im Laienapostolat haben ihn dazu befähigt, die Zustimmung zur Bildung eines Familiareninstituts erlebte er jedoch nicht mehr. Sein stets sensibler Gesundheitszustand und das fortschreitende Alter gaben ihm dazu nicht mehr die Kraft. Im Ordensspital in Troppau verstorben, wurde er am 30. Januar 1936 in die Hochmeistergruft am Friedhof in Freudenthal beigesetzt.

Neben seinen Ordensbrüdern P. Norbert Klein und P. Robert Schälzky war es vor allem das vielseitige Wirken eines P. Paul Heider, das dem Deutschen Orden wie auch der Katholischen Kirche in Mähren und Schlesien nach dem Ersten Weltkrieg und in schweren Zeiten große Glaubwürdigkeit und Reputation schuf. Mit seinem Namen bleibt eine Zeit der Bewegung, des Aufbruchs und der katholischen Volksbewegung verbunden, die nach ihm in dieser Form nicht mehr möglich war.

Lit.: Richard Hackenberg, Hochmeister Paul Heider. Sohn des Altvaterlandes, in: Königsteiner Jahrbuch 1991, S. 58-60. – Gerhard Hanusch, Paul Heider 1933-1936, in: Udo Arnold (Hrsg.), Die Hochmeister des Deutschen Ordens 1190-2012 (Quellen und Studien zur Geschichte des Deutschen Ordens, 40), Weimar 20142, S. 312-319. – Alfons Jedelsky, Paul Heider (1868-1936). Propst von Troppau, Hochmeister des Deutschen Ordens, in: Kirche, Recht und Land. Festschrift Weihbischof Prof. Dr. Adolf Kindermann dargeboten zum 70. Lebensjahre, Königstein im Taunus/ München 1969, S. 262-268. – Ders., Prälat Paul Heider. Hochmeister des Deutschen Ordens (1868-1936), in: Mährisch Schlesische Heimat. Vierteljahresschrift für Kultur und Wirtschaft, 1960 (2), S. 130-136. – Bernhard Demel, Heider, Paul, in: Österr. Biographisches Lexikon 1815-1950, 2 (8, 1958), S. 242f. – Das Volk. Tagblatt für das christlich-deutsche Volk vom 02. Juni 1933, vom 28., 29., 30. Januar und 01., 02. und 04. Februar 1936. – Der Altvaterbote 1951 (4, 4), S. 123-126. – Freudenthaler Ländchen: 1936 (16, 2), S. 10-16 – 1956 (27, 1), S. 5f. – 1961 (32, 1), S. 10 – 1966 (37, 2), S. 56f. – 1986 (57, 1), S. 4f. – Troppauer Heimatchronik: 1963 (160), S. 98f. – 1966 (194), S. 58f. – 1988 (464), S. 198. – Mitteilungen des Deutschen Ordens: 1933 (3), S. 1-3 – 1936 (5), S. 1-6. – Zeitschrift des Deutschen Ordens: 1986 (1), S. 10f. – MDO 1959 (2), S. 5-7.

Bild: Gemälde für das Seminar in Freudenthal.

Bernhard Huber