Biographie

Heller, Otto

Herkunft: Sudeten (Böhmen u. Mähren, österr. Schlesien)
Beruf: Journalist, Schriftsteller, Widerstandskämpfer
* 14. Dezember 1897 in Brünn
† 24. März 1945 in KZ Ebensee, Oberösterreich

Als Journalist, Schriftsteller und kommunistischer Propagandist, der zwischen Paris, Berlin und Moskau operierte, prägte Otto Heller die Opposition gegen den Nationalsozialismus und war in der französischen Résistance aktiv. Am 14. Dezember 1897 wurde er in eine wohlhabende jüdische Familie in Brünn geboren. Entscheidend für sein weiteres Leben wurde die Begegnung mit sozialistischen Journalisten und Separatisten während seines Einsatzes an der italienischen Front in der Armee Österreich-Ungarns. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde er zum Missfallen seiner Eltern Anhänger der sozialdemokratischen Arbeiterpartei in Österreich. Das Studium der Rechtswissenschaft musste er deshalb in Prag fortsetzen, wo er ab 1919 im Reichsbildungsamt fungierte, sich in der Bildungsarbeit der Deutschen Sozialistischen Arbeiterbewegung engagierte, für verschiedene Zeitungen publizierte und 1921 in Reichenberg Mitbegründer der Deutschen Gruppe der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei wurde. Von 1921 bis 1923 war er Redakteur beim Reichenberger „Vorwärts“.

Nach seiner Ausweisung aus der Tschechoslowakei 1926 ging er nach Berlin und arbeitete in der deutschen Hauptstadt als Journalist für verschiedene Zeitungen, u.a. für ‚Welt am Abend“, ‚Berlin am Morgen‘ und ‚Die Rote Fahne‘. 1931-32 lehrte er an der Marxistischen Arbeiterschule, an der auch etwa Albert Einstein, Egon Erwin Kisch und Walter Gropius tätig waren. Durch Reisen in die Sowjetunion entstanden mehrere politische Reiseführer, die glorifizierend den sozialistischen Aufbau beschreiben, wie ‚Das Geheimnis der Mandschurei‘ und ‚Sibirien, ein anderes Amerika‘. In dieser Zeit arbeitete er an seiner historisch-materialistischen Darstellung der jüdischen Geschichte und plädierte für die Auflösung des Judentums im Sozialismus, um so den Kapitalismus als Ursache von Ausbeutung und Antisemitismus zu zerstören. Trotz einer anfänglich kritischen Aufnahme machte die Schrift ihn berühmt und wurde zum Meilenstein für die kommunistische Opposition gegen den Nationalsozialismus, obgleich der zweite Band des Werks nie erschien. Heller reihte sich damit in die lange Reihe jener Juden ein, die gegen den Zionismus argumentierten und in der frühen Geschichte sozialistisch-kommunistischer Parteien eine bemerkenswert prominente Rolle spielten.

Als 1933 Adolf Hitler die Macht ergriff, floh Heller in die Schweiz und schrieb dort für die ‚Internationale Pressekorrespondenz‘. Ein Jahr später zog er nach Moskau, wo er bis 1936 Chef der außenpolitischen Redaktion der ‚Deutschen Zentral-Zeitung‘ war, eines Organs der deutschen Sektion der Kommunistischen Internationale. Als Gastdozent lehrte er zugleich am Moskauer ‚Marx-Lenin-Institut‘. Nach Verhaftung mehrerer seiner Redaktionsmitglieder sah er sich gezwungen, die Sowjetunion zu verlassen. Ab 1936 war er im Auftrag der Partei in Paris und in Kontakt zur 1938 exilierten KPÖ-Führung und den Widerstandskämpferinnen Margarete Schütte-Lihotsky und Elisabeth Freundlich. Heller schrieb Propaganda-Texte für die österreichischen Brigaden im Spanischen Bürgerkrieg.

Nach der Besetzung Frankreichs durch die deutsche Wehrmacht hielt sich Heller in Vichy-Frankreich auf. Im April 1941 wurde er mit anderen österreichischen Widerstandskämpfern verhaftet und in Montauban wegen Hochverrats angeklagt. Die Stadt war damals durch die Aktivitäten der ‚Auslandsvertretung österreichischer Sozialisten‘ (AVÖS) und mit Hilfe des französischen Politikers Leon Blum ein österreichisches Exilzentrum. Trotz Freispruchs wurde Heller in den Arbeitslagern Le Vernet und Les Milles interniert, konnte aber fliehen und wurde von der Résistance unter dem Pseudonym Raymund Brunet als Dolmetscher in eine Einheit der Deutschen Wehrmacht in Lille eingeschleust. Er informierte den französischen Widerstand über deutsche Truppenbewegungen und versuchte, durch Verteilung von illegalen Abhandlungen die Moral der Deutschen zu untergraben. Am 23. Dezember 1943 wurde er von der Gestapo in Lille verhaftet und ins KZ Auschwitz deportiert. Dort konnte er zusammen mit dem ungarischen Kommunisten Arpad Haasz in der Redaktionskommission einer kommunistischen Widerstandgruppe um Bruno Baum Artikel verfassen, die ab Juni 1944 über Kurzwelle zweimal wöchentlich nach London gesendet wurden und das Auschwitz-Bild der Alliierten wesentlich prägten. Am 18. Januar 1945 wurde Heller im Rahmen der Evakuierung des KZ Auschwitz ins KZ Mauthausen überstellt und erhielt dort die Häftlingsnummer 119.829. Er starb am 24. März 1945 an Entkräftung im KZ-Außenlager Ebensee.

Werke: Sibirien: Ein anderes Amerika. Neuer Deutscher Verlag, Berlin 1930. – Der Untergang des Judentums: Die Judenfrage, ihre Kritik, ihre Lösung durch den Sozialismus. Verlag für Literatur und Politik, Wien, Berlin 1931. – Wladi Wostok: Der Kampf im Fernen Osten. Neuer Deutscher Verlag, Berlin 1932. – Das Geheimnis der Mandschurei. Hoym, Hamburg, Berlin 1932.

Lit.: Heller, Otto. In: Lexikon deutsch-jüdischer Autoren. Band 11: Hein-Hirs. Hrsg. vom Archiv Bibliographia Judaica. Saur, München 2002, S. 60 ff. – Heller, Otto, in: Werner Röder, Herbert A. Strauss (Hrsg.): Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Emigration nach 1933. Band 1: Politik, Wirtschaft, Öffentliches Leben. München: Saur, 1980, S. 283.

Weblink: https://de.wikipedia.org/wiki/Otto_Heller_(Schriftsteller).

Bild: Profilporträt von Otto Heller, publiziert im März 1928 in dem linken Magazin ‚Die Rote Fahne‘.

Stefan P. Teppert