Biographie

Hellmann, Manfred

Herkunft: Baltikum (Estland, Lettland, Litauen)
Beruf: Historiker
* 24. Juni 1912 in Riga/Livland
† 12. Juni 1992 in München

Wer das wissenschaftliche Werk des Historikers Manfred Hellmann kennenlernt, wird in starkem Maße beeindruckt sein. DieVeröffentlichungen dieses Gelehrten weisen eine erstaunlich große thematische Spannweite auf, und dabei stellt Hellmann an die eigenen Arbeiten stets höchste Ansprüche. Man versteht kaum, wie er immer wieder noch Zeit für den Musikgenuß und das Theater zu erübrigen vermag.

Väter- und mütterlicherseits entstammt Hellmann dem Rigaer Bürgertum. Seine Ausbildung als Historiker begann in seiner Heimatstadt, wobei er sowohl an der Lettischen Staatsuniversität als auch am deutschen Herder-Institut studierte. Zu seinen Rigaer Lehrern gehörte der hervorragende Mediävist Leonid Arbusow. Danach setzte der junge Hellmann sein Studium in Königsberg fort, wo er an Lehrveranstaltungen von Erich Maschke und Hans Rothfels teilnahm. Im Jahre 1936 begann seine Veröffentlichungstätigkeit, die sich zunächst auf Litauen und dessen Deutschtum konzentrierte. Seine Dissertation, die 1940 im Druck erschien, behandelte „Die preußische Herrschaft Tauroggen in Litauen (1690-1793)“. Dann bestimmte der Zweite Weltkrieg Hellmanns Schicksal. Er wurde eingezogen, vermochte aber glücklicherweise in Riga für seine spätere Habilitationsschrift viel zu tun. In der Nachkriegszeit bot ihm die Tätigkeit als letzter Assistent des großen Landes- und Siedlungshistorikers Rudolf Kötzschke in Leipzig noch einmal neue Anregungen. Bereits 1949 ging er jedoch den Weg der Millionen aus Mitteldeutschland in den Westen. Im Jahre 1952 konnte sich Hellmann in Freiburg im Breisgau habilitieren. Die 1954 erschienene Habilitationsschrift „Das Lettenland im Mittelalter. Studien zur ostbaltischen Frühzeit und Stammesgeschichte, insbesondere Lettgallens“ ist ein Standardwerk zur älteren Geschichte des Baltikums, dem für die Kenntnis des entscheidungsreichen 13. Jahrhunderts besonders große Bedeutung zu kommt. In der Folgezeit wurde die Universität Münster zu Hellmanns Wirkungsstätte als Osteuropahistoriker, doch lebt er sei seiner Emeritierung (1978) in München.

Hellmann hat seit den 1950er Jahren viele unterschiedliche Themen der politischen, der Sozial- und der Verfassungsgeschichte Litauens, Preußens, Rußlands und der slawischen Welt insgesamt behandelt. Ein Forschungsgebiet, das ihm besonders am Herze liegt, bildet die Geschichte des Deutschen Ordens. In erster Linie ist Hellmann Mediävist, doch erweist sich durch die Mitberücksichtigung neuerer Epochen wiederum seine Vielseitigkeit. Wege dieser Einbeziehung jüngerer Entwicklungen in seine Arbeit ist er nicht nur für das litauische Mittelalter, sondern auf dem Gebiet der Geschichte Litauens überhaupt heute weltweit der beste Kenner. Im letzten Jahrzehnt hat sich Hellmann wieder sehr intensiv mit der Geschichte des mittelalterlichen Livland befaßt. Auf diesem Gebiet zeigt heute ebenfalls kein anderer Historiker gleiche Kennerschaft und Aktivität. Die Baltische Historische Kommission hat ihn deshalb mit gutem Grund zu ihrem Ehrenmitglied gewählt. Eine weitere große Auszeichnung war seine Aufnahme als Mitglied in die Bayerische Akademie der Wissenschaften,

Lit.: Verzeichnisse der Publikationen: östliches Europa. Spiegel der Geschichte. Festschrift für Manfred Hellmann zum 65. Geburtstag, Wiesbaden 1977, S. 259-267; Fünfunddreißig Jahre Forschung über Ostmitteleuropa. Veröffentlichungen der Mitglieder des J.G. Herder-Forschungsrates 1950-1984, Marburg/Lahn 1985, S. 120-123. Würdigungen zum 65. und 70. Geburtstag: Jahrbücher für Geschichte Osteuropas 25 (1977), S. 318f. (Erwin Oberländer); ebenda 30 (1982), S. 319f. (Carsten Goehrke).