Biographie

Hendel-Schütz, Henriette

Herkunft: Pommern
Beruf: Schauspielerin
* 13. Februar 1772 in Döbeln/Sachsen
† 4. März 1849 in Köslin/Pommern

Die Schauspielerin Henriette Hendel-Schütz wurde als Tochter eines Schauspielerehepaares geboren. 1775 kam sie mit ihren Eltern nach Gotha, wo diese am Hoftheater unter Conrad Ekhof ein Engagement fanden. Sie erhielt Musikstunden bei Georg Benda und Tanzunterricht bei Ifflands bekanntem Lehrer Mereau. Sie spielte auch damals schon kleine Rollen.

1781 ging Henriettes Vater zu Döbbelin (siehe zu diesem OGT 1993, S. 176-178) und seinem Theater nach Berlin; dort bekam sie Unterricht durch den Philosophen, Schriftsteller und Theatermann Johann Jakob Engel in Deklamation, in Sprachen, Metrik, Mimik, Geschichte und Mythologie und spielte bis 1785 Kinderrollen im Ballett. 1785 debütierte sie in Schwedt als Schauspielerin, trat aber auch in der Oper auf (etwa als Zerline in Mozarts Don Giovanni).

1788 heiratete Henriette den Tenor Eunike, mit dem sie am Theater in Mainz wirkte. Rollen in den damals sehr beliebten Stücken von August Kotzebue gelangen ihr hier besonders gut. Nach dem Ausbruch der Französischen Revolution wandte sich das Ehepaar nach Bonn zum kurfürstlichen Theater, von hier 1782 nach Amsterdam und 1794 nach Frankfurt a. M. Der Maler Pforr machte Henriette hier mit den Rehbergschen Zeichnungen von Darbietungen der als mimischen Künstlerin hervorgetretenen Lady Hamilton bekannt und regte sie zu weiterer Vervollkommnung ihres Talents an. Sie ging 1796 an das Berliner Nationaltheater, spielte in tragischen und sentimentalen Rollen und heiratete, nach der Scheidung ihrer ersten Ehe 1797, im Jahre 1802 den Arzt Meyer; diese Ehe wurde nach drei Jahren wieder geschieden. Am 15. Oktober 1806 zog sie sich von der Berliner Bühne zurück und ging mit ihrem dritten Mann, dem aus Halle (Saale) stammenden Militärarzt Hendel, nach Stettin. Nach dessen baldigem Tod ließ sie sich in Halle nieder und wurde durch Professor Karl Julius Schütz (1779-1844) an den Archäologen Karl August Böttiger in Dresden empfohlen, bei dem sie ihre früher begonnene Beschäftigung mit der Antike fortsetzte und sich Kenntnisse der verschiedenen Malerschulen aneignete.

Henriette Hendel widmete sich nun, seit 1811 mit Schütz verheiratet, der mimisch-plastischen Darstellung. Durch ihre Schönheit, ihre Phantasie und künstlerischen Kenntnisse fesselte sie ihre Zuschauer. Ihre Darbietungen fanden begeisterte Zustimmung: Goethe lobte ihr “ausgezeichnetes Talent”. Für Zacharias Werner war sie “Pythia-Hendel” und A. G. Oehlenschläger sah in ihr “die Künstlerin, die ihresgleichen sucht”. Sie gastierte erfolgreich in Deutschland, Dänemark, Schweden, Holland, Rußland und Frankreich. Von Schütz, der sie auf ihren Reisen unterstützt und begleitet hatte, trennte sie sich 1824.

Nach einigen Gastrollen in Leipzig beendete Henriette Hendel 1820 ihre Bühnenlaufbahn; sie trat nur noch gelegentlich auf, unterrichtete junge Mädchen in Deklamation und schrieb einen von der Berliner Akademie 1842 mit Zustimmung aufgenommenen Aufsatz über die Art der Darstellung der Antigone bei den Griechen und die Möglichkeit derselben in der Moderne.

Schon zu Lebzeiten vergessen, verstarb die Künstlerin nach vollendetem 77. Lebensjahr; sie lebt fort durch das Lob, das ihr bedeutende Zeitgenossen zuteil werden ließen.

Lit.: Allgemeine Deutsche Biographie. – Deutsches Theaterlexikon, Bd. 3, 1992 (unter Schütz, Henriette). – Wilpert, Gero von: Goethe-Lexikon. 1998.

 

Harro Kieser