Biographie

Heyden (-Nerfken), Friedrich August von

Herkunft: Schlesien (Ober- u. Niederschlesien)
Beruf: Dichter
* 3. September 1789 in Gut Nerfken bei Heilsberg/Ostpr.
† 5. November 1851 in Breslau

„Doch warum kehrt die Poesie denn immer
Zurück zu jener Zeit, der angeklagten?
Wird sie verlockt durch einen eitlen Schimmer,
Durch stolzen Prunk der alten Herrlichkeiten?
Fühlt sie die Noth der Unterdrückten nimmer?
Die Poesie schaut nicht die Wirklichkeiten.
Sie trägt ein glänzend Zauberbild am Arme,
Dies zeiget nur das Spiegelbild der Zeiten,
Das edel Tragische vom Völkerharme.
Das Mittelalter war die Zeit der Blüthen;
Die Poesie hält sich zum Bienenschwärme.“

Die „romantische Sehnsucht nach  einem neuen Mittelalter“, von der sich Novalis, Schlegel, Tieck, Görres, von Eichendorff und andere ergriffen fühlten, bewegte auch den weniger bekannten spätromantischen Dichter Friedrich von Heyden, der dieser Epoche die meisten seiner Werke widmete. Im Unterschied zu der Rastlosigkeit und Unstetigkeit, die das Leben so manches Romantikers kennzeichnete, gelang es dem Sprößling eines alten ostpreußischen Adelsgeschlechtes, seine umfangreiche dichterische Tätigkeit mit seinem äußeren Berufsleben in einen glücklichen Einklang zu bringen, der ihn andererseits von den fruchtbaren Spannungen und der nie gestillten Sehnsucht, die die Dichtungen seiner Zeitgenossen so bereicherten, eher fernhielt.

Nach dem Jurastudium in Königsberg, Berlin und Göttingen, währendessen er sich auch viel mit Geschichte, Sprachen – vor allem Italienisch – und Literatur befaßte, diente er 1813-15 als Freiwilger in einem preußischen Jägerbataillon und trat danach als Regierungsreferendar in Königsberg in den preußischen Staatsdienst. 1826 wurde er Regierungsrat in Breslau und heiratete im selben Jahr Friederike von Hippel, mit der er zwei Söhne und eine Tochter hatte. Von „poetischem Quietismus“ (Mundt) mehr als von beruflichem Ehrgeiz beherrscht, suchte und fand er in den nächsten 25 Jahren – neben seiner mit großem Pflichtgefühl verrichteten Arbeit – die Stille, aus der heraus er seine Dichtungen schuf.

Sein erstes Werk, das romantische Drama „Renata“, erscheint 1816. Es folgen in kurzen Abständen Dramen, Lyrik, Novellen, Romane und epische Gedichte, deren Gegenstand meist das romantisch verklärte Mittelalter, namentlich die Stauferzeit, ist. 1843 erscheint „Das Wort der Frau“, sein wohl populärstes Werk, das noch 30 Jahre nach dem Tode des Autors in 23. Auflage erscheint. Es handelt von der Hochzeit des Sohnes Heinrichs des Löwen mit Agnes von Staufen, die 1194 zur Aussöhnung von Welfen und Staufern führte. Mit der im Mittelpunkt des Gedichtes stehenden Mutter der Agnes zeichnet von Heyden das Idealbild einer edlen Frau, die sich mit ihrem Glauben an Liebe und Wahrheit selbst gegen den Willen des Kaisers durchsetzt. Charakteristisch für die Einstellung des Dichters ist, was er dazu an Theodor Mundt schrieb: „Der große Gedanke der Frauen-Emancipation ist von diesem Zeitalter auf das Kläglichste und Gemeinste mißverstanden worden, und zwar nur allein deshalb, weil es keine Epoche gab, welche an … menschlicher Freiheit und Liebe ärmer war als die gegenwärtige. Dieses Wort der Frau ist mein letztes Wort über diesen Gegenstand. Ich wollte darin anschaulich machen, daß die Zeit, welche man in der deutschen Geschichte vorzugsweise die ächt deutsche und starke mit Grund nennt, den Frauen die würdigste Beachtung widmete, und daß die Helden jener Periode ihnen deshalb gestatteten, stark, frei und bedeutend zu sein, weil ihr eigenes Wesen nur auf Kraft und Freiheit fußte, und weil Liebe und Treue in ihnen war.“

1843, im Erscheinungsjahr dieses Werkes, gerät von Heyden in Konflikt mit seinem Ministerium, weil er nicht bereit ist, die ihm angetragene Stelle eines Zensors anzunehmen, die sich auch kaum mit seiner freiheitlichen Gesinnung vertragen hätte. Dennoch bleibt es bei diesem einen Vorfall: 1848 ist der Dichter nicht aktiv geworden.

Von Kritikerseite ist von Heyden, namentlich seinen Prosaschriften, Epigonentum vorgeworfen worden. Seine Gedichte strahlen jedoch eine Klarheit und Herzenswärme aus, deren Zauber manchen berühren mag, der sie in einer noch zerrisseneren Zeit liest, als es die Romantik gewesen ist.

Werke (Auswahl): Dramen: Renata (1816); Conradin (1818); Der Kampf der Hohenstaufen (1828); Album und Wechsel (1839); Der Liebe Zauber (1839); Undine (1839); Die Modernen (1839); Der Geschäftsführer (1839); Theater, 3 Bde. (1842); Prosa: Dramatische Novellen, 2 Bde. (1819); Reginald (1831); Die Intriguanten, 2 Bde. (1840); Der neue Hyazinth (1844); Episch-romantische Gedichte: Die Gallione (1825); Reginald (1831); Das Wort der Frau (1843); Der Schuster zu Isphahan (1850); Die Königsbraut (1851); Lyrik: Dichtungen (1820); Gedichte, hrsg. mit Biogr. Th. Mundt (1852).

Lit.: Allgem. Dt. Biogr. 12 (1880), 351 ff. – A. Gabriel, F.v.H., mit bes. Berücksicht. d. Hohenstaufendichtungen, Diss. Breslau, 1900. – W. Müller, F.v.H.s Novellen u. Erzählungen, Diss. Breslau, 1920. – F. Buch, F.v.H.s Dramensammlungen, Diss. Breslau, 1921. – H.W. Sattler, der unveröff. dramat. Nachlaß F.v.H.s, Diss. Breslau, 1921. – A. Lubos, Gesch. d. Lit. Schlesiens I, 1960, 315f. – Neue Dt. Biogr. 9 (1972), 67 ff.