Biographie

Heyduck, Georg Paul

Herkunft: Schlesien (Ober- u. Niederschlesien)
Beruf: Maler des Expressiven Realismus
* 4. April 1898 in Gleiwitz
† 25. Dezember 1962 in Kassel

Der Vater Eugen Heyduck, ein Gleiwitzer Malermeister verlegte bald nach Geburt seines ersten Kindes Georg Paul den Familienwohnsitz in die damals noch deutsch-oberschlesische Stadt Rybnik (ab 1922 polnische Stadt, gem. Bestimmungen Versailler Vertrag). Künstlerische Ambitionen waren in der Familie nicht ungewöhnlich und bald stellte sich heraus, dass auch der Sohn derartige Begabungen besaß. So durfte er bereits mit 15 Jahren an der Staatlichen Akademie für Kunst und Kunstgewerbe in Breslau eine Ausbildung beginnen.

Diese Kunsthochschule stand seit 1903 unter der Leitung von Hans Poelzig und war zu einer der fortschrittlichsten Einrichtungen für Moderne Kunst in Deutschland entwickelt. Dort war der hervorragende Maler und Architekt Eduard Kaempffer sein erster Lehrer für Naturzeichnen und Figurenmalerei. Bei Otto Mueller studierte er die Grundlagen für das Aktzeichnen. Vielleicht war es heimatliche Verbundenheit und persönliche Bewunderung für einen erzählenden Malstil, die ihn 1914 veranlassten, an einem Sommersemester in der Malklasse seines damals schon bekannten oberschlesischen Lands­mannes Adolf Münzer im fernen Düsseldorf teilzunehmen.

Die Einberufung als Soldat im Jahre1916 und der folgende Fronteinsatz waren prägende Erlebnisse. Erst nach dem Krieg konnte er ab 1919 bis 1921 das Studium fortsetzen und beenden.

Als Ausdruck für Heyducks Bodenständigkeit und familiäre Bindungen sollte nicht unerwähnt bleiben, dass er während des Studiums nebenher auch eine Gesellenprüfung für das Malerhandwerk im heimatlichen Rybnik ablegte. Danach erfolgte 1922/1923 ein ergänzender Studienaufenthalt in München an der Kunstakademie bei Carl von Marr, Hermann Groeber und Max Meyrshofer.

Bereits als Student waren seine Bilder in Ausstellungen öffentlich zu sehen und man war so zeitig auf ihn aufmerksam geworden. Als junger, talentierter, freischaffender Künstler konnte er jedoch von den Erträgen der Kunst allein nicht leben und musste ab 1924 in Breslau eine existenzsichernde Tätigkeit als Zeichenlehrer an der privaten Kunstgewerbeschule von Martha Langer-Schlaffke annehmen. Dazu kam dann ab 1930 noch eine Lehrberechtigung als Zeichenlehrer an der Breslauer Akademie.

Seit 1923 war er mit Katharina Mutschke glücklich verheiratet und die Familie hatte sich durch die Geburt der Söhne Peter (*1924), Michael (*1926) und Christof (*1927) vergrößert.

An den jährlichen Ausstellungen der „Künstlervereinigung Schlesiens“ und vom „Bund für Bildende Kunst Oberschlesiens“ nahm er regelmäßig teil. Mit dem Porträt des Dichters Max-Hermann Neisse fand er auf einer in Breslau vom Kunsthistoriker Franz Landsberger veranstalteten Ausstellung „Junges Schlesien“ viel Beachtung. Beeinflussende künstlerische Vorbilder und Kontaktpartner waren neben anderen auch Oskar Moll, Otto Müller, Oskar Schlemmer und Alexan­der Kanoldt.

Heyducks Bilder konnte damals in den Museen von Breslau, Gleiwitz, Beuthen, Liegnitz und der Nationalgalerie Berlin finden. Es entstanden auch Wandbilder, Fresken, Sgraffiti und Glasfenster-Entwürfe für Bauten in öffentlichen Räumen Schlesiens. Beispiele dafür waren die großflächigen Wandgestaltungen in der Friedrich-Ebert-Oberschule in Oppeln, das Deckenbild am Breslauer Flughafen und die Sgraffiti für ein Ehrenmal in Liegnitz.

Heyduck hatte einen eigenen, nach-expressionistischen Malstil im Sinne der „Neuen Sachlichkeit“ gefunden, mit dem er, beeinflusst von Umwelt und Zeitgeist, experimentierte, ihn weiter entwickelte, jedoch ihn in wichtigen Grundsätzen nie ganz verließ. Seine zahlreichen figürlichen Darstellungen zeigten immer ein reales Menschenbild, ausdrucksstark in lebensechte Szenen gesetzt. Formen lösten sich niemals völlig auf. Kräftige Farben, Linien, Licht und Schatten, Posen und Gesten der Personen beherrschten die Bilder und wirkten spannend und anregend auf den Betrachter. Sie ersetzen die Darstellung unwesentlicher Einzelheiten und fügten sich dennoch in der Gesamtheit zu einem vollendeten Bild. Die Natur- und Stadtlandschaften gaben als Bildausschnitte die Realität in gleicher Weise erkennbar wieder. Lichtdurchflutete Stillleben waren tief gestaffelt und spiegelten plastisch eine ruhige Sphäre, in der reale Gegenstände in ästhetischer Weise platziert waren. Wenn er auch in seinen Werken gesellschaftskritische Themen nicht unbedingt offen in den Vordergrund schob, so kann man in ihnen dennoch eine Menge Sozial- und Zeitkritik entdecken.

Heute rechnet man Heyduck zu den Künstlern der „Verschollenen Generation“, denn durch die nationalsozialistischen Vorgaben wurde auch er massiv in der künstlerischen Entwicklung behindert. Zwar belegte man ihn nicht mit Berufs- und Ausstellungsverboten, lediglich einzelne Werke durften öffentlich nicht mehr gezeigt werden, aber persönliche Einstellungen und Malkunst passten nicht zur nationalsozialistischen Ideologie. So musste er etwa ab 1934 fast ausschließlich durch privaten Verkauf von Bildern die Existenz der Familie absichern. Seine Fähigkeiten in der Porträtmalerei erwiesen sich als außerordentlich wichtig, um Aufträge zu erlangen. Trotzdem war er gezwungen, hin und wieder profane, wenig künstlerische Aufträge und Gelegenheitsarbeiten zu übernehmen, wie zum Beispiel das Erneuern von Stationsschildern der Eisenbahn.

Auch an überregionalen Ausstellungen in Berlin, Wien, Baden-Baden und Hannover beteiligte er sich soweit es in diesen Zeiten möglich war.

Wenn es auch völlig widersinnig erscheint, so brachte erst die Einberufung als Soldat 1939 der Familie wieder etwas hinreichende wirtschaftliche Sicherheit. Heyduck musste erneut die Uniform anziehen und war als Wehrmachtssoldat in Norwegen und später an der Ostfront eingesetzt. Auch unter diesen Umständen legte er den Pinsel nicht aus der Hand, und es entstanden zahlreiche, kleinformatige Ölskizzen, die leider nicht erhalten blieben. Deren späterer Verkauf sollte einmal für die Ehefrau eine Art Lebensversicherung darstellen.

Infolge seiner drei Verwundungen aus dem Ersten Weltkrieg und den daraus sich ergebenden gesundheitlichen Problemen wurde Heyduck 1943 ausgemustert und kehrte in sein Breslauer Atelier zurück.

Die politisch widrigen Zeitumstände und besonders der Krieg wirkten sich auch auf seine künstlerische Arbeit aus. Die bis dahin verwendeten hellen, kräftigen Farben wurden zunehmend durch stumpfere Farbtöne ersetzt und die Figuren der Bilder trugen jetzt deutlich strengere Züge. Mit neuen Themen, besonders bei der Darstellung menschlicher Gestalten versuchte er den rauen Zeiten zu entfliehen, gegen eigene Depressionen anzukämpfen und in eine Idealwelt auszuweichen.

Am Kriegsende, im Februar 1945 verließ die Familie überstürzt Breslau als die Einkesselung der Stadt bereits abzusehen war. Das Atelier mit allen darin enthaltenen Werken ging verloren.

Ein Teil dieser Werke ist jedoch schon 1944 von einem engen Freund der Familie, dem Breslauer Buchhändler Alfred Gase fotografiert worden. Es ist mehr einem Zufall zu verdanken, dass diese 33 Bilder heute bekannt sind. Vielleicht schon ahnend, dass die Originalbilder das Inferno nicht überstehen werden, führte Gase den Diapositiv-Farbfilm auf seiner Flucht bei sich und bewahrte ihn tatsächlich in all den Wirrnissen erfolgreich auf. Nach dem Krieg schenkte er die Aufnahmen seinem Freund zurück und so war es möglich, dass später die Nachfahren von Heyduck fotografische Reproduktionen anfertigen konnten, die mit großem Erfolg in verschiedenen Ausstellungen in Deutschland und auch im heutigen Polen gezeigt wurden.

Als mittelloser Flüchtling gelangte Heyduck über Zwischenstationen in Niederbayern nach Kassel. Hier erhielt er 1946 eine Berufung in ein Lehramt an die Schule für staatliches Handwerk und Kunst (später Werkkunstschule, heute Kunsthochschule Kassel) als Dozent für Zeichenunterricht.

Jetzt erst konnte er wieder frei seine Fähigkeiten als Künstler entfalten. Sein Stil wurde wieder optimistischer. Dem Verlust der Heimat und seines gesamten Lebenswerkes versuchte er mit der konsequenten Weiterführung der ihm eigenen stilistischen Mittel zu begegnen. Figürliche Darstellungen standen weiter im Vordergrund. Zahlreiche Motive fand er in der Natur. Er beteiligte sich an Ausstellungen und suchte neue Eindrücke auf Studienreisen (1954: Italienreise; 1961: Insel Elba). Aber auch Impressionen aus Breslau brachte er aus der Erinnerung auf die Leinwand.

Die bedrückenden Lebenserfahrungen der Vergangenheit wurden abgestreift. Licht und Farbe traten wieder hervor. Es gab aber auch eine Phase, in der eine gewisse Traurigkeit aus den Bildern sprach. Dennoch blieb sichtbar, dass Zuversicht, Mut und Kraft ihn niemals verließen. Damals für kirchliche Räume geschaffene Kreuzwegstationen und Altarbilder belegen das deutlich.

Die so lange versagte öffentliche Anerkennung seines Könnens führte jetzt auch wieder zu entsprechenden Aufträgen. In Schlesien gesammelte Erfahrungen mit baukünstlerischen Arbeiten waren mit ausschlaggebend, dass er Aufträge zur Innengestaltung der Rosenkranzkirche Kassel „St. Marien“ (Kreuzweg – heute in einer Kirche in Riva Ligure/Italien) und für die Kirche Immenhausen (Kreuzweg und Altarbilder) sowie für öffentliche Gebäude in Hagen/Westfalen ausführen konnte.

Heyduck verstarb zwei Jahre nach seiner Ehefrau 1962 in Kassel. Mit ihm ging leider viel zu früh ein heimatverbundener, großer schlesischer Maler verloren, der erst heute schrittweise wieder entdeckt wird. Wenn auch sein Gesamtwerk unwiederbringlich verloren ist und nur Einzelstücke weit verstreut sich in Privathand befinden, so können heute zumindest Teile seines Schaffens wieder von der Öffentlichkeit erfasst werden.

Die Verdienste bei Bewahrung und Erhaltung des künstlerischen Erbes fällt den Söhnen Peter und besonders Christof sowie auch dem Enkel Nikolaus Heyduck zu.

Maßgeblich ist es dem Sohn und Künstler Christof Heyduck zu verdanken, dass die Erinnerungen an den Vater heute wieder mit realen Darstellungen belegt werden können. Anlässlich des 89. Geburtstages verfanstalete 1978 die Künstlergilde Esslingen e.V. in der Ostdeutschen Galerie Regensburg ene Ausstellung  über das Schaffen.

Weiter sind die später in Zusamenarbeit mit dem Oberschlesischen Landesmuseum in Ratingen-Hösel und dem Muzeum Sztuki Medalierskiej in Wrocław (Medaillen-Museum Breslau) von Christof Heyduck organisierten Ausstellungen sowie auch eine Ausstellung zum Schaffen von Vater und Sohn Gleichklänge – zwei schlesische Maler des 20. Jahrhunderts Beispiele für einen Brückenschlag zwischen Ländern und Nationen, da sie in Deutschland und Polen mehrfach gezeigt wurden.

Im heutigen Wrocław können im Muzeum Narodowe (Nationalmuseum) wieder aufgefundenen Originale von Georg Paul Heyduck betrachtet werden.

Lit.: Wikipedia Georg Paul Heyduck, abgerufen am 20.02.2015. – Bern­hard Stephan, Der Maler Georg Heyduck, in: Der Oberschlesier 1932:14 (11), S. 599–600, sowie 4 Bildtafeln: Werke von Georg Paul Hey­duck, nach Lichtbildern von Dammerau/Breslau, zwischen S. 602 und S. 603 eingefügt. – Vollmer, Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler. Thieme-Becker – von der Antike bis zur Gegenwart – Zwanzigstes Jahrhundert, E. A. Seemann Verlag 2008, S. 415. – Christof Heyduck/Michael Berg/Barbara Ilkosz/Werner Doede, Georg Paul Heyduck (1898-1962). Malerei/Malarstwo. Zwei­sprachig: deutsch/polnisch, S. 1-45, 100 Seiten Bildtafeln, Selbstverlag Christof Heyduck, Bodnegg 1999. – Christof Heyduck/Martin Harth (Hrsg.), Georg Paul Heyduck – Das Atelier in Breslau 1944. Zweisprachig: deutsch/polnisch, S. 1-44, Selbstverlag Christof Heyduck, Bad Orb/ Marktheidenfeld 2011.

Bild: Selbstbildnis aus dem Atelier, 1934 (Original heute verschollen), übernommen mit freundlicher Genehmigung von Christof Heyduck.

Weblink: https://de.wikipedia.org/wiki/Georg_Paul_Heyduck

Helmut Steinhoff