Biographie

Hilbert, David

Herkunft: Ostpreußen
Beruf: Mathematiker
* 23. Januar 1862 in Königsberg i.Pr.
† 14. Februar 1943 in Göttingen

David Hilbert entstammte einer Familie von Kleinbürgern, Handwerkern und Handelsleuten, die im 18. Jahrhundert aus Brand in Sachsen nach Königsberg gekommen war. Hilberts Vater wird als „ein etwas einseitiger Jurist, von so regelmäßigen Gewohnheiten" geschildert, „daß er täglich den gleichen Spaziergang machte…, wenig zufrieden mit der ungewöhnlichen Laufbahn, die sein Sohn einschlug, und lange Zeit voll Mißtrauen in ihren Erfolg." Demgegenüber wird die Mutter, die der Königsberger Kaufmannsfamilie Erdmann entstammte, „eine eigenartige Frau" genannt, „die mit Vorliebe philosophische und astronomische Schriften las und Primzahlen berechnete."

Von 1870 an war David Hilbert Schüler des Friedrichskollegs in Königsberg. 1879 wechselte er auf das Wilhelms-Gymnasium über, wo er 1880 das Abitur bestand. Sein Universitätsstudium absolvierte er,vom zweiten Semester, das er in Heidelberg verbrachte, abgesehen, ebenfalls in Königsberg. Die Königsberger Mathematiker standen in jenen Jahren im „Banne" Hermann Minkowskis, der, 1864 zu Alexotas bei Kowno geboren und somit noch zwei Jahre jünger als Hilbert, jedoch ein halbes Jahr früher als dieser immatrikuliert, da er mit nur 15 Jahren sein Abitur bestanden hatte, „bereits bahnbrechend auf zahlentheoretischem Gebiet hervorgetreten war und im April 1883 den Großen Preis der Pariser Akademie erhalten hatte". Hilbert freundete sich mit Minkowski an; die ungemein befruchtende Freundschaft sollte bis zu dessen frühem Tod im Jahre 1909 währen.

Am 11. Dezember 1884 promovierte Hilbert bei dem seit 1883 in Königsberg wirkenden Mathematiker Ferdinand von Lindemann. Im Mai 1885 legte er das Staatsexamen in den Fächern Mathematik und Physik ab. Nach Studienaufenthalten in Leipzig und Paris habilitierte sich Hilbert 1886 in Königsberg mit der Arbeit. Über einen allgemeinen Gesichtspunkt für invariantentheoretische Untersuchungen im binären Formengebiete. Die folgenden Jahre, die er Privatdozent in Königsberg verbrachte, sind durch eine rege Publikationstätigkeit gekennzeichnet. Nach fast sechsjährigem Wirken als Privatdozent wurde Hilbert 1892 zum Extraordinarius an der naturwissenschaftlichen Fakultät der Königsberger Universität berufen. Im Oktober desselben Jahres heiratete er Käthe Jerosch. Sie entstammte wie seine Mutter einer Königsberger Kaufmannsfamilie.

1895 erfolgte Hilberts Berufung auf einen mathematischen Lehrstuhl der Universität Göttingen. Seine Lehrtätigkeit nahm er hier am 22. Juni 1895 auf. 1899 veröffentlichte er das Werk Grundlagen der Geometrie, dessen großer Erfolg vor allem seiner „philosophischen Richtung, der radikalen Abstraktion von der Anschauung und ihrem Ersatz durch logische Verknüpfungen" zugeschrieben worden ist. Daß die Grundlagen den glanzvollsten Abschnitt in Hilberts wissenschaftlicher Karriere eröffneten, verdeutlicht eindrucksvoll der Internationale Mathematiker-Kongreß in Paris im Jahre 1900. An ihm nämlich nahm Hilbert nicht nur als Vorsitzender der Deutschen Mathematiker-Vereinigung teil, sondern er vermochte hier auch mit dem Vortrag, der „Mathematische(n) Probleme(n)" gewidmet war, zu brillieren.

Neben Hilbert wirkten damals in Göttingen noch Hermann Minkowski, der von Königsberg zunächst nach Zürich und von dorther berufen worden war, Felix Klein und Carl Runge. Es waren diese vier, die Göttingens Ruf als Hochburg der Mathematik begründeten. In einem derartigen Umfeld entfaltete sich auch die Hilbert-Schule. Zwischen 1901 und 1914 gingen aus ihr mehr als 40 Dissertationen hervor, darunter die der nachmals bedeutenden Mathematik-Professoren Hermann Weyl (Professor in Zürich, Göttingen und Princeton/USA), Richard Courant (Professor in Göttingen und Washington) und Erich Hecke (Professor in Göttingen und Hamburg).

Hilberts Intelligenz war überragend. Es verwundert daher nicht, daß er unter anderem wesentliche Beiträge zur Relativitätstheorie beisteuerte. 1907 veröffentlichte er seinen berühmten Zahlenbericht (Theorie der algebraischen Zahlkörper), 1908 bestätigte er die Vermutung von Warning (1770), daß sich jede ganze Zahl als Summe einer festen Anzahl n-ter Potenzen darstellen läßt. Einen hohen Bekanntheitsgrad erreichten seine 1924 zusammen mit Richard Courant veröffentlichten Methoden der mathematischen Physik. Ehrungen sind Hilbert in vielfacher Form zuteil geworden. Sieht man von mehreren durch ihn abgelehnten Berufungen einmal ab, sind die zu seinem 60. und zu seinem 70. Geburtstag ausgerichteten eindrucksvollen Feierlichkeiten zu nennen; 1930 verlieh ihm seine Vaterstadt Königsberg die Ehrenbürgerrechte. Zur Analyse der mathematischen Begabung wird unterschieden zwischen „Erfindungsgabe", welche „neuartige Denkgebilde" hervorbringt, und „Spürkraft", welche „in die Tiefen der Zusammenhänge eindringt und die vereinheitlichenden Gründe findet." Die Bedeutung Hilberts basierte auf seiner überragenden „Spürkraft".

Werke: Gesammelte Abhandlungen, 3 Bde., Berlin 1932-35.

Lit.: Otto Blumenthal, in: Naturwissenschaften, Bd. 10 (1922), S. 65-104. – Ders.,Lebensgeschichte, in: David Hüben, Gesammelte Abhandlungen, 3. Bd., Berlin1935, S. 388-429.

Konrad Fuchs