Biographie

Hoffmann, Ernst Theodor Amadeus

Herkunft: Ostpreußen
Beruf: Kammergerichtsrat, Dichter, Komponist
* 24. Januar 1776 in Königsberg i.Pr.
† 25. Juni 1822 in Berlin

Geboren als zweiter Sohn des Hofgerichtsadvokaten Christoph-Ludwig Hoffmann (1736-1797) und seiner Gattin Louise (Lovita) Albertine, geb. Doerffer (1748-1796) erlebte er früh die Trennung seiner Eltern. Sein Bruder wuchs bei dem Vater auf, die Mutter zog mit Ernst Theodor in das Haus seiner Mutter. Ab 1782 besuchte er die reformierte Burgschule in Königsberg. Im gleichen Jahre wurde der Vater nach Insterburg versetzt. 1786 lernte Hoffmann Theodor Gottlieb Hippel den Jüngeren (1775-1843) als Schulkameraden kennen, später wird er ein Freund fürs Leben, im Jahre 1790 wurde die Familie Hippel in den Adelsstand erhoben. Während der Schulzeit an der reformierten Burgschule erhielt Hoffmann Musikunterricht beim Domorganisten Christian Podbielski (1741-1792) und Zeichenunterricht bei dem Maler Johann Christian Saemann (1753-1799), hierbei wurden seine Begabungen zum Zeichnen und für die Musik erkannt und gefördert. Der familiären Tradition folgend nahm Hoffmann 1792 an der Universität Königsberg (Albertina) das Studium der Rechtswissenschaften auf, neben dem Studium widmet er sich dem Schreiben, Zeichnen, Musizieren und Komponieren. Bereits 1794 beendet Hippel sein Studium und verlässt Königsberg. Von 1794 bis 1809 gab es zwischen Hoffmann und Hippel einen regen Briefwechsel, aus dem im Jahre 1912 erhaltene Briefe veröffentlicht wurden. Romane, die Hoffmann zu dieser Zeit schreibt, sind nicht erhalten. Nach seinem ersten juristischen Examen, das er am 22. Juli 1795 ablegt, wird er am Gericht in Königsberg Auskultator. Am 13. März 1796 stirbt Hoffmanns Mutter. Nach einer Auseinandersetzung mit dem Liebhaber einer von ihm geschätzten jungen Dame verlässt er Königsberg und übersiedelt zur Fortsetzung seiner juristischen Ausbildung nach Glogau (Schlesien). Dort begegnet er dem Maler Alexander (Aloys) Molinary (1772-1831), dem er bei der Malerei in der Jesuitenkirche in Glogau half. Nach dem Tod seines Vaters am 27. April 1797 reiste Hoffmann nach Königsberg, wo er die von ihm geschätzte Dora Hatt traf. Bald danach kam es zur endgültigen Trennung von ihr und Hoffmann verlobte sich Anfang 1798 mit seiner Cousine Minna Doerffer (geb. 1775). Da der Vater seiner Braut als Geheimer Obertribunalrat nach Berlin berufen wurde, bewarb sich Hoffmann nach seinem zweiten Examen am 20. Juni 1798 an das Kammergericht nach Berlin, dorthin wurde er im August 1798 berufen . Der aus Königsberg stammende Komponist Johann Friedrich Reichardt (1752-1814) gab bei seinen Besuchen aus Halle in Berlin Hoffmann Kompositionsunterricht. Ein Ergebnis dieser Bemühungen war Hoffmann Dichtung und Komposition des Singspiels ‚Die Maske‘ im Jahre 1799, das er vergeblich dem Königlichen Nationaltheater zur Aufführung anbietet. Erfolgreich besteht er am 27. März 1800 sein drittes Staatsexamen und wird daraufhin als Assessor bei der Regierung in Posen ernannt. Zu Weihnachten 1800 war er zu Besuch in Berlin und lernt dort Jean Paul (1763-1825) kennen, der zu dieser Zeit in Berlin wohnt. 1801 komponierte er das Singspiel ‚Scherz, List und Rache‘, das in Posen aufgeführt wird, die Partitur des Stückes schickt Jean Paul an Goethe. Während des Karnevals in Posen werden im Februar 1802 Karikaturen über die Spitzen der Posener Gesellschaft von Hoffmann gezeichnet und beschriftet. Dies führt zu seiner Strafversetzung in die Provinzstadt Plock in der Provinz Posen und zur Lösung seiner Verlobung mit Minna Doerffer. Bald darauf heiratet er am 26. Juli 1802 Michaelina Rorer-Trcinska (1778-1859), die er „Mischa“ nennt. Beide leben in Plock, die für Hoffmann wie ein Exil ist, zurückgezogen. Dies gibt ihm Muße, sich der Kompositionstheorie zu widmen und Kirchenmusik und Klavierwerke zu komponieren. Vergeblich sucht er einen Verleger für seine Werke zu finden. Mit dem Essay ‚Schreiben eines Klostergeistlichen‘ gelingt es ihm erstmals ein Werk zum Druck zu bringen. Intensiv bemüht er sich um die Versetzung in eine der westlichen Provinzen Preußens, teilweise hat er Erfolg, als er im März 1804 als Regierungsrat nach Warschau versetzt wird. In diesem Jahre wurde auch der Assessor Julius Eduard Itzig (1780-1849), der bis 1799 Isaac Itzig hieß und 1809 nach seinen Vornamen auch seinen Familiennamen in „Hitzig“ änderte, nach Warschau versetzt. Mit ihm freundete sich Hoffmann bald an, die Freundschaft hielt bis zu Hoffmanns Tod. Im Dezember 1804 veröffentlichte Hoffmann ein Singspiel in zwei Akten ‚Die lustigen Musikanten‘, auf dem Titelblatt der Partitur nutzt er erstmals den Vornamen „Amadeus“. Im Juli 1805 wurde dem Ehepaar Hoffmann die Tochter Cäcilia geboren. Im Jahre 1805 widmete er sich neben seinem Dienst als Beamter der Tätigkeit für die Musikalische Gesellschaft, dazu gehörte auch die Ausmalerei mehrerer Räume im Haus der Gesellschaft. Mit dem Einmarsch französischer Truppen unter Joachim Murat (1767-1815), Herzog von Kleve und Berg, am 28. November 1806 in Warschau endete für Hoffmann die Zeit als Beamter, da sämtliche preußischen Beamten entlassen wurden; dadurch wurde er stellungslos. Mischa und die Tochter Cäcilia reisten nach Posen zu Verwandten, während Hoffmann im Juni 1807 nach Berlin reiste; dort hoffte er Möglichkeiten zu finden, von der Kunst leben zu können. Im August 1807 verstarb in Posen die Tochter Cäcilia. Im April 1808 wurde er als Musikdirektor nach Bamberg berufen. In Posen holte er Mischa ab und traf am 1. September in Bamberg ein. Nach einem misslungenen Debut als Orchesterleiter legte er die Orchesterleitung nieder, behielt aber den Titel „Musikdirektor“ bei und lebte von Musikunterricht und gelegentlichen Kompositionen, er nannte es „Musik schmieren“. Mit seiner Aufnahme in die Harmonie-Gesellschaft am 9. Februar 1809 gewinnt er Zugang zu den Honoratioren Bam­bergs. Hierzu trägt auch bei, dass sein ‚Ritter Gluck‘ am 15.2.1809 in der ‚Allgemeinen Musikalischen Zeitung‘ (AMZ) erschien. Seine Arbeiten für die ‚AMZ‘ werden bis zum Jahre 1815 eine wesentliche Basis seiner Einnahmen. Nach einem Wechsel in der Theaterleitung ist er als Regisseur, Bühnenbildner, Dramaturg und Komponist tätig. In dieser Zeit entwickelt er die Person seines „alter ego“, Johannes Kreisler, einen Kapellmeister. In Erinnerung an seine Königsberger Erlebnisse gibt er der Figur Züge des Kapellmeisters Podbielski. In anderen Werken schwingen auch Erlebnisse aus Königsberg mit: im ‚Goldenen Topf‘ spielt die Wallenrodtsche Bibliothek mit, im ‚Majorat‘ wird an Hoffmanns Liebe zur Gattin eines Weinhändlers erinnert. Nachdem er zu der Gesangsschülerin Julie Marc in den Jahren 1811 und 1812 Kontakte aufgenommen hatte, die Mischa eifersüchtig machten, kommt ein Angebot Joseph Secondas (1761-1820) an Hoffmann, Operndirektor seiner in Leipzig und Dresden auftretenden Truppe zu werden, zur rechten Zeit. Im April 1813 trifft Hoffmann in Dresden ein. Bis Februar 1814 ist Hoffmann als Musikdirektor in Dresden und in Leipzig tätig; die Arbeit leidet unter den Kriegshandlungen zu Ende der Periode Napoleons. Als Seconda im Februar Hoffmann entlässt, weil er an seinen Fähigkeiten zweifelt, schreibt er viel für die ‚AMZ‘ und zeichnet antinapoleonische Karikaturen. Im September 1814 bietet die preußische Regierung Hoffmann an, wieder als Beamter, wenn auch vorerst ohne Bezüge, tätig zu werden. Er nimmt das Angebot an und reist nach Berlin. Dort schreibt er für Taschenbücher und Almanache bis er schließlich im April 1816 zum (bezahlten) Kammergerichtsrat ernannt wird, bei diesem Angebot ist sein Freund Hippel behilflich. Er hatte erkannt, dass er trotz verschiedener Erfolge mit künstlerischen Projekten auf seinen juristischen „Brotberuf“ angewiesen war, bald galt er beim Kammergericht als brillanter Richter. Für kurze Zeit hatte er als Komponist einen guten Namen, Verleger nahmen gern die Arbeiten des Schriftstellers Hoffmann an, finanziell ging es ihm zu dieser Zeit sehr erfreulich. Im Sommer 1818 erwarb er einen Kater, dem er den Namen „Murr“ gab, um ihn beschrieb er die ‚Lebensansichten des Katers Murr‘. Da er im Oktober 1819 zum Mitglied der „Immediat-Untersuchungskommission zu Ermittlung hochverräterischer Verbindungen und anderer gefährlicher Umtriebe“ bestellt worden war, musste er in den Monaten Oktober und November 1819 mehrere Gutachten in Fällen von „Demagogen“ erstatten. Da er die angeblichen strafrechtlichen Vorwürfe juristisch korrekt prüft, müssen die unzulänglichen Anklagen oft aufgehoben werden. Bekannt wurde in diesem Zusammenhange Hoffmann mit der 1822 veröffentlichten Märchen-Erzählung des „Meister Floh“, in der in einer Episode der Geheime Hofrat Knarrpanti auftritt. Leicht zu erkennen war, dass sich darin Anspielungen auf Karl Albert von Kamptz (1769-1849) fanden, der als überaus konservativer Beamter „Demagogenverfolgung“ betrieb. Hoffmann wurde zum 8. Oktober 1821 in den Oberappellationssenat des Kammergerichts befördert, dies trug ihm eine Gehaltsverbesserung und eine Reduzierung seiner Arbeit als Jurist ein. Im Januar 1822 wurden nach der Veröffentlichung des „Meister Floh“ juristische Maßnahmen gegen Hoffmann ergriffen, dem eine Verhöhnung der Demagogenverfolgung mit einem Verrat von Amtsgeheimnissen vorgeworfen wurde. Kamptz hatte diese Maßnahmen ausgelöst und betrieb die Strafverfolgung Hoffmanns, der zu dieser Zeit schwer erkrankt war. In einer juristischen „Erklärung zu Meister Floh“ verteidigte er sein „ganz ins Gebiet des ausgelassensten Humors“ streifendes Märchen und nahm das Recht in Anspruch „sich in dem Gebiet seiner phantastischen Welt frei und frisch zu bewegen“. Trotz der juristisch sorgfältigen Erwiderung durch ihn, die zu seinen wichtigsten poetologischen Äußerungen gehört, und trotz der Bemühungen seines Freundes Hippel sollte der bettlägerige dienstunfähige Hoffmann zu einem Verhör bei der Untersuchungsbehörde persönlich erscheinen. Zwischen Ende Februar und Anfang Juni 1822 schritt die Lähmung immer schneller voran, er konnte zu dieser Zeit nur noch seine Erzählungen und Novellen diktieren. Die Lähmung erreichte am 24. Juni seinen Hals, am folgenden Tage verstarb er. Seine neuartige Erzähltechnik, die immer wieder die Distanz des Lesers zu dem Dargestellten zerstörte, war für die Zeitgenossen zu ungewohnt, erst ab 1900 fand diese Technik Anklang. In Frankreich galt Hoff­mann lange Zeit als einer der größten Autoren deutscher Sprache.

Werke: Gerhard Salomon: E. T. A. Hoffmann – Bibliographie. Weimar 1924, Leipzig ²1927, Nachdruck: Hildesheim 1963. – Rainer Schönhaar (Hrsg.): E. T. A. Hoffmann – Werke und Schriften. Stuttgart 1986. – Wulf Segebrecht u.a. (Hrsg.): E. T. A. Hoffmann – Sämtliche Werke in sechs Bänden. Frankfurt/M. 1985-2004.

Lit.: Hans von Müller: E. T. A. Hoffmann im persönlichen und brieflichen Verkehr. Band 1: Hoffmann und Hippel. Das Denkmal einer Freundschaft. Berlin 1912. – Wulf Segebrecht: Artikel Ernst Hoffmann, in: Neue Deutsche Biographie. Berlin 9 (1972) S. 407-414. – Andreas Hochholzer: Artikel Ernst Theodor Amadeus Hoffmann, in: Walther Killy u.a. Deutsche Biographische Enzyklopädie. München u.a. 5 (1997), S. 116 f. – Rüdiger Safranski: E. T. A. Hoffmann – Das Leben eines skeptischen Phantasten. München/ Wien 1984 (m. weiteren Literaturhinweisen). – Silke Osman: Eine Männerfreundschaft – Vor 225 Jahren wurde Theodor Gottlieb von Hippel d.J. in Gerdauen geboren, in: Das Ostpreußenblatt 51 (2000, Folge 49) vom 9.12. 2000, S. 11.

Bild: Stich nach Selbstporträt um 1800, gemeinfrei

Ulrich-Dieter Oppitz