Biographie

Hoffmann, Hermann

Herkunft: Schlesien (Ober- u. Niederschlesien)
Beruf: Kirchenhistoriker, Friedensaktivist, religiöser Schriftsteller, Mitinitiator der Jugendbewegung „Quickborn“
* 14. Juli 1872 in Glogau
† 12. Februar 1978 in Leipzig

Hermann Hoffmann wurde am 14. Juli 1878 in Glogau geboren, wo er dank eines Stipendiums das Gymnasium besuchen konnte. 1898 begann er sein Studium der katholischen Theologie in Breslau. Am 23. Juni 1902 wurde er von Kardinal Georg Kopp zum Priester geweiht. Das erste Jahr als Kaplan verbrachte er in Naumburg/Queis, danach war er von 1903 bis 1906 in Liegnitz.

Hoffmann fiel schon früh auf mit seiner Begeisterung für die Natur und für die Bewegung. Als Kaplan in Liegnitz führte er mit einem weiteren Kaplan das Radfahren ein, vor dem er im Priesterseminar in Breslau noch gewarnt worden war. Und er machte mit den Schülern des Gymnasiums, die er unterrichtete, gelegentlich Wanderungen.

Hoffmann tat also das, für das er sich selbst begeisterte. Schon als Schüler in Glogau war er in Schlesien gewandert, als Kaplan in Naumburg hatte er das Wandern auch bei Kolping eingeführt, da schon mit der Absicht, sie aus dem Wirtshaus herauszulocken.

Noch eine weitere damals moderne Einstellung übernahm er, nämlich die Abstinenz, den Verzicht auf Alkohol und Tabak. Aber auch das wollte er weitertragen und in Liegnitz eine Gruppe des Kreuzbündnisses gründen, was ihm der dortige Pfarrer nicht erlaubte.

Seit 1906 in Breslau, wurde er zunächst Kuratus an der St. Antoniuskirche und ein Jahr später Lehrer am dortigen St. Matthias-Gymnasium, wo er Religion und Hebräisch unterrichtete. Hier konnte er auch sehr schnell eine Gruppe des Kreuzbündnisses gründen. Er wurde Vorsitzender des Verbandes katholischer Religionslehrer für Ostdeutschland und Vorsitzender des schlesischen Stenotachygraphenverins.

Bis 1927 blieb er am Gymnasium und in dieser Zeit konnte er viel von dem verwirklichen, was ihm am Herzen lag. Er gründete auch am Gymnasium einen Abstinentenzirkel, der sich jedoch nicht allzu großer Beliebtheit erfreute, weshalb er mit den Jungen begann, sonntags zu wandern. Das wurde sehr gut angenommen, sodass bald auch nichtabstinente Jungen mitwandern wollten und die bald derart begeistert vom Wandern waren, dass Hoffmann die Sorge hatte, sie würden Mitglied im Wandervogel. Das wollte er nicht, und so kam es 1913 zur Gründung des Wanderfreunds. Die Gruppe wanderte in der Nähe Breslaus, erwarb in Anlehnung an den Wandervogel bald ein Landheim, hatte eine eigene kleine Zeitschrift und feste Organisationsstrukturen. Hoffmann verwirklichte hier auch sein pädagogisches Konzept, wonach der Lehrer ein gutes, fast schon freundschaftliches Verhältnis zu seinen Schülern pflegen sollte, und sie hinausführen sollte aus der „Buchschule“ in die Natur und in die Selbständigkeit. Da er unmöglich an allen Wanderungen teilnehmen konnte, und es auch nicht wollte, da er als Pädagoge der Meinung war, die Schüler zwar anleiten zu müssen, sie dann aber ihrer Eigenständigkeit zu überlassen, wurden geeignete Schüler als Führer eingeführt.

Die verschiedenen Elemente des Wanderfreunds wurden schließlich in der katholischen Jugendbewegung Quickborn verwirklicht, als deren einer der Mitinitiatoren Hoffmann gilt. Neben Bernhard Strehler und Klemens Neumann hat er ohne einen vorherigen Plan dazu beigetragen, dass sich diese Jugendbewegung formieren, weiterentwickeln und breite Wirkung in Kirche und Gesellschaft entwickeln konnte.

Hoffmann wirkte im Quickborn bis Mitte der zwanziger Jahre, er begleitete die Quickborntage auf Burg Rothenfels und fungierte als Herausgeber von vier Büchern, die aus diesem Anlass herausgegeben wurden. Den zweiten Deutschen Quickborntag bereite und leitete er. Seine Begeisterung für die Jugendbewegung hat er immer behalten, aber seine zahlreichen Reisen vor ließen ihm keine Zeit mehr, aktiv für den Quickborn tätig zu sein. Allerdings kam er auch nach dem Zweiten Weltkrieg aus der DDR immer wieder zu den Quickborntagen auf die Burg Rothenfels.

Der Erste Weltkrieg, den er als freiwilliger Militärpfarrer in Frankreich mitgemacht hatte, hatte ihn zu einem Pazifisten werden lasse. Er begann, sich zunehmend in der Friedensbewegung zu engagieren, insbesondere innerhalb des Internationalen Versöhnungsbundes. Er war im Vorstand aktiv und warb gemeinsam mit Kaspar Mayr in Polen für eine Verständigung zwischen Deutschen und Polen nach dem Ersten Weltkrieg.

Durch seine Freundschaft mit dem evangelischen Pastor Friedrich Siegmund-Schultze und den Einsatz für Abstinenz – Hoffmann sprach auch auf Kongressen für alkoholfreie Jugenderziehung – kam er in Kontakt mit dem Versöhnungsbund und war 1923 das erste Mal bei einer Internationalen Versammlung in Nyborg. Da der Versöhnungsbund in seinen Ursprüngen evangelisch geprägt war, gehörte Hoffmann nicht nur zu den ganz wenigen Katholiken im Bund, sondern kam so in Berührung mit ökumenischen Bestrebungen. So führten ihn seine Reisen in der Zwischenkriegszeit nicht nur zu den Konferenzen und Werkwochen des Versöhnungsbundes, sondern auch, als Privatmann, zu der Weltkonferenz für Praktisches Christentum in Stockholm 1925 und zu der Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung in Lausanne 1927 sowie vielen weiteren internationalen Konferenzen, wie der Conference in Christian Politics, Economics ans Citizenship in Birmingham usw.

Hoffmann engagierte sich auch innerhalb des Friedensbundes Deutscher Katholiken für eine deutsch-polnische Verständigung und durch seine Initiative entstand in Breslau 1928/29 außerdem eine Deutsch-polnische Verständigungsgruppe.

In Polen besuchte er Bischöfe verschiedener Konfessionen, Professoren, Priester, Herausgeber von Zeitschriften, alle, von denen sich der Versöhnungsbund eine Mitarbeit in seinem Sinne erhoffte. Deutsch-polnische Konferenzen und ein Jugendlager wurden von Hoffmann und Mayr organisiert und durchgeführt.

Neben seinen Reisen betätigte sich Hoffmann bereits seit seiner Studienzeit schriftstellerisch. Er schrieb zahlreiche kleine Beitrage für diverse Zeitschriften und gab selbst einige Zeitschriften heraus, wie die „Friedensblätter“, „Heiland“ oder „Seelsorge“. Historisch beschäftigte er sich mit der Geschichte des Bistums Breslau und der schlesischen Jesuiten und begründete die bis heute erscheinende Zeitschrift „Archiv für schlesische Kirchengeschichte“.

Hoffmann leitete in Breslau und später in Leipzig außerdem einen Una-Sancta-Kreis.

Kurz nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wurde ihm der Pass abgenommen, sodass er nicht mehr reisen konnte. Er wurde auch von der Gestapo verhört, hatte aber auch viel Glück. Zwar sorgte er dafür, dass vier Juden das Leben gerettet wurde, unterhielt auch Kontakt zu Breslauer Juden, u.a. zu Willy Cohn, ist aber nie öffentlich für sie aufgetreten.

Das Kriegsende erlebte er im belagerten Breslau und blieb dort bis 1948. Er war der vorletzte deutsche Priester, der Breslau verlassen musste. Als neuen Wirkungsort suchte er sich Leipzig aus, wo er als Seelsorger im Altenheim der Scherstern von der hl. Elisabeth lebte. Seine Kontakte zu Mitgliedern des Versöhnungsbundes wurden nicht unterbrochen. Besonders der anglikanische Priester aus Amerika, John Nevin Sayre, blieb sein Leben lang ein Freund. Von Breslau aus schrieb ihm Hoffmann Briefe mit Bitten um Lebensmittel (vor allem für Pfarrangehörige) und um Lesestoff, noch dringender aus Leipzig. Die Zeitschriften, die er aus Amerika erhielt, waren z.B. „The Catholic Worker“, „The Commonweal“ und „The Christian Century“.

In der DDR hielt er vor allem Vorträge, z.B. monatlich „Aus dem Leben der Kirche“ und Vorträge mit religiösen und geschichtlichen Themen vor katholischen und evangelischen Studentengemeinden.

1958 wurde ihm durch die Theologische Fakultät der Universität Würzburg der Ehrendoktortitel der Theologie verliehen.

Da er außer seinen Kontakten nach Amerika bis 1968 nach Süddeutschland reiste, interessierte sich auch die Stasi kurz für ihn. Allerdings hatte er erneut Glück, da er auf Offiziere traf, die von Kirche nichts verstanden, so dass er ihnen etwas erzählen und sie ablenken konnte.

Seinen 90. Geburtstag feierte er mit einem Gottesdienst in der evangelischen Lutherkirche, wo für ihn auch 1972 das Requiem gehalten wurde.

Lit.: Hoffmann, Hermann: Im Dienste des Friedens, Lebenserinnerungen eines katholischen Europäers, Stuttgart, Aalen 1970. Hoffmann, Hermann: Die Kirche und der Friede, Von der Friedenskirche zur Friedenswelt, (Kleine historische Monographien, Nr. 40), Wien, Leipzig 1933. Adenauer, Evelyne A.: „In elfter Stunde“, Hermann Hoffmann und sein Engagement für eine deutsch-polnische Verständigung und die Ökumene in der Zwischenkriegszeit, (Arbeiten zur schlesischen Kirchengeschichte, Bd. 18), Münster, 2008. – Adenauer, Evelyne A.: Hermann Hoffmann als Ökumeniker in der Weimarer Republik, in: Archiv für schlesische Kirchengeschichte 65 (2007), S. 269 – 278. – Adenauer, Evelyne A.: Büchertausch 1941. Der katholische Priester Hermann Hoffmann und der jüdische Lehrer Willy Cohn, in: Archiv für schlesische Kirchengeschichte 65 (2007), S. 279 – 283. Adenauer, Evelyne A.: Życie i działalność Hermanna Hoffmanna – przykład porozumienia polsko-niemieckiego, in: Ploch, Gregor / Myszor, Jerzy / Kucinski, Christine (Hg.): Die ethnisch-nationale Identität der Bewohner Oberschlesiens und des Teschener Schlesiens / Tożsamość etniczno-narodowa mieszkańców Górnego Śląska i Śląska Cieszyńskiego, (Via Silesia, Bd. 2), Münster 2008, S. 133 – 140. Adenauer, Evelyne A.: Unter der Linde – Der katholische Priester Hermann Hoffmann als Mitinitiator der katholischen Jugendbewegung „Quickborn“, in Drucklegung.

Bild: Archiv der deutschen Jugendbewegung, F 4 Nr. 76.

Evelyne A. Adenauer