Biographie

Hoffmann von Hoffmannswaldau, Christian

Herkunft: Schlesien (Ober- u. Niederschlesien)
Beruf: Dichter
* 25. Dezember 1616 in Breslau
† 18. April 1679 in Breslau

Im Zeitalter des Barock entstand eine deutsche Kunstdichtung, die den Vergleich mit der übrigen europäischen Literatur nicht mehr zu scheuen brauchte. Daß neben Gryphius und Lohenstein der Breslauer Ratsherr Hoffmannswaldau dazu in hervorragendem Maße beigetragen hat, stand schon am Ende dieser Epoche außer Frage. Als Benjamin Neukirch 1695 die umfangreiche und weit verbreitete Sammlung erotischer Gedichte zu edieren begann, nannte er bereits im Titel den Namen des Mannes, der zahlreiche Nachahmer fand und als eigentlicher Begründer galanter Poesie in Deutschland angesehen wurde.

Lohenstein, der zur Beerdigung Hoffmannswaldaus am 30. April 1679 eine Lobrede verfaßte, rühmte vor allem die Verdienste, die er als Politiker im Rat der Stadt Breslau erworben hatte. Dies entsprach dem Selbstverständnis des Kaiserlichen Rates, bekennt er doch in der Vorrede zu seinen erst nach seinem Tode erschienenen gesammelten Werken, daß er zur Publikation seiner Dichtungen, die er „allein zur eigenen Belustigung“ aufgesetzt habe, durch äußere Umstände gedrängt worden sei.

Zweifelsohne war er nicht – wie zahlreiche zeitgenössische Poeten – darauf angewiesen, durch literarische Arbeiten auf sich aufmerksam zu machen. Der am 25. Dezember 1616 Geborene entstammt dem Breslauer Patriziat. Sein Vater hatte als schlesischer Kammersekretär bereits ein bedeutendes Amt inne, das ihm die Erhebung in den erblichen Adelsstand und den Titel eines Kaiserlichen Rates einbrachte, und sah auch für den Sohn eine politische Karriere vor. Auf dessen außergewöhnliche Fähigkeiten wurden schon bedeutende Lehrer des Breslauer Elisabeth-Gymnasiums aufmerksam. Von 1636 an studierte er im Akademischen Gymnasium von Danzig „die Weltweisheit und Staatswissenschaft“. Dort trat er auch in Verbindung mit dem Dichtungsreformer Opitz, aus dessen Exempeln er die Regeln für seine späteren poetischen Arbeiten ableitete. Eine Bildungsreise führte ihn 1638 nach Leiden, wo er bei berühmten Gelehrten Vorlesungen hörte, doch schon bald zog er weiter, weil er „wol wüste: daß nützlich Reisen die beste Schule des Lebens were“. In Begleitung eines Fürsten besuchte er England, Frankreich und Italien, wo er sich mit der jeweiligen Sprache und Literatur intensiv vertraut machte und im Umgang mit angesehenen Persönlichkeiten eine Weltgewandtheit erwarb, die seiner späteren politischen Tätigkeit zum Wohle Breslaus zugute kam und von zahlreichen Zeitgenossen bewundert wurde. Als er auch noch an den türkischen Hof weiterreisen wollte, rief ihn der Vater 1641 zurück. Um ihn „unbeweglich zu machen“, drängte man ihn zur Ehe, die er 1643 mit Marie Webersky einging, deren Mutter aus dem Ratsgeschlecht derer von Artzat stammte. Mit der Wahl zum Ratsmitglied und Scholarchen im Jahre 1647 begann seine politische Tätigkeit, die er bis kurz vor seinem Tode am 18. April 1679 mit großem Erfolg ausübte. Gleich zu Beginn war er für die Kultur und das Schulwesen verantwortlich, und diese Aufgaben erforderten Standhaftigkeit und diplomatisches Geschick. Da Breslau sich als Bastion des gesamten lutherischen Schlesien verstand, bemühte sich Hoffmannswaldau darum, den wachsenden Einfluß der Katholiken zu begrenzen. Vor allem im Schul- und Kulturbereich entwickelten die Jesuiten Aktivitäten, und 1659 erreichte der Orden den Einzug in die Kaiserliche Burg. Die Protestanten kämpften für den Erhalt ihrer Gotteshäuser und erhielten 1654 zwei Friedenskirchen zugesichert. 1657 wurde Hoffmannswaldau Consul und 1677 übernahm er das Amt des Praeses bzw. Bürgermeisters. Bei drei Legationen an den Wiener Hof 1657, 1660 und 1669/70 vertrat er erfolgreich die Interessen der Protestanten gegen kaiserliche Behörden und die katholische Kirche. Kaiser Leopold I. belohnte den fähigen Diplomaten 1657 mit der Ernennung zum Kaiserlichen Rat.

Als Übersetzer und Dichter war Hoffmannswaldau bemüht, die deutsche Sprache und Poesie auf das Niveau besonders der romanischenLänder zu heben. Vor allem italienischen Vorbildern fühlte er sichverpflichtet, und bereits mit den Poetischen Grabschriften gelang esihm, die Kunst der Vorgänger zu übertreffen. Den Höhepunkt seinesSchaffens bilden die 1664 entstandenen Heldenbriefe, die man schonbald wegen ihrer „Wunder-Rede“ pries. Dabei knüpfte er an OvidsHeroides an, betonte aber mit vollem Recht die Originalität diesesartistischen Meisterwerkes, das ebenso wie seine erotischen Gedichtezahlreiche Nachahmer fand.

Am Beginn des 20. Jahrhunderts bekannte sich Arno Holz im Dafnis zu dem begabten Barockpoeten, den er den ‚Venus Secretarius‘ nannte und von dessen Liedern er glaubte, daß sie „noch brännen werden, wenn wir alle schon längst werden zu Staub und Asche werden“. Trotz mehrerer Versuche, Hoffmannswaldaus Dichtungen modernen Menschen nahe zu bringen, sind sie leider bis heute eine Domäne der Forschung geblieben. Die Zeitgenossen, denen erst nach seinem Tode die meisten Dichtungen zugänglich waren, verehrten den erfolgreichen Politiker und großartigen Menschen. Wenn ein zweiter Lobredner vorschlug, ihn nicht mit dem Beinamen „der Große“, sondern „der Gute" zu ehren, so bestätigt dies die Aussagen des Ratskollegen Lohenstein:

„Aber unser freundlichster Herr Praeses, welcher wol wüste: daß im Regimente man mit einem Gran Liebe mehr / als mit einem Pfunde Furcht ausrichtete / war die selbstständige Anmuth. Er redete mit iedem Bürger wie mit seines Gleichen / und mit dem geringsten aus dem Pöbel / wie mit seinen Kindern.“

Ausgaben: Sämtliche Werke. 5 Bde. Hrsg. von Franz Heiduk. Hildesheim/Zürich/New York 1984ff. – Benjamin Neukirchs Anthologie. Herrn von Hoffmanswaldau und andrer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Hrsg. von Angelo George de Capua und Ernst Alfred Philippson. T. 1-2. Tübingen 1961-65.

Lit.: Heinrich Dörrie: Der heroische Brief. Berlin 1968. – Hedwig Geibel: Der Einfluß Marinos auf Christian Hofmann von Hofmannswaldau. Diss. Gießen 1938. – Franz Heiduk: Hoffrnannswaldau und die Überlieferung seiner Werke. In: Jahrbuch des Freien Deutschen Hochstifts. 1975, S. 1-72. – Ders.: Unbekannte Gedichte von Hoffmannswaldau. In: Daphnis 7 (1978) S. 697-713. – Ders.: Christian Hoffmann von Hoffmanswaldau. In: Deutsche Dichter des 17. Jahrhunderts. Ihr Leben und Werk. Hrsg. von Harald Steinhagen und Benno von Wiese. Berlin 1984. S. 473-496. – Eberhard Mannack: Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau. In: Deutsche Dichter Bd. 2. Reformation, Renaissance und Barock. Hrsg. von Gunter E. Grimm und Frank Rainer Max. Stuttgart 1988. S. 251-265. (= Reclams Univ.-Bibl. Nr. 8612[6]. – Erwin Rotermund: Christian Hofmann von Hofmannswaldau. Stuttgart 1963. (Sammlung Metzler. 29.). – Ders.: Affekt und Artistik. Studien zur Leidenschaftsdarstellung und zum Argumentationsverfahren bei Hofmann von Hofmannswaldau. München 1972. – Paul Stöcklein: Vom barocken zum Goethischen Liebesgedicht. In: Ders.: Wege zum späten Goethe. Hamburg 21960. S. 316-330. – Max von Waldberg: Die galante Lyrik. Straßburg 1885.

Bild: Kupferstich von Phil Kilian nach einem Gemälde von Georg Schulz aus dem Jahre 1667