Biographie

Huber, Ulrich

Herkunft: Sudeten (Böhmen u. Mähren, österr. Schlesien)
Beruf: Bauingenieur
* 4. November 1858 in Karolinenthal
† 26. August 1941 in Böhmisch Aicha

Ulrich Huber und seine Zwillingsschwester Elisabeth wurden am 4. November 1858 in Karolinenthal in eine Fabrikanten-Familie geboren. Der Vater Salomon Huber und dessen Brüder waren erst in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts aus dem Kanton Zürich nach Böhmen gekommen.

Ulrich besuchte die deutsche Staatsoberschule in Prag und widmete sich ab 1877 dem Studium des Bauingenieurwesens an der Deutschen Technischen Hochschule zu Prag. Er wurde Assistent von Prof. Andreas Rudolph Harlacher an der Lehrkanzel für Wasserbau. Dort sammelte er Erfahrungen bei verschiedenen hydrologischen Forschungsarbeiten; Harlacher erstellte in Pionierarbeit hydrologische Karten von Böhmen, wofür Niederschlags- und die Abflussmengen der Elbe, Donau und anderer Flüsse über Jahre gemessen und hierfür hydrometrische Instrumente technisch verbessert wurden.

Von 1889 bis 1895 konnte Ulrich Huber seinen praktischen Erfahrungsschatz als Mitarbeiter des Baurats Adolf Thiem in Leipzig bereichern; beim Begründer der Grundwasserforschung projektierte er Wasserversorgungsanlagen unter anderem der Städte Leipzig, Kiel, Potsdam und Zeitz und führte diese aus.

Anschließend war Ulrich Huber Leiter einer Wasserversorgungs-Gesellschaft in Wien.

1897 wurde Ingenieur Huber die Projektierung der neuen und langfristigen Wasserversorgung der Stadt Reichenberg übertragen. Nach gründlichem Studium der hydrologischen und geologischen Verhältnisse löste er die Versorgungsfrage, indem er das Wasser nicht, wie zu erwarten gewesen war, aus dem Isergebirge entnahm, sondern aus Quellen des nördlich gelegenenen Jeschkengebirges. Am Engelsberg ließ er ein Wasserkraftwerk bauen, das die Pumpenanlagen mit Strom versorgte, die das Wasser von den niedrig gelegenen Quellen in den Hauptwasserturm beförderten. Diese moderne Wasserleitung ging im Dezember 1902 in Betrieb und wurde in den nachfolgenden Jahren weiter ausgebaut.

Weitere umfangreiche Messungen führte er für die Wassersysteme u.a. der Städte Mährisch-Ostrau (1904/1905), Kohlige bei Grottau (1908?), Herrmannstadt (1908+1917), Teschen (1909) und Karlsbad (1911) durch.

Die Anzahl seiner Quellmessungen insgesamt beträgt weit über 120.000. Besonders auszuführen sind die eingehenden Hochwassermengenmessungen an der Neiße im Jahre 1897, welche die einzige hydrologische Grundlage für die Projektierung der Talsperren in Reichenberg und Umgebung bildeten. Diese Lösung für Reichenberg fußt auf 72.200 Wassermessungen und birgt eine hohe Sicherheit, da die Abflussmenge über einen großen Zeitraum gemessen wurde, der auch eine längere Dürreperiode beinhaltete.

Seine Arbeiten auf dem Gebiet der Wasserversorgung umfassen gegen 30 geologisch-hydrologische Vorarbeiten, ebenso viele Projekte für Wasserversorgungsanlagen (von denen 15 zur Ausführung gelangt sind), 10 Projekte für Wasserkraftanlagen und 5 für Talsperren.

Die bei Grabungsarbeiten für Wasserbauprojekte anfallende Mineralien, Gesteine und Funde überließ er dem Verein der Naturfreunde in Reichenberg.

Ulrich Huber betätigte sich auch wissenschaftlich auf dem Gebiete des Wasserbauwesens. In mehr als 50 wissenschaftlichen Abhandlungen verfasste er die aus seinen Erfahrungen gespeisten Erkenntnisse, die er publizierte, um seine „Kollegen anzuregen, [sie] auf seinen Wert zu untersuchen“. In seinen Publikationen wies er stets auf geologische, physikalische und zeitliche Zusamenhänge hin, um die Wasserversorgung einer Stadt langfristig und über das gesamte Jahr sicherzustellen. Damit plädierte er immer wieder für eine Aktualisierung der allgemeinen Lehrmeinung im Sinne der Brauchbarkeit für die Wasserversorgung:

  • Als wichtigste Aufgabe des Wasserwerksingenieurs sah er die Erhebung der Ergiebigkeit durch unmittelbare Messungen in den niederschlagsarmen Monaten. In diesen Monaten ist der Wasserbedarf am höchsten und zudem kann die Erwärmung des Wassers erfasst werden.
  • Für die Ergiebigkeit einer Quelle ist nicht die Größe des Niederschlagsgebietes ausschlaggebend, sondern sie muss konsequent anhand der Größe des Porenvolumens des Gesteins gemessen werden. Je nach Innengefüge der Gebirge verdanken einzelne Quellen ihren Wasserbezug fremden Niederschlagsgebieten. Stets gilt es, das geologische Verhalten des Einzugsgebietes und dessen Waldbestand zu berücksichtigen.
  • Für die Fälle, bei denen nicht so viele Messungen durchgeführt werden können, entwickelte er eine Berechnung, die in einer logarithmisierten Kurve die näherungsweise Bestimmung der Abflussmenge ermöglichte. Die relative Quellergiebigkeit wird mit dem Quotient aus dessen kleinster Sommerergiebigkeit in Sekundenliter durch die Anzahl der Quadratkilomter des Niederschlagsgebietes gemessen.
  • Regionale und zeitliche Zusammenhänge überschauend wies er in seinen Publikationen immer wieder auf die mittel- und langfristigen Folgen der Entwaldung und Drainierung für die geringere Ergiebigkeit der Quellen hin.

Ulrich Huber arbeitete in seiner Reichenberger Ingenieurkanzlei bis über sein 80. Lebensjahr hinaus. Seinen Lebensabend verbrachte er im nahegelegenen Böhmisch Aicha, wo er am 26. August 1941 starb.

Normdatensatz (GND): https://d-nb.info/gnd/1100381562

Werkverzeichnis

Quellen: Reichenberger Zeitung. Heimatblatt der Sudetendeutschen, 79. Jg., Nr. 258, 3.11.1938, S. 7 und seine Veröffentlichungen (siehe Werkverzeichnis) sowie Zeitungsberichte und Veröffentlichungen, in denen der Bauingenieur Ulrich Huber genannt wird.  (weitere Quellen)

Stephanie Glagla-Dietz