Biographie

Huet, Albert

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Herkunft: Siebenbürgen
Beruf: Sachsengraf
* 2. Februar 1537 in Hermannstadt/Siebenbürgen
† 23. April 1607 in Wien

Fragt man einen Siebenbürger Sachsen, der in der Geschichte seines Volksstammes bewandert ist, nach dem bedeutendsten Sachsengrafen, wird er Albert Huet nennen. Und ein Hermannstädter wird gleich hinzufügen, dass der Platz zwischen der evangelischen Stadtpfarrkirche und dem Brukenthalgymnasium, auf dem das Denkmal von Bischof Georg Daniel Teutsch steht, den Namen Huet trägt. Wer noch mehr über Huet weiß, wird seine berühmte Rede vor dem siebenbürgischen Landtag von 1591 erwähnen. Es ging dabei darum, die sich verstärkenden Angriffe des ungarischen Adels abzuwehren, der das Freitum der Sachsen in Frage stellte und behauptete, sie seien Fremdlinge im Lande und als solche leibeigene Untertanen. Daraufhin beschloss die Nationsuniversität – sie war das höchste politische Gremium der Siebenbürger Sachsen auf dem Königsboden – „diesem aus unachtsamer Leut unnützem Gespräch erwachsenden Unheil mit tapferem Gemüt zu begegnen.“Der Sachsengraf Albert Huet erhielt den Auftrag, in Gegenwart der adligen Vertreter, des Fürsten und seiner Räte „eine grundausführliche Sermon von der Sachsen Ursprung, Leben, Handel und Wandel zu halten.“ So hielt dann Huet am 10. Juli 1591 vor dem versammelten Landtag und dem Fürsten seine berühmte Rede, in der er nicht nur die Rechte der Sachsen verteidigte, sondern gleichzeitig auch als Vertreter eines bürgerlichen Standes dessen Bedeutung für die Gesellschaft im Gegensatz zum parasitären Leben des Adels hervorhob. In seiner Rede führte Huet unter anderem aus:„Ihr (die Sachsen) seid nur Gäste, sagen sie (die Adligen), Zukömmlinge und Fremde, nicht Einheimische und Bürger, nur Schuster, Schneider und Kürschner, nicht Kriegsleute und Verteidiger des Reiches. Darauf sage ich also: es ist wahr, wir sind Gäste gewesen, wie es geschrieben steht in König Andreas’ Brief (gemeint ist das Privileg des Königs Andreas II. von 1224). Gerade das aber rechnen wir uns zur Ehre, denn wir sind eingeladen worden von König Geisa …. Dass aber Schuster und Schneider Zunftleute sind, da sei Gott dafür gelobt, dass endlich so friedliche Zeiten gekommen sind, dass man sich mit Schuhmachern mag erhalten und Eurer Fürstlichen Gnaden einen dicken fetten und angenehmen Zins kann geben … Darum sollen Eure Fürstliche Durchlaucht viel lieber dulden, und wir wollen sie viel lieber tragen die Namen Kürschner, Schuster, Schneider als Diebe, Mörder und Räuber. Nichtsdestoweniger kann dieses Volk zur Zeit der Not auch zu den Waffen greifen …“Die Rede hat ihre Wirkung nicht verfehlt, obwohl es auch später immer wieder zu Angriffen gegen den Freistand der Sachsen kam.

Albert Huet wurde am 2. Februar 1837 in Hermannstadt geboren. Er entstammte einer reichen, gewerbetreibenden Handwerksfamilie. Sein Vater, Georg Huet, ebenfalls Sachsengraf, hatte das geerbte Vermögen durch die Ehe mit der Tochter des steinreichen Großunternehmers und Hermannstädter Bürgermeisters Mathias Armbruster um ein Beträchtliches vermehrt. Nach Abschluss des Hermannstädter Gymnasiums besuchte Albert Huet die Universität in Wien und trat danach in den Dienst am Kaiserhof in Wien, wobei er vor allem in der ungarischen Hofkanzlei unter vier Kaisern (Karl V., Ferdinand I., Maximilian II. und Rudolf II.) beschäftigt war. In Wien erwarb er auf diese Weise neben einer allseitigen wissenschaftlichen Bildung, die vom Geist des Humanismus geprägt war, auch eine reiche politische Erfahrung, die ihn zu einer Führerpersönlichkeit prädestinierte. Als 37-Jähriger kehrte er 1574 nach Hermannstadt zurück. Bereits 1577 wurde ihm das höchste Amt, das sein Volk zu vergeben hatte, anvertraut, er wurde zum Königsrichter von Hermannstadt und Sachsengrafen oder Sachsenkomes gewählt. Damit übernahm zugleich erstmals ein akademisch und humanistisch gebildeter Mann das Regiment, das bis dahin in der Hand von geldkräftigen Unternehmern gelegen hatte.

Als eine der vorrangigsten Aufgaben betrachteten Huet und die von ihm geführte Nationsuniversität die Festigung der sächsischen Selbstverwaltung auf dem Königsboden innerhalb des siebenbürgischen Ständestaates. Die Sachsen gehörten in dem 1541/42 entstandenen eigenständigen Fürstentum Siebenbürgen gemeinsam mit dem Adel und den Szeklern zu den drei staatstragenden Ständen. Es erwies sich als notwendig, das geltende Gewohnheitsrecht auf dem Sachsenboden zu kodifizieren. An der Kodifizierung hatten mehrere Männer gearbeitet, zuletzt der Kronstädter Ratsherr Markus Fronius. Mit diesem Rechtsbuch präsentierte sich 1583 die sächsische Delegation unter der Leitung von Huet in Krakau am Hofe des siebenbürgischen Fürsten Stephan Báthori, der zugleich polnischer König war, und erwirkte die Bestätigung des so genannten Eigen-Landrechts der Siebenbürger Sachsen. Dieses erhielt dadurch Gesetzeskraft und war bis 1853, als es vom Österreichischen Bürgerlichen Gesetzbuch abgelöst wurde, in Kraft. Es regelte die rechtlich-sozialen Beziehungen der Siebenbürger Sachsen auf dem Königsboden, wonach alle frei und gleichberechtigt waren. Nach seinen Bestimmungen wurden die Beamten gewählt, Recht gesprochen, Ehe, Erbschaft und Vormundschaft, wirtschaftliche und privatrechtliche Beziehungen wie Kauf-, Verkauf-, Geldleih-, Rückzahlungs-, Miet- und Pachtangelegenheiten, Streitfälle und andere Sachen geregelt, für öffentliche Ordnung gesorgt und den Freistand der Sachsen verteidigt.

Huet hat sich auch als Heerführer bewährt. 1595 führte er innerhalb des siebenbürgischen Heeres das sächsische Aufgebot im Kampf gegen die Türken im Banat und in der Walachei. Das siebenbürgische Heer half dem walachischen Fürsten Michael dem Tapfern, der sich der antiosmanischen Allianz angeschlossen hatte, das türkische Heer aus dem Land zu vertreiben. Über Huet schreibt der Chronist, dass er besonders bei der Rückeroberung der walachischen Festungen Targoviste und Giurgiu sowie bei der Zerstörung der Donaubrücke, die die Türken über den Strom geschlagen hatten, unerschütterlichen Heldenmut bewies, „nicht achtend der um sein Haupt pfeifenden Geschosse“.

Huet hat dem Schulwesen eine erhöhte Aufmerksamkeit geschenkt und Impulse gegeben. Nach dem Vorbild der von Johannes Honterus für das Kronstädter Gymnasium geschaffenen Schulordnung wurde das Hermannstädter Gymnasium 1598 neu eingerichtet. Er wolle sogar das Hermannstädter Gymnasium zu einer zentralen höheren Bildungsanstalt für das gesamte Sachsengebiet einrichten, stieß aber auf den Widerstand der übrigen Städte. Gewissermaßen als Abschluss seines schulischen Reformwerkes hielt Huet 1602 in festlichem Rahmen eine Rede in lateinischer Sprache überSchola est Seminarium Reipublicae (Die Schule als Pflanzstätte des Gemeinwesens), in der er seinen Mitbürgern die Sorge für die Schule und die Notwendigkeit, allen Ständen Bildung zugänglich zu machen, ans Herz legte. Er ließ die neben dem Gymnasium befindliche Kapelle in eine Schulbibliothek umbauen und legte den Grundstein zu einer Büchersammlung. Bei seinem Tode schenkte es seine reiche Büchersammlung der Schule und dazu noch eine große Geldspende von 2000 Gulden. Diese Bibliothek ist dann laufend gewachsen und als wichtiger Bestand 1879 der Bibliothek des Brukenthalmusems einverleibt worden.

Huet hat sich ferner um die Hebung des Gewerbestandes im Sachsenland und um die Ausarbeitung neuer Zunftordnungen bemüht. Auch der Stadtbefestigung von Hermannstadt gewährte er seine Aufmerksamkeit. Die erwies sich als notwendig, denn im 17. Jahrhundert hat sich Hermannstadt oft gegen Überfälle wehren müssen. Bereits am Lebensabend Huets wurde Siebenbürgen von verheerenden Thronkämpfen zwischen dem kaiserlichen Heer Rudolfs II. unter dem Kommando von Georg Basta und von dessen Verbündetem Michael dem Tapferen einerseits und der Streitmacht der ungarischen Adelspartei andererseits heimgesucht. Die Söldnerheere beider Lager, ob als Feind oder „Freund“, verwüsteten und brandschatzten das Land und drangsalieren die Bevölkerung. Huet hat in diesem Krieg die österreichische Sache unterstützt, was ihm den Vorwurf einbrachte, auf der falschen Seite gestanden zu haben. Er starb bevor dieser Krieg zu Ende ging am 23. April 1607 in Hermannstadt. Er wurde in der Stadtpfarrkirche beigesetzt.

Huet war zweimal verheiratet. Während die erste Frau frühzeitig starb, war die zweite Ehe unglücklich und er ließ sich 1605 scheiden. Da er keine Kinder hatte, starb mit ihm das Geschlecht der Huet aus.

Lit.:Allgemeine Deutsche Biographie, Bd. 13, Leipzig, 1881, S. 283-286. – Constant von Würzburg: Biographisches Lexikon des Kaisertums Österreich, Bd. 9, Wien, 1872, S. 455. – Joseph Trausch, Schriftsteller-Lexikon der Siebenbürger Sachsen, Bd. II, Kronstadt 1870, S. 223-229; 2. unveränderte Aufl. Köln, Wien 1983. – Friedrich Schuller, Schriftsteller-Lexikon de Siebenbürger Sachsen, Bd. IV, Hermannstadt 1902, S. 220-223; 2. Aufl. 1983 (mit weiterführender Literatur). – Walter Myß (Hrsg.), Albert Huet. Lexikon der Siebenbürger Sachsen, Innsbruck, 1993, S. 204. – Hermann Roth, Albert Huet 1537-1607, Kronstadt 1947. – Gustav Gündisch, Die Bibliothek des Sachsengrafen Albert Huet (1537-1607), in: Korrespondenzblatt des Arbeitskreises für Siebenbürgische Landeskunde, Köln-Wien, III, Folge 4, 1974, S. 32-52. – Ders., Albert Huet, in: Dieter Drotleff (Hrsg.), Taten und Gestalten. Bilder aus der Vergangenheit der Rumäniendeutschen, Bd. I, Klausenburg, 1983, S. 177-180.