Biographie

Hünefeld, Ehrenfried Günther Freiherr von

Herkunft: Ostpreußen
Beruf: Luftfahrtpionier, Schriftsteller
* 1. Mai 1892 in Königsberg i.Pr.
† 5. Februar 1929 in Berlin

Am 13. April 1928 gelingt mit einem dramatischen 36 ½ Stundenflug die erste Direktüberquerung des Atlantiks von Europa nach Amerika. Initiator und Organisator dieser Pionierleistung ist Ehrenfried Günther Freiherr von Hünefeld. Er entstammt einer alten ostpreußischen Familie. Der Vater war Offizier und Gutsbesitzer. Nach dem Besuch des Gymnasiums in Steglitz studiert er Philosophie und Literatur an der Universität Berlin. Neben schriftstellerischer Tätigkeit widmet er sich der Fliegerei. Im Kriege wird er als freiwilliger Meldefahrer an beiden Beinen schwer verwundet. Trotz mehrerer Operationen kann er nie wieder normal gehen. Aus dem Lazarett entlassen, wird er in der Auslandskulturarbeit tätig Mit großem Geschick erledigt er nebenbei diplomatische Sondermissionen und wird Vizekonsul in Maastricht/Holland. Hier begegnet er dem Deutschen Kaiser auf seinem Wege ins Exil und ist sehr betroffen; er gibt seine Stellung auf und begleitet den Kronprinzen Wilhelm in die Internierung auf die Insel Wieringen.

1920 kommt er nach Bremen in die Finanzverwaltung, wechselt bald zum Norddeutschen Lloyd, der ihn 1923 zum Propagandachef beruft. In diesem Metier reift in ihm der Gedanke, einen Direktflug über den Atlantik von Ost nach West zu wagen, der von der Fachwelt wegen der schwierigen meteorologischen Verhältnisse als unmöglich bezeichnet worden war. Er findet schließlich Unterstützung bei der Luftfahrtindustrie. So wird ein Versuch mit zwei Flugzeugen (Junkers W33) für den August 1927 vorbereitet. Dieser Versuch mißlingt. Die öffentliche Meinung ist gegen weitere Experimente; die Presse verlangt gar, „daß dem halsbrecherischen ,Ozeanrummel‘ endlich Einhalt geboten wird“.

Doch Hünefeld gibt nicht auf; er geht „betteln“, und mit Hilfe Bremer Kaufleute erwirbt er eine Junkers „W33“. Gegen viele Widerstände bereitet er mit seinem Piloten, Hermann Kohl, den Flug in allen Einzelheiten vor. Dann wird das Flugzeug heimlich nach Irland überführt. Dort gewinnt er den irischen Fliegeroffizier James Fitzmaurice als Kopiloten.

Der Start erfolgt vom Flugplatz Baldonnel am 12. April 1928. Nach über 36 Stunden Kampf mit Sturm und Wetter und Umherirren über Labrador gelingt die Landung auf Greenly Island vor Neufundland. In der ganzen Welt löst diese Nachricht große Begeisterung aus. Zu Ehren der Atlantikflieger werden Empfänge in Kanada und Amerika gegeben. In New York findet eine Konfetti-Parade statt. Die höchste fliegerische Auszeichnung, das Distinguished Flying Cross, wird ihnen verliehen. In Deutschland werden die drei von der „Bremen“ (so der Name ihres Flugzeugs) bei ihrer Rückkehr mit Jubel begrüßt und durch einen Empfang beim Reichskanzler Marx und dem Reichspräsidenten von Hindenburg besonders geehrt.

Hünefeld erkrankt kurz danach an einer Blinddarmentzündung, die eine sofortige Operation erfordert. Kaum genesen, plant er einen Ostasienflug, der in Etappen über die Route Indien nach Tokio führen und neue Handels- und Verkehrsrouten erschließen soll. Im September 1928 führt er diesen Flug erfolgreich mit dem schwedischen Piloten Lindner durch. Die Strapazen sind so groß, daß Hünefeld völlig erschöpft ist. Ein heftiges Fieber überfällt ihn; kurz vor Tokio muß Lindner im dichten Nebel notlanden. Der Zweck des Fluges ist aber erreicht. Es folgen viele Ehrungen, unter anderem die Verleihung der höchsten japanischen Fliegerauszeichnung. Hünefeld kehrt schwerkrank nach Deutschland zurück. Trotz der angegriffenen Gesundheit beschäftigen ihn neue Pläne, die er nicht mehr ausführen kann. Nach einer Magenoperation stirbt er am 5. Februar 1929 in Berlin und wird auf dem Steglitzer Friedhof beigesetzt.

Von einer tiefen Vaterlandsliebe erfüllt, war Hünefeld auch von der Notwendigkeit friedlicher Beziehungen zwischen den Völkern überzeugt. Sein wagemutiger Flug über den Atlantik sollte dem Ansehen Deutschlands in der Welt neue Geltung verschaffen; er sollte zudem die Kontinente verbinden helfen und die Menschen einander näher bringen. Hünefeld war nicht nur der kühne Luftfahrtpionier. In der Dichtkunst sehr begabt, schrieb er von Jugend an tief empfundene Lyrik. Mehrere Gedichtbändchen wie Kleine Liedlein; Ich schwur einen Eid (1926); oder Biblische Gestalten und Gesänge (1926) sind von ihm erschienen. In den Bremer Jahren entstanden einige Schauspiele wie Die Stunde der Entscheidung oder Das Karnevalskonzert, die 1927 und 1928 in Bremen bzw. in Dresden uraufgeführt wurden. Sein literarisches Werk umfaßt vaterländische, historische und religiöse Stoffe, die ihn in seinem wechselvollen Leben bewegt haben.

Weitere Werke: Unser Ozeanflug. Union Deutsche Verlagsgesellschaft. 20. erw. Aufl., Berlin, Abt. Luftfahrt, o. J. (mit Kohl u. Fritz Maurice). – Mein Ostasienflug. Union Deutsche Verlagsgesellschaft. 23. Aufl. Berlin, Abt. Luftfahrt, 1929. – Der Kronprinz im Exil. Stimmungsbilder aus Holland. 1920. – Die Symphonie des Einsamen. 1924. – Vom ewigen Kampf. Gedichte. 1929.

Lit.: Friedrich Walter: Hünefeld. Ein Leben der Tat. Ernte-Verlag. 8. Aufl., Potsdam 1929. – Friedrich Walter: Trutz Tod! Des jungen Hünefeld Werden und Weg. Ernte-Verlag. Potsdam, 1929. – Familiennachweis von Hünefeld. Staatsarchiv Bremen.

Bild: W. Dresler, Bremen