Biographie

Hylla, Erich

Herkunft: Schlesien (Ober- u. Niederschlesien)
Beruf: Pädagoge
* 9. Mai 1887 in Breslau
† 5. November 1976 in Frankfurt/Main

„Pädagogische Tatsachenforschung“ hieß das Stichwort, das in der deutschen Erziehungswissenschaft aufkam, als diese den Schutt der tausend braunen Jahre mit wegzuräumen hatte. Es handelte sich dabei um einen Gegenschlag zur fast ausschließlich geisteswissenschaftlichen Methode der bisherigen deutschen Pädagogik, die sich wohl nicht als überholt, aber doch als einseitig erwiesen hatte. Einer der ersten, die den neuen Weg kräftig beschritten und andere dazu zu ermuntern suchten, war der Schlesier Erich Hylla. Der Breslauer Handwerkersohn Hylla begann nach dem Verlassen des Seminars als Dorfschullehrer in seiner Heimatprovinz, wurde Mittelschullehrer, Mittelschulrektor und Schulrat in Eberswalde. Während dieses beruflichen Aufstiegs fand er noch Zeit und Kraft zu Universitätsstudien – mit „kleiner Matrikel“, da der Seminarabschluß dem Abitur nicht gleichgeachtet wurde. Er studierte an der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Breslau bei William Stern und an der gleichnamigen Berliner Universität bei Eduard Spranger Pädagogik und Psychologie. 1922 wurde er als Ministerialrat in die Volksschulabteilung des Preußischen Kultusministeriums berufen. In den folgenden Jahren begann er in Zusammenarbeit mit dem Zentralinstitut für Erziehung und Unterricht seine Test-Forschung zu entwickeln, die zur Begründung von Schulleistungs- und Begabtentests bestimmt war. 1928 erschien als Frucht einer Studienreise in die USA sein Buch „Die Schule der Demokratie“, das das deutsche Publikum mit dem amerikanischen Bildungswesen bekanntmachen sollte; dem gleichen Zweck diente seine Übersetzung des Werkes „Demokratie und Erziehung“ von John Dewey (1930). Im Jahre 1930 wurde Erich Hylla Professor der Psychologie und Pädagogik an der Pädagogischen Akademie in Halle a. S., 1931 Referent für Volksschulen und Lehrerbildung im Kultusministerium. Nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten im Jahre 1933 erhielt Hylla, der Pädagogik und Demokratie nicht voneinander zu trennen vermochte, seine Entlassung. Freilich war es ihm vergönnt, zwischen 1935 und 1939 als Gastprofessor an der Columbia Universität in New York und an der Cornell Universität in Ithaka zu wirken.

Nach dem Kriege, an dessen Ende der Mittfünfziger noch hatte Soldat werden müssen und in Gefangenschaft geraten war, fand sich Hylla als Schulrat in Landsberg am Lech wieder. 1946 machte die amerikanische Militärregierung ihn, der ja in den USA kein Unbekannter war, zum deutschen Fachberater für Erziehungsfragen in Berlin. 1950 wurde er Direktor der von ihm mitbegründeten Hochschule für Internationale Pädagogische Forschung in Frankfurt a.M., an der er eine Professur für pädagogische Psychologie übernahm. An der akademischen Stätte, die seit 1964 den Namen „Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung“ trägt, hat Hylla sein Lebenswerk vollenden können. Es stand im Dienste einer empirisch pädagogisch-psychologischen Forschung, die ein Gegengewicht zum hergebrachten idealistischen Bildungsbegriff entwickeln sollte. Hylla, der der jungen Hochschule zu einer nicht selbstverständlichen Anerkennung unter den wissenschaftlichen Institutionen verhalf, trat 1955 aus Altersgründen von seinen Ämtern zurück. Dank langanhaltender geistiger und körperlicher Frische hat er viele Jahre als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der alten Stätte weiterwirken können.

Lit.: „Erich Hylla zum 80. Geburtstag“ ( = Sonderheft der Mitteilungen und Nachrichten des Deutschen Instituts für Internationale Pädagogische Forschung), Frankfurt a. M. 1967; E. Stein: Nachruf auf Erich Hylla, in: Mitteilungen und Nachrichten des Deutschen Instituts für Internationale Pädagogische Forschung Nr. 85 (Mai 1977).