Biographie

Jakubczyk, Karl

Herkunft: Schlesien (Ober- u. Niederschlesien)
Beruf: Theologe
* 16. Oktober 1888 in Beuthen O/S
† 8. November 1931 in Breslau

Adolf Kardinal Bertram hatte in seiner langen Amtszeit als Bischof bzw. Erzbischof von Breslau (1914-1945) insgesamt über 30 Domvikare. Der Schöngeist und Literat unter ihnen war Karl Jakubczyk aus Oberschlesien.

Der Sohn eines Postschaffners wurde am 15. Oktober 1888 in Beuthen OS geboren, besuchte in Ottmachau, Kreis Grottkau, die Volksschule und in Gleiwitz das Königliche Katholische Gymnasium, an dem er 1908 die Reifeprüfung ablegte. Er hatte sich als fleißiger und guter, allerdings der Mathematik ferner Schüler erwiesen und bereits einen großen Appetit auf Lesen entwickelt: nicht nur auf die abenteuerlich-exotischen „Reiseerzählungen“ von Karl May, die damals weit verbreitet waren und von sehr vielen Heranwachsenden „verschlungen“ wurden, sondern aufsteigend zu Shakespeares und Schillers Gesammelten Werken. Vergil und der Sagenwelt der schlesischen Heimat galten Interesse und Liebe, Mystisches zog ihn an und pubertäre „dichterische Ergüsse“ entstanden, auch viele Tagebucheintragungen.

In einer katholischen Familie und Umgebung aufgewachsen, wandte sich Jakubczyk nach dem Abitur dem Studium der Theologie zu, das er – wohl finanziell bedingt – ausschließlich in Breslau absolvierte. Neben theologischen und philoso­phischen Vorlesungen hörte er auch Literatur und Geschichte und las hochinteressiert schöngeistige Zeitschriften. Zusammen mit zwei Studienkollegen gab er Literarische Blätter des „Literarischen Zirkels am Studentenkonvikt“ heraus, und er traute sich, eigene Beiträge in der angesehenen christlichen Monatsschrift Der Gral veröffentlichen zu lassen.

Am 22. Juni 1912 empfing Jakubczyk die Priesterweihe und wirkte dann als Kaplan bzw. Oberkaplan nacheinander in drei Pfarreien der Bischofsstadt, während des Weltkrieges – zum Militär einberufen – auch als Lazarett-Seelsorger, was einer der Gründe dafür war, im Jahre 1917 eine Sammlung mit zeitgenössischer Kriegslyrik vorzulegen, die im renommierten katholischen Herder-Verlag erschien. Heute mögen Intention und mancher Ton (recht) fremd klingen – nach zwei verlorenen Weltkriegen, in einem kleineren und ganz anders gepolten Deutschland. Bereits 1916 hatte der junge Priester ein Bändchen über den von ihm sehr geliebten oberschlesischen Landsmann Joseph Freiherr v. Eichendorff publiziert.

Adolf Kardinal Bertram, der lese- und schreibfreudige Fürstbischof der großen Diözese Breslau, erkannte Jakubczyks Talent, ernannte ihn 1917 zu einem seiner Domvikare und übertrug ihm 1918 die Mitredaktion und 1919 die alleinige Schriftleitung der Wochenzeitung Katholisches Sonntagsblatt der Diöcese Breslau, die zu Jakubczyks Lebensaufgabe wurde. Der richtige Mann, zur richtigen Zeit, am richtigen Ort: Jakubczyk hatte nun ein eigenes Feld, das er – trotz seiner eher schwächlichen Konstitution – ideenreich, planvoll, zielbewusst und unermüdlich beackerte. Fest religiös verankert, bemühte er sich um die Vermeidung von Kitschigem und um die Hebung des Niveaus und verfasste im Laufe der über zehn Jahre, in denen er die Verantwortung trug, eine sehr große Anzahl von Artikeln und Berichten, von denen einer aus dem Jahr 1919 den Titel Von der Demut des Herzens trägt. Über all dem Schreiben und Redigieren bemühte er sich eifrig um die Steigerung der Auflage und Verbreitung des Kirchenblattes, hielt entsprechende Vorträge und bemühte sich durch das wöchentliche Beifügen einer illustrierten Beilage, einer aktuellen Bilderchronik aus dem kirchlichen Leben, das Sonntagsblatt zu einem echten Familienblatt zu machen. „Seine klare Linie in der Behandlung sozialer Fragen führte ihn von selbst zu einer hohen Wertschätzung der katholischen Caritas. Sie suchte er zu fördern durch Einführung einer eigenen Beilage, in der nicht nur die Herzen für Frau Caritas erwärmt, sondern auch praktisch Wege gewiesen wurden, wie man die Not der Gegenwart mildern könnte.“ (Otte) Es ist zum großen Teil der überlegt-kräftigen Tätigkeit Jakubczyks zu verdanken, dass die Zahl der Bezieher des Katholischen Sonntagsblattes von 23.000 im Jahre 1923 auf über 100.000 im Jahre 1930 anstieg.

Trotz der vielen Arbeit als Schriftleiter verfasste Jakubczyk eine nicht geringe Zahl von Beiträgen für andere Periodica, z.B. für die Schönere Zukunft in Wien, das Ostdeutsche Pastoralblatt und die Schlesische Volkszeitung in Breslau, die man damals als führendes Presseorgan der ostdeutschen Katholiken ansehen konnte. Joseph Freiherr v. Eichendorff und Dante Alighieri waren und blieben das ganze Leben hindurch seine Lieblingsdichter. Die einfühlsame Beschäftigung mit ihrem Leben und ihren Werken ließ schöne Früchte wachsen, die sich hauptsächlich in einigen selbständigen Schriften zeigten. Im Vorwort des ersten Dante-Buches von Jakubczyk, der Mitglied der Deutschen Dante-Gesellschaft war, hieß es zu Beginn: „Dieses neue Dante-Buch, seit vielen Jahren geplant und in kleinen Stücken und Einzelheiten auch schon vorbereitet, verdankt sein Zustandekommen dem diesjährigen Jubiläum aus Anlaß der 600. Wiederkehr von Dantes Todestage. Ein ganz bescheidener Ableger der überaus fruchtbaren und auf gewaltige Ergebnisse stolz zurückblickenden bisherigen wissenschaftlichen Dante-Literatur, weiß es sein Erscheinen nicht anders als mit ganz nüchtern praktischen Erwägungen und Gründen zu rechtfertigen.“ Das 1921 veröffentlichte Buch sollte ein Leitfaden sein und popularisieren und hatte Erfolg, so dass die 4.000 Stück der ersten Auflage schon nach einem halben Jahre verkauft waren und die 2. und 3. Auflage bald zum Druck gelangten. Die Schrift Eichendorffs Weltbild erlebte zwei Auflagen (1923 und 1927).

Anfangs des Jahres 1928 machte sich bei Jakubczyk eine schwere, fortschreitende Krankheit bemerkbar. Er hatte größte Sprachschwierigkeiten und musste 1929 das Amt des Domvikars aufgeben. Als Mann von Disziplin und erstaunlicher Schaffenskraft arbeitete er – wohl angesichts des sich nähernden Todes besonders eifrig bemüht – für ein Buch über den italienischen Humanisten Francesco Petrarca († 1374), das jedoch ebenso wenig zustande kam wie eine geplante Abhandlung über den spanischen Dramatiker Calderon de la Barca († 1681). Um Ruhe zu finden, verlegte er am 1. Oktober 1930 seinen Wohnsitz aus der Großstadt Breslau nach Obernigk im Kreis Trebnitz.

In der Nacht vom 8. zum 9. Januar 1931 ist Karl Jakub­czyk, erst 42jährig, in Breslau gestorben, wenige Tage, nachdem ihn einer seiner engsten Freunde, der Universitäts-Pro­fessor und einstige Domvikarskollege Dr. Berthold Altaner, besuchte. In seinem letzten im Sonntagsblatt veröffentlichten Artikel pries er die Familie: „Wie viel hängt von der Familie ab, in die wir hineingeboren wurden? Die Hälfte unseres Seins und Wesens danken wir der Familie, aus der wir hervorgegangen sind.“ Am 12. Januar 1931 erfolgte die Beerdigung des hochverdienten Theologen, Redakteurs, Schriftstellers und Literaturkritikers auf dem Alten Laurentius-Friedhof in Breslau. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde dieser von den neuen polnischen Machthabern eingeebnet, bereits 1945.

Werke: Der deutsche Eichendorff, M.-Gladbach/Berlin 1916. – Hrsg.: Die heilige Wehr. Deutsche Kriegslyrik der Gegenwart, Freiburg im Breisgau 1917. – Denk Jesu nach! Sammlung deutscher Christusgedichte, Freiburg 1920. – Dante. Sein Leben und seine Werke, Freiburg i. Br. 1921. 2. u. 3. AufI. 1922. – Eichendorffs Weltbild (Bücher der Wiedergeburt 3), Habelschwerdt 1923, 2. Aufl. ebd. 1924. – Aufblicke der Seele, Religiöse Lesungen (Sonntag – Sonnentag 3), Breslau 1927.

Lit.: Augustinus-Blatt 35, 1931, S. 16. – W[aldemar] Otte, Karl Jakub­czyk zum Gedächtnis, in: Ostdeutsches Pastoralblatt 2, 1931, S. 68-70. – Hanns Bernhard Lauffer, Karl Jakubczyk. Ein Leben (Sonntag – Sonnentag 13), Breslau 1932 (eher hymnisch als historisch). – Joseph Gottschalk, Karl Jakubczyk (1888-1931), in: Schlesische Priester­bilder, Bd. 5, hrsg. v. Joseph Gottschalk, Aalen 1967, S. 171-174 (P nach S. 176). – Hans-Ludwig Abmeier, Kardinal Bertrams Domvikare, in: Oberschlesisches Jahrbuch, Bd. 16/17, 2000/2001, S. 151-191, hier: S. 156-157. – Franz Heiduk, Oberschlesisches Literaturlexikon, Teil 2, Berlin 1993, S. 4.

Hans-Ludwig Abmeier