Biographie

Kalckreuth, Stanislaus Friedrich Ludwig Graf von

Herkunft: Zentralpolen (Weichsel-Warthe)
Beruf: Landschaftsmaler
* 25. Dezember 1820 in Kozmin
† 25. November 1894 in München

Die von Kalckreuths hatten dem preußischen Staat auf militärischem Gebiet treu gedient. Friedrich Adolf von Kalckreuth, ein Onkel, war preußischer Feldmarschall. So wurde beschlossen, daß auch Stanislaus die militärische Laufbahn einschlagen sollte. Zwanzigjährig, 1840, nahm er seinen Dienst als Offizier im l. Garderegiment zu Fuß in Potsdam auf. Doch Stanislaus von Kalckreuth stand der Sinn mehr nach Kunst als nach Krieg. Er suchte den Kontakt zur Berliner Kunstszene und begann zu malen, zuerst unter Anleitung des preußischen Hofmalers und Professors Gustav Wegener, der märkische Landschaften sowie Motive der Nordsee- und Atlantikküste bevorzugte. Eduard Hildebrandt empfahl ihm zur weiteren Ausbildung den Landschafts- und Marinemaler Wilhelm Krause, der stark von der Dresdner Schule beeinflußt war, insbesondere von C. F. Friedrich und Joh. Chr. Dahl, und erste Landschaften und Seestücke im Atelier malte, ohne die See jemals gesehen zu haben. Krause war ein hervorragender Maltechniker – er veröffentlichte ein Buch über Maltechnik alter Meister – und verstand sein Wissen weiterzugeben. Eduard Stanislaus von Kalckreuth machte bei Krause schnell Fortschritte, so daß er es wagen konnte, König Friedrich Wilhelm IV. ein Bild zum Kauf anzubieten. Wenn das auch nicht sofort zu einem Ankauf führte, so trug es Graf von Kalckreuth doch mehrere Reisestipendien ein, nach der Schweiz, nach Tirol und in die Pyrenäen. Der in Posen geborene und in Berlin ausgebildete Maler war fasziniert von der malerischen Alpenlandschaft. Sie wurde ihm zum bevorzugten Motiv.

1845 verheiratete er sich mit der Tochter des Bildhauers Emil Cauer d.Ä., was eine noch engere Bindung an die moderne Kunstszene bedeutete. Möglicherweise veranlaßte diese Heirat auch eine Reise an den Rhein (der Schwiegervater, Emil Cauer, ein vielbeachteter Künstler, war über Bonn nach Kreuznach a. Nahe gegangen). Von Kalckreuth nahm Studien an der Düsseldorfer Akademie bei Wilhelm Schirmer auf, die er auch nach seiner Ernennung zum Professor fortsetzte.

1854 wurde Stanislaus von Kalckreuth von Großherzog Carl Alexander von Sachsen-Weimar mit der Vorbereitung zur Gründung einer Kunstschule in Weimar beauftragt, deren erster Direktor er 1860 wurde. Er profilierte sich nun nicht nur als Maler, sondern ebenso erfolgreich als Lehrer. Vor allem aber verstand er es, die progressivsten Maler in Weimar zu versammeln – Böcklin, Begas, Lenbach, Gussow, Ramberg und Reinhold, um nur einige zu nennen – und die neue Kunstschule, aus der sich später das Bauhaus entwickeln sollte, zu einem profilierten Kunstzentrum in Deutschland zu machen. Sechzehn Jahre, bis 1876, leitete er die Schule.

Bereits 1852 war Stanislaus von Kalckreuth Mitglied der Akademie Amsterdam geworden. Damals malte er das im Wallraf-Richartz-Museum in Köln befindliche Bild einer Gebirgslandschaft. Auf der Weltausstellung in Paris 1855 zeigte er sehr erfolgreich sein Gemälde Schloß des Herzogs von Genua von der Alpenseite aus. 1868 wurde ihm anläßlich der großen Akademieausstellung in Berlin die Große goldene Medaille verliehen, und ein Jahr später erfolgte seine Berufung zum ordentlichen Mitglied der Berliner Akademie.

Stanislaus von Kalckreuths Bilder sind vorzüglich gemalt. Er ging vom Naturvorbild aus, meist von Skizzen, die er während seiner Reisen gemacht hatte, und formte aus ihnen malerische Ansichten. Sie bestechen durch die exakte Kombination von Linearperspektive und Luftperspektive. Beleuchtungseffekte interessierten ihn nicht im wissenschaftlichen Sinn wie die Impressionisten, sondern als Naturstimmung. Seine berühmten Bilder vom Alpenglühen verdeutlichen dies. Die kühle Morgenstimmung in den Bergen oder die Hitze des Mittags versteht er eindrucksvoll wiederzugeben. Immer war er bemüht, aus dem Naturvorbild ein Bild zu schaffen, mit den Versatzstücken der Landschaft eine Komposition zu erreichen.

Sieht man seine Bilder, seine vielen Alpenmotive und Bergmotive aus den Pyrenäen, so ist man versucht, ihn der Münchner Schule zuzuordnen, doch erst 1883 ließ er sich in München nieder. 1876 gab er seine Tätigkeit in Weimar auf und ging zunächst für sieben Jahre nach Kreuznach. Rhein- und Nahelandschaften tauchen aber fast nur in Skizzen auf. Das Hochgebirge ließ ihn nicht los. Stanislaus Graf von Kalckreuth war ein hochgeachteter Maler und hatte zwei begabte und erfolgreiche Maler als Kind Leopold Karl Walter, der 1855 in Düsseldorf geboren wurde, und die zwei Jahre jüngere Tochter Marie. Ein Jahr nach seinem Tod 1895, fand eine große Nachlaßausstellung in Berlin statt. Neben Ölgemälden und Ölskizzen wurden Arbeiten aus seinem reichen zeichnerischen Oeuvre, das die Grundlage bildete für seine Gemälde, präsentiert.

Stanislaus Graf von Kalckreuths Arbeiten wurden sehr früh von ostdeutschen Museen gekauft: vom Schlesischen Museum in Breslau, vom Stadtmuseum in Danzig, vom Stadtmuseum in Königsberg und vom Museum Stettin. Im 20. Jahrhundert wurden Kalckreuths Verdienste wenig gewürdigt und dies wohl auch, weil er zunehmend im Schatten seines viel progressiveren Sohnes stand und weil in westdeutschen Museen nur wenige seiner Werke zu finden sind.

Weblink: https://de.wikipedia.org/wiki/Stanislaus_von_Kalckreuth

Bild: Karl Ferdinand Sohn – Vorstand der Deutschen Jahrhundertausstellung (Herausgeber): „Katalog zur Ausstellung deutscher Kunst aus der Zeit von 1775–1875 in der Königlichen Nationalgalerie Berlin.“. Verlag F. Bruckmann AG, München 1906 (2 Bände)

Idis B. Hartmann