Biographie

Kamel, Georg Josef

Herkunft: Sudeten (Böhmen u. Mähren, österr. Schlesien)
Beruf: Apotheker, Naturforscher
* 21. April 1661 in Brünn
† 2. Mai 1706 in Manila/Philppinen

Die Tschechische Republik hat 2006 mit einer internationalen Konferenz, mit Ausstellungen und Dokumentationen im Fernsehen des 300. Todestags des Jesuiten und Naturforschers Kamel ebenso gedacht wie 2011 seines 350. Geburtstages, während dieser deutsche Apotheker aus Brünn in Deutschland relativ unbekannt ist, obwohl nach ihm die Kamelienblume und die Kameliendame benannt sind.

Seit den Arbeiten des Forscherehepaares Josef und Renée Gicklhorn über Georg Josef Kamel und über die deutschen Pharmazeuten im Lateinamerika des 17. und 18. Jahrhunderts ist das böhmische Übergewicht in diesem Kapitel deutscher wissenschaftlicher Arbeit der Neuzeit bekannt geworden. Renée und Josef Gicklhorn stellten bereits 1954 Georg Josef Kamel als Apotheker, Botaniker, Arzt und Naturforscher der Philippineninseln vor. Nach dem Tode von Josef Gicklhorn hat Frau Renée dieses Werk weitergeführt und nach einer Studienreise nach Amerika in der Studien über Missionsapotheker nicht nur einen wertvollen Beitrag zur Missionsgeschichte, sondern auch zur Geistesgeschichte der böhmischen Länder geliefert, da fünf der acht Persönlichkeiten, die sie in ihrem Werk vorstellt, der böhmischen Jesuitenprovinz entstammen. Sie bezieht dabei auch die Philippinen in ihre Betrachtung ein, was angesichts des Untertitels Deutsche Pharmazeuten im Lateinamerika des 17. und 18. Jahrhunderts befremden könnte; doch die Philippinen wurden als Indias Orientales von Mexiko aus verwaltet und der Weg fast aller Missionare ging über Mexiko auf die Philippinischen Inseln.

Von den fünf Mitgliedern der böhmischen Provinz stammen Heinrich Peschke und Florian Paucke aus Schlesien. Peschke wird in Argentinien als Begründer der Rioplatensischen Medizin angesehen, Paucke ist zwar vor allem wegen seines ethnografischen Werkes bedeutsam, aber er hat auch die Tier- und Pflanzenwelt des Landes beschrieben, ausführlich die Wirkung der Kräuter behandelt und deren spanische und volkstümliche Namen in der Indianersprache angegeben. Die drei von Gicklhorn gewürdigten Pharmazeuten aus Böhmen und Mähren sind Georg Kamel, Paul Klein aus Eger und Johann Steinhöfer aus Iglau. Unter ihnen wird Georg Kamel von Gicklhorn als der bedeutendste gerühmt, ja als der berühmteste und wissenschaftlich bedeutendste Apotheker des 17. Jahrhunderts bezeichnet.

Kamel besuchte das Gymnasium seiner Vaterstadt und ist am 12. November 1682 in Brünn ins Noviziat des Jesuitenordens eingetreten. Er scheint bereits als Krankenbruder eingetreten zu sein, da er nicht vorhatte, Priester zu werden und nach dem Noviziat als „Socius infirmarii“ in Neuhaus (Jindřichův Hradec) tätig ist.

1686 führte er die Apotheke im Kolleg in Krummau (Český Krumlov), wo der Jahresbericht 1687 von seiner Entsendung in die Mission meldet. Auf dem Schiff „Santisima Trinidad“ reist Kamel mit „Adamo Call“ (Adam Kaller aus Eger) und 39 Mitbrüdern von Spanien nach Veracruz, von dort auf dem Landweg nach Acapulco und mit dem Schiff nach Manila, das er erst 1689 erreicht. Die Kataloge der Philippinischen Jesuiten-Provinz im Zentralarchiv der Jesuiten in Rom verzeichnen ihn seit 1689 als Infirmarius, seit 1695 als Apothecarius und seit 1699 als Botanicus. Am 15. August 1696 wird Kamel zur Profess seines Ordens zugelassen. Er starb bereits am 2. Mai 1706 in Manila.

Seine erste Aufgabe bestand in der Errichtung einer Apotheke in Manila, durch die er eine vorbildliche caritative Tätigkeit in der Hauptstadt entfalten konnte. Mit den englischen Naturwissenschaftlern John Ray und James Petiver stand Kamel seit 1690 in Kontakt. Ein Arzt der Ostindischen Kompanie in Madras, Samuel Brown, hatte die Verbindung hergestellt. Ein anderer in Batavia im Dienst der niederländischen Ostindienkompanie stehender Arzt, Willem ten Rhijne, verschaffte ihm Kontakt zu holländischen Botanikern und versorgte ihn mit Büchern aus Europa. Die Engländer und Holländer tauschten Briefe, Bücher und Herbarien mit Kamel. Da auf der langen Seereise manche Tier- und Pflanzenpräparate litten, fertigte Kamel auch genaue Zeichnungen an, die Petiver in London veröffentlichte.

Was in Europa ankam, erregte Aufmerksamkeit und Bewunderung. John Ray hat 1704 im dritten Band seiner Historia Plan-tarum auf vielen Seiten Kamels Material vorgestellt: Herbarium aliarumque stirpium in Insula Philippinarium Primaria nascentium und Descriptiones fruticum et arborum Luzonis. Ray schreibt dazu: „Ich kann es nur als eine göttliche Fügung ansehen, daß ich einen Mann ausfindig machen konnte, der so viel von Pflanzen versteht, um sich der Untersuchung, Zeichnung und Beschreibung von Pflanzen zu widmen, die in jenen fernen Weltgegenden wachsen und mir einen genauen Bericht über deren Gebrauch und Wirkung geben kann.“

Heute liegen diese Sammlungen fast sämtlich im Britischen Museum in London, ein Band mit Handzeichnungen auch in Löwen. Kamels Pflanzen-Beschreibungen wurden seit 1699 zum Teil in den Londoner „Philosophical Transactions“ abgedruckt, von denen J. und R. Gicklhorn in ihrer Kamel-Biogra-phie 15 aufführen. Am bekanntesten wurde Kamel, weil durch ihn die Kunde des Strychnos Ignatii (aus dem Strychnin gewonnen wird) nach Europa gelangte. Kamel gab dieser Pflanze den Namen seines Ordensbruders Ignatius von Loyola.

Der große Gelehrte Carl Linné hat die Camelia japonica nach diesem mährischen Jesuiten benannt. Josef und Renée Gickl-horn charakterisieren Kamels Bedeutung mit folgenden Worten: „Es ist keine Übertreibung, wenn man heute Kamel als ersten Europäer nennt, der die Fauna, Flora und Medizin der Philippinen europäischer Wissenschaft und indirekt europäischen Museen zugeführt hat. Daher wird man vor allem als historisches, bleibendes Verdienst Kamels seine wissenschaftliche Bedeutung als einer der größten Sammler seines Jahrhunderts und seines engeren Wirkungsbereiches an erster Stelle nennen müssen“.

Lit.: NDB Band 3. – J. und R. Gicklhorn, Georg Josef Kamel S.J. (1661-1706). Apotheker, Arzt und Naturforscher der Philippineninseln, Eutin 1954. – Renée Gicklhorn, Missionsapotheker. Deutsche Pharmazeuten in Lateinamerika des 17. und 18. Jahrhunderts, Stuttgart 1973. – Rudolf Grulich, Der Beitrag der böhmischen Länder zur Weltmission des 17. und 18. Jahrhunderts, Königstein 1981. – Georg Joseph Kamel (1661-1706). Zbornik z Kongresu s mezinárodní účesti (Sammelband des internationalen Kongresses Brünn 8.-10.6.2006), Brünn 2006.

Bild: University of the Philippines, Institute of Biology and Center for Integrative and Development Studies.

Rudolf Grulich