Biographie

Kinski, Klaus

Herkunft: Westpreußen
Beruf: Schauspieler, Filmschauspieler
* 18. Oktober 1926 in Zoppot/Westpr.
† 23. November 1991 in Lagunitas/Kalifornien

Er wurde als Nikolaus Günther Nakszynski geboren, nahm später aber den Künstlernamen Klaus Kinski an, den er bis etwa 1968 Kinsky schrieb. Im Jahre 1931 verzog die Familie nach Berlin, wo er nach eigener Angabe in einem Heim leben und sich das Schulgeld zum Besuch des Prinz-Heinrich-Gymnasiums durch Gelegenheitsarbeiten verdienen mußte. Viele Einzelheiten aus seiner Kindheit und seinem späteren Leben lassen sich nicht mit Sicherheit klären. Nachdem er die Schule aus Obertertia oder Untersekunda verlassen hatte, kam er in ein Wehrertüchtigungslager in die Niederlande und anschließend in die Wehrmacht, aus der er floh. Nach einiger Zeit wieder gefaßt, geriet er bei Kriegsende in britische Kriegsgefangenschaft.
Im Gefangenenlager wirkte er an Theateraufführungen für die Häftlinge mit und erhielt nach seiner Entlassung auch ohne Schauspielausbildung erste Engagements an Theatern in Tübingen und Baden-Baden. Schon 1946 holte ihn der Regisseur Bolesław Barlog nach Berlin, wo Kinski in Gerhart Hauptmanns „Die Ratten“ auftrat. In den folgenden Jahren spielte er an anderen Berliner Bühnen und erhielt bei den Berliner Festwochen 1952 für seine Darstellung in Hans Werner Henzes Ballettpantomime „Der Idiot“ nach Fedor Dostojewski glänzende Kritiken. Da er sich mit Barlog überwarf, gab Kinski an verschiedenen Orten Gastspiele, trat aber schon 1959 zuletzt auf einer Theaterbühne auf. In den folgenden Jahren arbeitete er als Rezitator von Gedichten, insbesondere von Friedrich von Schiller und den Franzosen François Villon und Arthur Rimbaud. Während dieser sehr guten, oft aber auch eigenwilligen Rezitationen kam es wiederholt zu ersten exzentrischen Ausfällen und Publikumsbeschimpfungen durch Kinski, für die er später bekannt werden sollte. Seine erste eigene Inszenierung des Einpersonenstücks „Die geliebte Stimme“ von Jean Cocteau in einem Saal am Berliner Kurfürstendamm wurde wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses durch die Polizei gewaltsam abgesetzt. Daraufhin reiste Kinski wieder als Rezitator und „Ein-Mann-Wanderbühne“ mit Erfolg durch den deutschsprachigen Raum und produzierte im Laufe der nächsten Jahre 25 Schallplatten mit seinen Rezitationen. Seine 1969 begonnene Rezitationsreise mit Texten aus dem Neuen Testament erregte so großen Widerspruch, daß Kinski sie 1971 nach Tumulten abbrach.
Schon seit 1948 trat er in ersten kleinen Filmrollen auf, so als Transvestit in Roberto Rossellinis „La Paura“ und als geisteskranker Prinz Otto in Helmut Käutners „Ludwig II.“. In Edgar-Wallace-Verfilmungen spielte er eine Reihe von Schurken und Psychopathen, bis ihm 1966 mit der Rolle des Anarchisten Kostojed in „Doktor Schiwago“ der internationale Durchbruch als Filmschauspieler gelang. Doch schon bald erregte er als Filmstar in Rom durch sein exzentrisches und ausschweifendes Leben mit Alkohol und Frauen immer wieder Ärgernis. Neben verschiedenen Affären war er viermal verheiratet. Seine Töchter Pola aus erster Ehe und Nastassja aus zweiter Ehe wurden ebenfalls Schauspielerinnen. Nur der dritten Ehefrau, einer Vietnamesin, gelang es zeitweise, ihn zur Aufgabe seines recht ausschweifenden Lebens zu bewegen. Aber seine Autobiographie „Ich bin so wild nach deinem Erdbeermund“ (1976, 18. Auflage 1990) wurde durch ihre große Offenheit wieder ein Skandal.
In seinen rund 200 Filmrollen mußte Kinski oft Bösewichte, Schizophrene und Außenseiter verkörpern, wobei er seine große Wandlungsfähigkeit bewies. Der Regisseur Werner Herzog ging nicht auf Kinskis Eskapaden ein, sondern forderte künstlerische Leistung von ihm, so daß die in dieser Zusammenarbeit entstandenen Filme „Aguirre. Der Zorn Gottes“ (1972), „Nosferatu. Phantom der Nacht“ (1978), „Woyzeck“ (1978), „Fitzcarraldo“ (1981) und „Cobra Verde“ (1987) Kinski die Anerkennung der Fachpresse und der Zuschauer brachten. Für „Nosferatu“ erhielt er 1979 ein deutsches Filmband in Gold und 1980 die Auszeichnung als bester Schauspieler des Jahres. Von Rom siedelte er 1980 nach Los Angeles über und erhielt 1982 die amerikanische Staatsbürgerschaft. Deshalb wirkte er in den letzten Jahren meist in Hollywood-Filmen mit, für die er aber nur teilweise gute Kritiken erhielt. 1985 trat er in zwei deutschen Fernsehshows als Gast auf und schien sich dabei in der Rolle des aggressiven und provozierenden Bürgerschrecks zu gefallen, der seine sexuelle Besessenheit immer wieder hochspielte. Im Jahre 1987 konnte er sich einen Traum erfüllen: Für den Film „Paganini“ hatte er nicht nur das Drehbuch geschrieben, sondern führte auch Regie und spielte die Hauptrolle. Der gelungene Film wurde beim Filmfestival 1988 in Cannes wegen „zu viel Pornographie“ jedoch vom Wettbewerb ausgeschlossen.

In den letzten Jahren wurde es um den sehr guten, ausdrucksstarken, aber auch sehr schwierigen Schauspieler etwas ruhiger. Die Wertschätzung, die Klaus Kinski nach seinem Tod nicht nur in Deutschland, sondern auch in Polen erfuhr, bezeugen Plänen für ein eigenes Museum in seinem Geburtsort Zoppot. Im Jahre 2001 wurde aus seinem Nachlaß ein Gedichtband mit dem Titel „Fieber. Tagebuch eines Aussätzigen“ herausgegeben. Die Gedichte müssen nach Kinskis erstem Film und vor seiner ersten Rezitationstournee, also um 1950 entstanden sein.

Lit.: Klaus Bürger: K.K., in: Altpreußische Biographie. Bd. V, 1. Lieferung, Marburg/Lahn 2000, S. 1615–1616 (dort Nachweise). – Albert Ostermaier: Neben der Tonspur. Das lyrische Testament des Klaus Kinski, in: Frankfurter Allg. Zeitung Nr. 227 vom 29.9.2001.

Klaus Bürger