Biographie

Kiss, August

Herkunft: Schlesien (Ober- u. Niederschlesien)
Beruf: Bildhauer
* 11. Oktober 1802 in Paprotzau
† 24. März 1865 in Berlin

August Kiss wurde in Paprotzau (Oberschlesien) als Sohn eines Hütteninspektors geboren. Nach Privatunterricht und Besuch der Fürstenschule in Pleß absolvierte er eine zweijährige Lehre in der Eisenhütte seiner Vaterstadt. Sein älterer Bruder holte ihn in die königliche Eisengießerei Gleiwitz, wo F.L. Beyerhaus seine künstlerische Begabung förderte und ihn erste selbständige Arbeiten, wie z.B. ein Kruzifix, entwerfen und ausführen ließ. Diese frühen Werke waren so vielversprechend, daß Beyerhaus ihn 1822 in die Modellierwerkstatt der königlichen Eisengießerei nach Berlin schickte, um seine künstlerische Ausbildung zu vervollkommnen. Kiss nahm am obligatorischen Unterricht im Ziselieren und Porträtieren bei Leonhard Posch und dem Zeichenunterricht an der Kunstakademie teil. Schon 1821 hatte er die Gleiwitzer „Neujahrskarte“, eine Eisengußplatte, die als Werbung für den Betrieb diente, entworfen und angefertigt. Auch die „Neujahrskarte“ des Jahres 1824 entwarf er. Daneben entstanden zahlreiche Statuetten, wie die von König Friedrich Wilhelm III., Napoleon oder Friedrich d. Gr., die in der Gleiwitzer und Berliner Hütte gegossen wurden – teilweise in Zusammenarbeit mit W.A. Stilarsky, dem künstlerischen Leiter der Berliner Hütte, mit Beyerhaus und oft nach Standbildern Rauchs. In dem Bereisungsprotokoll des Oberbergamtes wurde Kiss 1826 als „talentvoller Modelleurgehilfe“ bezeichnet, „der ein ausgezeichneter Arbeiter in seinem Fach zu werden nicht nur verspricht, sondern bereits sehr lobenswerte Arbeiten abgeliefert hat.“ Dies bezog sich vor allem auf die 65cm hohe Nachformung des Schlüterschen Reiterdenkmals des Großen Kurfürsten. Auch Daniel Rauch wurde auf den jungen Kiss aufmerksam und holte ihn 1825 in seine Werkstatt. Für Friedrich Tieck arbeitete Kiss an den Rossebändigergruppen für das Alte Museum, die in Eisenguß ausgeführt wurden. Dadurch erkannte Friedrich Schinkel das Talent des jungen Künstlers und übertrug ihm die Ausführung der Türen der Bauakademie, dann den Schmuck der Berliner Sternwarte, der Potsdamer Nikolaikirche und die Brunnengruppe in Charlottenhof. 1830 erhielt August Kiss den Ruf als Ziselierlehrer am Gewerbeinstitut und wurde 1837 Mitglied der Akademie. Um diese Zeit modellierte Kiss eine reitende Amazone, die von einem Panther angefallen wird. Schinkel und Beuth ermutigten ihn, diesen Entwurf für die Wange des Alten Museums als großes Tonmodell auszuführen. 1839 wurde es ausgestellt und so positiv aufgenommen, daß Berliner Kunstfreunde einen Förderverein für den Guß gründeten. 1842 wurde der Guß vollendet und im nächsten Jahr aufgestellt. Als die Gruppe 1857 auf der Weltausstellung in London gezeigt wurde, erregte sie großes Aufsehen. Vor allem lobte man die Bildung des Pferdes. So erhielt Kiss wichtige Aufträge für Reiterstandbilder: 1841 entstand das Reiterstandbild Friedrichs d. Gr. in Breslau, 1844 das Reiterstandbild König Friedrich Wilhelms III. in Königsberg, 1851 das Standbild des gleichen Königs für Breslau. Für Potsdam schuf er 1845 das Standbild König Friedrich Wilhelms III. und 1850 die Gruppe der Pferde haltenden Kürassiere vor der Gardedukorpskaserne in Potsdam. Die dramatische Bewegung der Amazonengruppe nahm Kiss 1849 in der Gruppe des hl. Michael in Babelsberg und 1855 in der des hl. Georg in Berlin auf. Vor allem war Kiss für seine Standbilder berühmt, mit denen er realistisch anmutende Porträts (wie die der Feldherren von Winterfeldt und Schwerin, das Franz Leopolds II. für Dessau, das des Christian Beuth, aber auch die Grabfiguren von Graf Hans von Königsmarck oder Gräfin Laura Henkel von Donnersmarck) schuf. Aus dem Lehrling der Eisenhütte war ein berühmter Bildhauer geworden, der so viel verdient hatte, daß er der Nationalgalerie eine Stiftung von 300.000 Reichsmark für den Ankauf von Kunstwerken vermachen konnte. August Kiss starb hoch verehrt am 24. März 1865 in Berlin.

Lit.: Allg. Lexikon der bildenden Künstler. Von der Antike bis zur Gegenwart. Hg. von U. Thieme und F. Becker, Leipzig 1926/27 (Nachdruck München 1992), Bd. 20, S. 385–386. Dort weitere Literatur. – Irmgard Wirt: August Kiss. Ein Berliner Bildhauer aus Oberschlesien, in: Schlesien 7 (1962), S. 218–225. – Eva Schmidt: Der preußische Eisenkunstguß, Berlin 1981, insbesondere S. 111–114.

Bild: Kämpfende Amazone mit dem Panther, 1841.

Idis B. Hartmann