Biographie

Klepper, Jochen

Herkunft: Schlesien (Ober- u. Niederschlesien)
Beruf: Schriftsteller
* 22. März 1903 in Beuthen a.d. Oder/ Niederschlesien
† 11. Dezember 1942 in Berlin

In Jochen Klepper hat sich die Bedeutung, die dem evangelischen Pfarrhaus in der deutschen Literaturgeschichte zukommt, erneuert. Es war nicht nur sein Ursprung, sondern es blieb auch maßgeblich für sein Leben und sein dichterisches Schaffen. Das poetisch Wertvollste seines Werkes sind seine eindringlichen, in der besten Tradition des evangelischen Gemeindegesanges stehenden Kirchenlieder (veröffentlicht in dem Band Kyrie. Geistliche Lieder von 1938). In seinem – unvollendet hinterlassenen – Katharina-von-Bora-Roman Das ewige Haus (1951 posthum von Karl Pagel unter dem Titel Die Flucht der Katharina von Bora herausgegeben) wurde ihm schließlich das Pfarrhaus selbst zum Thema. Klepper fühlte in sich die Sendung, das Wirken Gottes in Welt und Geschichte sichtbar zu machen, und diese ließ ihn nach seinem Theologiestudium nicht den Pfarrberuf ergreifen, sondern sich der schreibenden Zunft zugesellen. Er war zunächst in Breslau und dann in Berlin als Mitarbeiter der kirchlichen Presse, für Tageszeitungen, Zeitschriften und für den Rundfunk tätig. Sein Abschiedsgeschenk an Schlesien, dem er väterlicherseits wie mütterlicherseits entstammte, war sein 1933 erschienener mit bezwingendem Lokalkolorit versehener Roman Der Kahn der fröhlichen Leute (1949 auch verfilmt).

Seine ihm mehr und mehr bewußte Aufgabe führte Klepper zum historischen Roman, weil, wie er in seiner Studie Der christliche Roman von 1940 schrieb, im Schicksal geschichtlicher Menschen das Wirken Gottes weniger verschlüsselt sei, als in dem der namenlosen. Der Held seines Hauptwerkes Der Vater (1937) wurde König Friedrich Wilhelm I. von Preußen, der „Soldatenkönig“, der sich zeit seiner Regierung als „Amtmann Gottes“ empfunden hatte. Aus christlichem Pflichtethos und ihm aufgegebenem Leiden an der irdischen Welt gewinnt die Gestalt des Königs in der Darstellung Kleppers menschliches Profil und Größe. Seine Herkunft wie seine enge Bekanntschaft mit dem Preußentum aufgrund seiner intensiven Vorstudien zu seinem Körner-Roman geboten Klepper gegenüber der weltlichen Obrigkeit unbedingte Loyalität, woran die Tatsache zunächst nichts änderte, daß ihm diese in der Gestalt des nationalsozialistischen Regimes gegenübertrat. Andererseits aber schieden ihn das Preußentum und die Bekanntschaft wie Freundschaft mit Angehörigen des geistigen Widerstandes, so vor allem mit dem seinem Werk besonders nahestehenden Reinhold Schneider, vom Nationalsozialismus. Dieser wurde Klepper dadurch zum Schicksal, daß seine Ehefrau Hanni, geborene Gerstel, jüdischer Abkunft war und er die amtliche Zumutung, sich von ihr scheiden zu lassen, von sich wies. Bereits 1933 verlor er seine Stellung beim Rundfunk, 1935 wurde ihm seine Tätigkeit für den Ullstein-Verlag, die er statt dessen aufgenommen hatte, unmöglich gemacht, 1937 sah er sich durch den Ausschluß aus der Reichsschrifttumskammer in der ihm verbleibenden Existenz eines freien Schriftstellers auf das massivste behindert; eine Sondergenehmigung der Fortführung seiner schriftstellerischen Tätigkeit setzte ihn Kontrollen und Schikanen aus. Aus dem Dienst in der Wehrmacht, der ihn 1941 nach Rußland führte (Überwindung, Tagebücher und Aufzeichnungen aus dem Kriege, 1958 herausgegeben von seiner Schwester Hildegard Klepper), wurde er nach einem knappen Jahr wegen „Wehrunwürdigkeit“ entlassen.

Kleppers Lage gestaltete sich vollends dadurch verzweifelt, daß er zwei jüdische Stieftöchter hatte, deren ältere noch vor dem Krieg ins Ausland gebracht worden war, während für die jüngere keine Ausreiseerlaubnis mehr erwirkt werden konnte. Als die Deportation dieses Kindes bevorstand, schied Klepper mit seiner Familie aus eigenem Entschluß aus dem Leben. Sein umfangreiches Tagebuch (Aus den Tagebüchern der Jahre 1932 bis 1942, mit einem Geleitwort von Reinhold Schneider, herausgegeben von Hildegard Klepper, 21970), das auch die Auseinandersetzung des Christen Klepper mit dem Problem des Selbstmordes spiegelt, trägt, gleich einem Motto seines Lebens, den Titel: Unter dem Schatten deiner Flügel. Auf dem Friedhof in Berlin-Nikolassee (Kirchweg) ist Jochen Klepper mit Frau und Kind begraben.

Weitere Werke: In tormentis pinxit. Die Briefe und Bilder des Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm L, König von Preußen, Stuttgart und Berlin 1938. – Der König und die Stillen im Lande. Begegnungen Friedrich Wilhelms I. mit August Hermann Francke, Gotthilf August Francke, Johann Anastasius Freylinghausen und Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf. Stuttgart und Berlin 1938. – Nachspiel. Erzählungen, Aufsätze, Gedichte, hrsg. von K. Ihlenfeld. Stuttgart und Berlin 1960.

Lit.: Waltraut Ingeborg Sauer-Geppert: Jochen Klepper. In: Neue deutsche Biographie 12 (1980). Dort weiteres.

Bild: Stiftung Mitteldeutscher Kulturrat.