Biographie

Kopisch, August

Herkunft: Schlesien (Ober- u. Niederschlesien)
Beruf: Dichter, Maler
* 26. Mai 1799 in Breslau
† 6. Februar 1853 in Berlin

Überlebt hat August Kopisch lediglich seine Geister-BalladeDie Heinzelmännchen zu Köln. Anspruchsvollere Reiseführer erwähnen auch die Entdeckung der “blauen Grotte” auf Capri, die ihm und dem Heidelberger Maler Ernst Fries 1826 gelungen ist. Das sensationelle Ereignis seines nicht überlangen Lebens! Ansonsten bleiben Person und Schaffen unspektakulär. So teilt denn auch Kopisch mit zahlreichen Kulturschaffenden der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts das Schicksal, kollektiver Vergeßlichkeit anheimzufallen. Zu Unrecht, wie ein auch nur vorläufiger Blick auf Leben und Werk des mehrseitig begabten Schlesiers zeigt.

Einer angesehenen Kaufmannsfamilie entstammend, besuchte Kopisch das Magdalenengymnasium in Breslau unter dem Rektorat des namhaften Historikers und Übersetzers klassischer Dichtung Johann Kaspar Friedrich Manso (1760-1826). Über ihn notiert Eichendorff in seinen Tagebüchern unter dem 27. Oktober 1804: “Lernte ich den H. Prof. Manso kennen, indem wir sich nemlich bey ihm die Erlaubniß ausbaten, seine Vorlesungen über Horatz, Virgil, Herodot u. Sophocles besuchen zu dürfen.” Und am 14. November hat er “Der ersten Vorlesung des H. Proff. Mansos über Sophocles Oedip beygewohnt.” Kopisch verließ jedoch das von dem berühmten Professor geleitete Gymnasium ohne Matura und begann 1815 an der Prager Kunstakademie ein reguläres Studium, führte es bis 1819 in Wien fort, anschließend in Breslau. Ein Wechsel an die Dresdener Akademie 1821 förderte nicht nur sein Malstudium, sondern brachte ihn auch in Kontakt mit dem Dresdener Romantikerkreis um Ludwig Tieck. Eine Verletzung der rechten Hand beim Schlittschuhlaufen im Winter 1821/22 beeinträchtigte den Maler Kopisch nicht unwesentlich. Nun trat der Dichter in den Vordergrund. Anregungen zu volkstümlichen Liedern hatte er unter anderem bereits in Wien durch Wuk Stephanowitsch, den Sammler serbischer Volkslieder, empfangen und zu seinen geselligen Gedichten vor allem im Dresdener Tieck-Kreis.

In welchem Umfang Kopisch an maßgeblichen, die einzelnen Künste übergreifenden Bestrebungen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts partizipierte, erhellt seine Italienreise, die ihn im Frühjahr 1824 über Prag, Nürnberg, München, Straßburg, Lyon, Nizza und Florenz nach Rom führte. Hier lernte er bei den Deutschrömern die Nazarener-Malerei kennen. Von 1826 bis 1829 kam es in Neapel zur Bekanntschaft und zeitweiligen Freundschaft mit August Graf von Platen (1796-1835).

Die Platen-Freundschaft, die noch einer zeitgemäßen Darstellung harrt, muß zu den wichtigsten Ereignissen in Kopischs Leben gezählt werden; desgleichen die Begegnung mit dem preußischen Kronprinzen und späteren König Friedrich Wilhelm IV. im Herbst 1828 in Neapel. Nachdem Kopisch 1833 nach Berlin gezogen war, berief ihn der König 1840 zum Kunstbeirat und Maler beim Hofmarschallamt, setzte ihm 1841 eine Jahrespension aus und schuf damit die Voraussetzungen für die Entfaltung seiner vielfältigen Talente. Unter anderem übersetzte Kopisch 1842 Dantes Divina Commedia, ließ sich den “Berliner Schnellofen” patentieren und schrieb im Auftrag des Königs ein Buch über Die königlichen Schlösser und Gärten zu Potsdam von der Zeit ihrer Gründung bis zum Jahre 1852. Kopischs Loyalität zu Friedrich Wilhelm IV. erwies sich nicht zuletzt in den Revolutionsjahren 1848/49. Ein Jahr zuvor hatte er seinen Wohnsitz im Gärtnerhaus des Parks von Sanssouci genommen. Als Gelegenheitsdichter (hoher Anlässe) und Vortragskünstler in den zeittypischen Salons war Kopisch, der sich überdies der Gunst Alexander von Humboldts erfreute, eine vielgefragte Autorität. Seine Gemälde (größtenteils Porträts und Landschaftsmalerei) sind überwiegend in den Schlössern zu Berlin und Potsdam sowie in der Berliner Nationalgalerie zu sehen.

Die Namen Tiecks, Platens, der Deutschrömer oder Alexander von Humboldts signalisieren, daß Kopisch mit den wesentlichen künstlerischen Tendenzen seines Zeitalters in Berührung gekommen ist. In Neapel begegnete er durch die Bekanntschaft mit Gaetano Donizetti auch der Musik, insbesondere der europaweit faszinierenden Welt der Oper.

Vielgestaltig ist das dichterische Werk Kopischs. Mit Ausnahme des Romans hat er in allen literarischen Gattungen produziert. Den breitesten Raum nehmen die Lieder ein, worunter zu Lebzeiten des Dichters seine Gelegenheitsgedichte am beliebtesten waren. Heute charakterisiert die Anlaßpoesie zu markanten politischen Ereignissen das Dichterselbstverständnis Kopischs wohl noch aufschlußreicher. Wie fast jeder Dichter der Zeit nimmt auch der Favorit des Preußenkönigs zu den Vorgängen der Jahre 1848/1849 Stellung. (Ein Vergleich mit dem letzten Gedichtzyklus des alten Eichendorff mit dem lapidaren Titel 1848 zeigt dessen reflektiertere Position und stringentere formale Fassung). Unter der ÜberschriftIm Jahre 1848 heißt es bei Kopisch:

 

Nimm nicht Parthei mein Lied, nein, höher schwebe,

Laß tief zu Füßen der Arachne Webe

Und preis in sel’ger Freiheit nur das Schöne

Durch deine Töne.

 

Leicht wär’ es widersenden spitze Pfeile

Auf deine Feinde; doch es hat nicht Eile:

Sie fallen unbekämpft mit scheelem Blicke

In eigne Stricke!

 

Was in den Wald sie schreien, hall’ nicht wieder,

Berühre Keinen, Zauberstab der Lieder!

Und wolle nicht, die alles Schönen lachen,

Unsterblich machen.

 

So ließ sich wohl nur vom Gartenhaus in Sanssouci aus und als wohldotierter königlicher Pensionär auf die Achtundvierziger dichten, wie nicht zum wenigsten der Blick auf den konservativen Eichendorff zum gleichen Thema erweist. Neben den “Geister”-Gedichten à la Die Heinzelmännchen zu Köln sind vor allem die Agrumi, Volksdichtungen aus Italien, halbwegs in Erinnerung geblieben.– Kopischs Dramen, darunter die “Tragödie in fünf Akten”Chrimhild, könnten bei dem gerade anhebenden Forschungsinteresse für das romantische Drama wieder von Bedeutung werden. Nicht übersehen werden sollte, daß Paul Heyse in seine repräsentative AnthologieDeutscher Novellenschatz Kopischs Novelle Ein Karnevalsfest auf Ischia aufgenommen hat.

Werke: August Kopisch: Gesammelte Werke. 5 Bände. Geordnet und herausgegeben von Freundes Hand (= C. Bötticher). Berlin, Weidmannsche Buchhandlung 1856. – Geistergedichte, Schwänke und Balladen. Hg. von M. Landmann. 1960. – Die Heinzelmännchen zu Köln. Mit farbigen Illustrationen von Rolf Köhler. Frankfurt/Main 1989 (= it 2025).

Lit.: P. Bornefeld: August Kopisch. Sein Leben und seine Werke. Diss. Münster 1912. – E. Scheyer: Schlesische Malerei der Biedermeierzeit. 1965.

Bild: Bergstadtverlag Wilhelm Gottl. Korn Würzburg.

 

Walter Dimter