Biographie

Krusenstern, Adam Johann von

Herkunft: Baltikum (Estland, Lettland, Litauen)
Beruf: Entdecker
* 19. November 1770 in Haggud/Estland
† 24. August 1846 in Schloß Ass/Estland

Adam Johann von Krusenstern war das achte Kind eines estländischen Landedelmannes, der seine militärische Karriere bereits als Fähnrich hatte beenden müssen, um nach des Vaters Tode das durch Krieg und mehr als zwanzigjährige Kriegsgefangenschaft heruntergekommene Familiengut zu bewirtschaften. Doch an der Ausbildung der Kinder wurde nicht gespart.Nach zunächst häuslichem Unterricht kamen Adam Johannund seinälterer Bruder 1782 auf die Ritter- und Domschule nach Reval.

1785 wurde Krusenstern Seekadett in Kronstadt auf der Petersburg vorgelagerten Insel Kotlin. Die Anstalt war zu dieser Zeit in jeder Hinsicht verkommen. Die Gebäude waren verfallen. Daher lebten die Lehrkräfte zum großen Teil in der Hauptstadt und kamen nur gelegentlich zum Unterricht auf die Insel. Dennoch erhielt Rußland aus dieser Schule manchen guten Nachwuchsoffizier. Krusenstern war der einzige Deutsche in seinem Lehrgang. Daß er etwas älter als seine Kameraden war, verhalf ihm zu gewissem Ansehen. In seiner Ausbildungszeit kam es nur zu einer einzigen Übungsfahrt. Dabei las Krusenstern ein Buch über den Seefahrer Bering (1680-1741). Das beeindruckte einen seiner Kameraden so sehr, daß er es in seinem Tagebuch notierte.

Üblicherweise dauerte die Kadettenzeit sechs Jahre. Doch verursachten die Kriege Rußlands mit der Türkei (1787-92) und mit Schweden (1788-90) einen hohen Bedarf an Offizieren. So wurden im Mai 1787 142 Kadetten zu Grandemarins (=Unterleutnanten) befördert – unter ihnen auch Krusenstern. Und 1788 wurde er nach nur dreieinhalb Jahren Dienstzeit zur Kriegsmarine versetzt und der „Mstislaw“ zugeteilt, deren Kapitän den aufgeweckten jungen Mann förderte. Nach einem Gefecht mit den Schweden wurde Krusenstern wegen Tapferkeit vor dem Feinde zum Leutnant befördert. Das Schiff war so stark beschädigt, daß eine längere Liegezeit in Kronstadt folgte. Krusenstern mußte zum Garnisonsdienst nach Reval. Diese Zeit nutzte er, um sich in Latein, Englisch, Französisch, Geographie und Astronomie weiterzubilden.

1793 bis 99 wurde Krusenstern gemeinsam mit elf weiteren Offizieren zur weiteren Ausbildung nach England abkommandiert. Dabei lernte er England kennen und die Gewässer östlich von Amerika. Als das Schiff für mehrere Monate im Hafen lag, bereiste er die USA. Fahrten auf englischen Schiffen führten ihn auch nach Südafrika, Vorder- und Hinter-Indien und China. Dabei nutzte er jede Gelegenheit, sich Fachliteratur und Kartenwerke zu beschaffen. Denn schon seit seiner Kadettenzeit träumte er von Forschungsreisen. Sein Ziel war es, einen Seeweg zu den ostasiatischen Besitzungen Rußlands und nach Alaska zu finden, der schneller und sicherer sein sollte als die 1200 Kilometer Landweg, für die man damals drei Jahre brauchte.

Nach seiner Rückkehr nach Rußland erhielt Krusenstern einen längeren Urlaub, den er für die Abfassung einer Denkschrift zu der ihm vorschwebenden Forschungsreise verwandte. Doch inzwischen war Katharina II. verstorben; ihr Nachfolger Paul I. aber war an derlei Unternehmungen uninteressiert. Erst nach abermaligem Thronwechsel 1801 gelang es, die Expedition in Angriff zu nehmen. Es wurden zwei Schiffe „Nadeshda“ (= Hoffnung) mit 450 Tonnen und „Newa“ mit 370 Tonnen Wasserverdrängung ausgerüstet. Krusenstern kümmerte sich um alles selbst. Er erreichte es, daß von den 139 Expeditionsteilnehmern keiner verunglückte oder an Skorbut respektive Malaria erkrankte. Nur ein schon krank an Bord gekommener Koch für die Gesandtschaft in Japan starb unterwegs. Im August 1803 stachen die Schiffe zur ersten russischen Weltumseglung, die vor allem an die Küsten Süd- und Ostasiens führte, in See und kehrten im August 1806 nach Kronstadt zurück. Die politischen Schwierigkeiten der Reise und die Widrigkeiten der Natur schildert Ewert von Krusenstern in seinem Buch Weltumsegler und Wissenschaftler Adam Johann von Krusenstern 1770-1846 sehr anschaulich anhand der umfangreichen Veröffentlichungen Krusensterns in deutscher, russischer, französischer und englischer Sprache und aufgrund der zahlreichen Literatur über ihn. Es werden 35, teils mehrbändige Veröffentlichungen des Weltumseglers aufgezählt.

Krusenstern hatte sich einen so guten Ruf als Fachmann erworben, daß ihm Wissenschaftler aus aller Herren Länder ihre Arbeiten zuschickten. So vermochte er, obwohl er selbst nicht mehr reisen konnte, sein Bild von den Weltmeeren zu ergänzen und damit anderen Forschungsreisenden zu helfen. Er hat über 30 Weltumsegelungen im Auftrage Rußlands mitorganisiert. Und über 30 seiner deutsch-baltischen Landsleute haben im vorigen Jahrhundert im Auftrage Rußlands an Forschungsreisen teilgenommen, darunter Krusensterns Sohn Paul und seine Neffen August von Bistram, Moritz und Otto von Kotzebue.

Außer seiner Forscher- und Beratertätigkeit lehrte Krusenstern 31 Jahre hindurch am Seekadettencorps in Kronstadt, davon 15 Jahre als dessen Direktor. In dieser Zeit wurde die Anstalt zu einer humanen und hervorragenden wissenschaftlichen Einrichtung entwickelt. Besonders Kaiser Nikolai I. interessierte sich für diese Veränderungen. Es wird berichtet, daß er über Jahre hinweg fast jede Woche nach Kronstadt kam. Krusenstern wurde zwar spät zum Admiral befördert, aber er war Inhaber aller Orden Rußlands, Mitglied der Akademie der Wissenschaften Rußlands und zahlreicher ausländischer Akademien, Dr.h.c. der Universität Dorpat, Inhaber des Pour le Mérite –  Friedensklasse und erhielt zahlreiche weitere Auszeichnungen. Nach ihm wurden benannt: eine Seestraße, zwei Kaps, drei Inseln, ein Berg, eine Bay. Sein Standbild von I.N. Schröder steht heute noch in St. Petersburg. Die Sowjetunion benannte ihr Schulschiff nach Krusenstern.