Biographie

Kühn, Heinrich

Herkunft: Ostpreußen
Beruf: Naturwissenschaftler
* 19. November 1690 in Königsberg i.Pr.
† 6. August 1769 in Danzig

Heinrich Kühn oder Kuehn war ein angesehener Mathematiker und Naturwissenschaftler am Akademischen Gymnasium in Danzig, der die europäische Verbundenheit der damaligen Gelehrten untereinander beispielhaft verkörperte.

Er wurde am 19. November 1690 in Königsberg geboren, wo er auch ab 1707 die Universität besuchte. Er ging anschließend zum juristischen Studium nach Halle, das er am 18.3.1717 mit der Promotionabschloß. Im gleichen Jahr reiste er wieder nach Königsberg zurück und studierte dort Mathematik und Physik. Seit 1733 war er als Professor für Mathematik an dem bedeutenden Danziger Akademischen Gymnasium tätig, das bereits 1558 gegründet worden war und fast den Rang einer Universität inne hatte. Seine ersten Veröffentlichungen lagen auf dem Gebiet der Physik, der physikalischen Geographie und der Astronomie. In Danzig entfaltete Kühn eine rege und langjährige wissenschaftliche Tätigkeit. Von1735 bis 1770 war er Herausgeber und Autor des Danziger Haus- und Geschichtskalenders. Für seine viel diskutierte Schrift „Vernünftige Gedanken über den Ursprung der Quellen und des Grundwassers" erhielt er schon 1741 den Preis der Sozietät der Wissenschaften von Bordeaux, sie wurde fünf Jahre später in lateinischer, deutscher und französischer Sprache gedruckt.

Heinrich Kühn gehörte mit Klein, Gralath und Hanow zu den neun Gründungsmitgliedern der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig am 2. Januar 1743. In dieser Tatsache zeigt sich seine moderne Einstellung und sein wissenschaftsorganisatorischer Weitblick, denn die Danziger Sozietät war eine der ältesten ihrer Art. Im Band I der „Versuche und Abhandlungen" dieser Gesellschaft veröffentlichte er fünf Arbeiten über physikalische und astronomische Themen, darunter beschrieb er die Konstruktion einer Waage mit besonders großer Empfindlichkeit und einen über 300 m langen Apparat, um das Gefälle eines Flusses genau zu messen. Er war einer der ersten Operatoren einer Klasse der Naturforschenden Gesellschaft, d. h. er mußte Vorträge halten und Versuche vorführen, und im Jahre 1748 ihr vierter Direktor, zog sich dann aber mehr und mehr zurück. In seiner eher obskuren Abhandlung über die Entstehung von Ebbe und Flut setzt er sich in Gegensatz zur Mondanziehungstheorie von Newton.

Seine drei letzten Arbeiten erweisen ihn als bedeutenden Mathematiker. Im Jahre 1756 veröffentlichte er in den Schriften der Petersburger Akademie der Wissenschaften eine Methode, um die Multiplikationsregeln für reelle und imaginäre Zahlen geometrisch zu erklären. Kühn fand mit dieser geometrischen Darstellung zunächst wenig Zustimmung, doch erkannte der Italiener Ferroni seine Bedeutung, und seit den Arbeiten eines Gauss (1777-1855) und Argand gilt Kühn als Entdecker dieser Darstellung in der Geschichte der Mathematik.

Heinrich Kühn war Auswärtiges Mitglied der Petersburger Akademie der Wissenschaften. Er starb am 6. August 1769 (einige Quellen nennen auch den 8. Oktober) in Danzig. Acht Jahre später gedenkt Johann Bernoulli dieses Mannes anläßlich seiner Reise nach Danzig, um die dortigen Naturwissenschaftler kennenzulernen und ihre Sammlungen zu besichtigen.

Schriften von Heinrich Kühn (1690-1769) in Danzig: 1717 Diss. sust. emendationem administrationis justitiae. Halle (Salfeld), 78 Seiten; 1746 Meditationes de origine fontium, et aquae putealis, aliisque affinis argumenti problematibus, oder Vernünftige Gedanken über den Ursprung der Quellen, und des Grund-Wassers, auch von anderen damit verknüpften Sachen. Den Liebhabern der Wahrheit mitgetheilet. Aus der Lateinischen in die deutsche Sprache übersetzt, und mit dienlichen Beysätzen vermehret… vom Verfasser. Berlin, Leipzig und Danzig. l Abb., 2Tab. (Haude u. Spener);1747 Versuche und Abhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft: Band l: Ausführliche Beschreibung einer neuen und vollkommeneren Art von Waagen. Beschreibung einer neuen Maschine zum Wasserwägen. Gedanken von Subtilität und Sichtbarkeit der Luft. Von der eigentlichen Beschaffenheit der Sonnen-Flecken, und wie ihre Entfernung von der Sonnen-Fläche zu finden. Von dem wahren Ursprung derCometen-Schweife; 1756 Band 3: Untersuchung der natürlichen Ursachen von der Ebbe und Fluth.Danzig, 1756; 1756 Meditationes de quantitatibus imaginariis construendis et radicibus imagmariisexhibendis.In: Novi commentarii Ac. sc. Petropolitanae, 3. Band, 1756 (20 Bände,1750/76); 1771 Tentamen de aequationibus cubicis quibuscunque perfecte resolvendis. Posthum, Danzig.Annotationes ad Euleri institutiones calculi differentialis.

Lit.: Poggendorf, Handwörterbuch, Band l, Spalten 1324/25. (1863). Altpreußische Biographien, Band l S. 373. Johann Bernoulli: Reisen durch…, 1. Band. Leipzig 1779. E. Schumann: Festschrift zur Feier des 150-jährigen Bestehens der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig. Danzig, 1893.