Biographie

Kuhn von Kuhnenfeld, Franz Freiherr

Herkunft: Sudeten (Böhmen u. Mähren, österr. Schlesien)
Beruf: Feldzugmeister und Reichs-Kriegsminister
* 25. Juli 1817 in Proßnitz/ Mähren
† 25. Mai 1896 in Strassoldo/ Friaul

Das südlich der alten mährischen Hauptstadt Olmütz gelegene Proßnitz stand zwar meist im Schatten von Olmütz, schenkte aber der ostdeutschen Kultur viele bedeutende Männer und Frauen. Viele waren Juden, denn Proßnitz galt als „Mährisches Jerusalem“ bzw. als „Hanakisches Jerusalem“, da es in der Hana-Ebene liegt. Neben jüdischen Gelehrten und Künstlern sind auch Nichtjuden zu nennen wie der Dichter und Offizier Wenzel Messenhauser und der Reichskriegsminister Franz Kuhn von Kuhnenfeld.

Franz Kuhn wurde am 25. Juli 1817 als Sohn eines Offiziers geboren, der sich in den Napoleonischen Kriegen ausgezeichnet hatte. Kuhn absolvierte in Wien die Theresianische Militärakademie und kam 1837 als Unterleutnant zum Infanterieregiment „Kaiser“ Nr. 1, wo er sechs Jahre als Leutnant diente und dann als Oberleutnant in den Generalstab aufrückte. Im europäischen Revolutionsjahr 1848 kämpfte er in der Armee Radetzkys in allen Schlachten bis zur Rückeroberung Mailands und zeichnete sich bei Custozza ebenso aus wie 1849 gegen die Armee von Piemont.

Kuhn erhielt damals das Eiserne Kreuz, das Militärverdienstkreuz und das Ritterkreuz des Militär-Maria-Theresia-Ordens, der mit der Erhebung in den Freiherrenstand verbunden war. Papst Pius IX., dessen Soldaten bei Vicenza 1848 noch gegen den Kaiser kämpften, verlieh ihm den St. Georgs-Orden. 1849 wurde Kuhn zum Major befördert und wurde 1856 als Oberstleutnant Professor für Strategie und Kriegsgeschichte an der Kriegsschule.

Kuhn beherrschte Italienisch und Französisch und auch etwas Englisch, Tschechisch, Ungarisch und Russisch. Noch als Professor wurde er 1857 Oberst und erhielt im bevorstehenden Krieg gegen Piemont und Frankreich die Aufgabe, als Generalstabchef der Armee in der Lombardei, die vom Feldzugmeister Graf Gyulay befehligt wurde, den Kriegsplan auszuarbeiten. Sein Plan, möglichst rasch die Piemontesen zu schlagen und dann bei Turin die Franzosen zu erwarten, wurde nicht umgesetzt, da Gyulay mehrfach zauderte und Kuhns Angriffspläne nicht erlaubte. Als der Kaiser dann selber den Oberbefehl übernahm, war es zu spät. Die verlorene Schlacht bei Solferino brachte den Verlust der Lombardei.

1860 übernahm Kuhn das Kommando in Trient und wurde 1862 zum Generalmajor ernannt. Im Zweifrontenkrieg, der Österreich 1866 aufgezwungen wurde, verteidigte Kuhn mit nur 10.000 Mann erfolgreich Tirol durch erfolgreiche Angriffe gegen die vierfach zahlenmäßig stärkeren italienischen Streitkräfte. Für seine Bravourleistung der Verteidigung Südtirols bekam Kuhn das Kommandeur-Kreuz des Theresienordens und wurde Feldmarschallleutnant.

Der verlorene Krieg gegen Preußen 1866, der Ausgleich mit Ungarn und die Schaffung des Doppelstaates Österreich-Ungarn 1867 riefen nach einer Neuorganisation der Armee. So wurde Kuhn am 18. Januar 1868 Reichskriegsminister. Unter immensen Schwierigkeiten setzte Kuhn ein neues Wehrgesetz durch, das bis 1912 gültig blieb. Als 1870 der Krieg Preußens mit Frankreich ausbrach, plädierte Kuhn für die Mobilmachung Österreichs, aber die preußischen Siege dämpften jede Kriegslust Wiens. 1871 wurde unter Kuhn die alte Militärgrenze aus der Türkenzeit aufgelöst, die bis dadurch noch unter militärischer Verwaltung gestanden hatte und nun der Zivilverwaltung unterstellt wurde.

In dieser Zeit veröffentlichte Kuhn eine Reihe von Publikationen wie die Broschüre Über Reorganisation der Militär-Bildungsanstalten oder Betrachtungen über die Operationen der französischen Ost-, West- und Nordarmee im Jänner 1871, aus denen zu entnehmen ist, dass ihm der Sieg Frankreichs ein Anliegen war. In seiner klassischen Studie Der Gebirgskrieg schöpfte er aus seinen Erfahrungen bei der Verteidigung Südtirols im Jahre 1866. Seine Hinweise und Forderungen in diesem Werk setzte der Generalstab durch. Sie waren Grundlage der Verteidigung Südtirols im Ersten Weltkrieg.

Rudolf Kiszling hebt in seinem Beitrag im Band XIII der Großen Österreicher „Kuhns Kriegstaten und seine Verdienste um die alte K. u. K. Armee, insbesondere sein segensreiches, fruchtbares und zielstrebiges Wirken als Reichskriegsminister zur Hebung des militärischen, geistigen und technischen Niveau des Heeres“ hervor.

Seit 1874 war Kuhn als Feldzeugmeister Kommandierender General in Graz. Kaiser Franz Joseph entband ihn 1888 von diesem Amt in Graz und versetzte ihn in den „disponiblen Stand“, d.h. er war im Ruhestand, aber er wurde nicht pensioniert, sondern er hätte bei Kriegsgefahr auch eine Armee befehligen können. Kuhn starb 1896 auf seinem Landgut bei Strassoldo im 80. Lebensjahr und ruht in der Familiengruft in Strassoldo.

Lit.: Wurzbach, in: BLKÖ, Band 13. – H. Ritter von Srbik, Aus Österreichs Vergangenheit. Von Prinz Eugen zu Franz Joseph, Salzburg 1949. – R. Kissling, Feldzeugmeister Franz Freiherr Kuhn von Kuhnenfeld, in: Große Österreicher. Neue Österreichische Biographie ab 1819, Band XIII, Wien 1959, S. 55-63.

Bild: Wikipedia Commons/ Gemeinfrei.

Rudolf Grulich