Biographie

Kumher, Franz

Herkunft: Banat
Beruf: Bildender Künstler, Lichtkinetiker, Pädagoge
* 16. Juli 1927 in Orawitza/Banat

Im Alter von 17 Jahren wurde Franz Kumher, Schüler des Deutschen Gymnasiums in Temeschvar im rumänischen Banat, von den Russen verschleppt und zur Zwangsarbeit im Lager Saporoshje/Ukraine verurteilt. Grund hierfür war allein, dass er, wie seine Landsleute, die Banater Schwaben, der deutschen Minderheit in Rumänien angehörte und sich zur deutschen Muttersprache bekannte. Er überstand die schwere Arbeit, den Hunger und die unsäglichen Strapazen im Lager, wurde nicht wie viele seiner Kameraden deren Opfer und kam – Glück im Unglück – im Herbst 1946 mit einem Krankentransport zwar nicht in seine Heimat zurück, aber immerhin in die Freiheit. Nach Heiligenstadt in der damaligen sowjetischen Besatzungszone wurde er entlassen. Nach wenigen Monaten übersiedelte er in die britische Besatzungszone (Kreis Einbeck).

1948-1950 studierte Kumher an der Pädagogischen Hochschule zu Alfeld/Leine das Wahlfach Bildende Kunst bei Prof. Kurt Schwerdtfeger, Absolvent des Bauhauses in Weimar. In den folgenden Jahren setzte er seine Studien an der Werkkunstschule Hannover und an der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg (Professoren Heinz Trökes, Paul Wunderlich und Karl Kluth) fort. Nebenbei belegte er an der dortigen Universität Kunstgeschichte, Germanistik und Pädagogik. Seine berufliche Tätigkeit begann nach Episoden als Assistent an der Pädagogischen Hochschule sowie Lehrer an Volksschulen und Gymnasien 1963 als Professor an der Pädagogischen Hochschule Hildesheim und endete 1992 mit seiner Emeritierung.

Neben diesen Berufen blieb ihm genügend Zeit für sein künstlerisches Schaffen, für Studienaufenthalte in Österreich, Italien, der Schweiz, den Niederlanden, England, Spanien, Portugal und Frankreich.

Auch seine Einzelausstellungen und Beteiligungen an Gruppenausstellungen sind zahlreich; in Deutschland von Hamburg und Cuxhaven bis München, im übrigen Europa in England, Italien, Frankreich, Litauen, Ungarn, Griechenland bis nach Rumänien in seiner alten Heimat, dem Banat: Temeschvar, Reschitza und Orawitza, wo Kumher am 16. Juli 1927 das Licht der Welt erblickt hatte.

Im Jahre 2005 stellte er zum zweiten Mal im Gehart-Hauptmann-Haus in Düsseldorf aus. Nach der Begrüßungsrede des Direktors des Hauses, Dr. Walter Engel, ergriff der Künstler das Wort und erläuterte:„In meiner Ausstellung geht es um die Entwicklung neuer BILD-ZEICHEN, welche die Vergangenheit mit der Gegenwart und der Zukunft verbinden. Zu meinen Anliegen – die sich auch in meinen Bildern zeigen – gehören die Erinnerungen an meine alte Heimat, die Spurensuche nach der Vergangenheit, die Auseinandersetzung mit den Problemen der Gegenwart – im Rahmen der deutschen und europäischen Kultur – und die Weichenstellung für die Zukunft. … Es geht darum, die Weichen für eine bessere Zukunft, für eine Zukunft voller Hoffnung zu stellen.“

Franz Kumher wurde als Künstler des technischen Zeitalters bezeichnet. Seine Jugend verbrachte er im Banater Eisen- und Industriegebiet. Die Technik – so Kumher – sei immer bestimmend für sein Leben gewesen und er finde alle industrieellen Erscheinungsformen interessant, z.B. Automaten, Apparaturen, Raumschiffe, Schrifttafeln, Radios, Maschinen, Roboter. Diese sind Motive seiner Kunst. Freilich handelt es sich nicht um realistische Abbildungen, sondern um Kompositionen meist symbolischen Charakters. Vor Industrielandschaften entstehen Skizzen, die er in Malerei (Acryl, Tempera, Mischtechnik) und Grafik (Radierung, Lithographie) umsetzt. Wie der Künstler bekennt, ist seine alte Heimat in viele seiner Bilder integriert. Aber auch in den Gassen Venedigs und Amsterdams wanderte er mit offenen Augen und war von den malerischen Häuserfronten sehr beeindruckt.

Ein weiteres Gebiet neben seinen Tätigkeiten als Professor und als freier Künstler ist sein ehrenamtliches Engagement. Er hat die Menschlichkeit, die ihm begegnete, als er aus der russischen Zwangsarbeit entlassen wurde und nun mittellos fern der Heimat dastand, nicht vergessen, gedenkt immer noch der Hilfe, die ihm von fremden Menschen zuteil wurde. Aus eigener Erfahrung kann er gut nachfühlen, wie es um jene steht, die ihre Heimat verloren haben. Genannt seien einige seiner ehrenamtlichen Tätigkeiten, vorwiegend im Dienste seiner Kollegen, die aus dem Osten stammten: Vizepräsident im Kulturverband der Banater Deutschen (München), Förderer des Kulturforums der Banater Berglanddeutschen in Reschitza, Mitglied des Stiftungsrates des Museums Ostdeutsche Galerie Regensburg, Erster Vorsitzender des Landesverbandes Niedersachsen der Künstlergilde, des Verbandes ostdeutscher Kulturschaffender, Mitglied des Südostdeutschen Kulturwerkes (München), Vorstandsmitglied und Schriftführer des Landesverbands der Niedersachsen des Bundes Bildender Künstler (Hannover), Mitarbeiter im Gerhart-Hauptmann-Haus zu Düsseldorf u.a.

Kumhers Werk konnte man in ungezählten periodischen Ausstellungen im In- und Ausland bewundern. Im ständigen Besitz befinden sich seine Gemälde und Grafiken in Museen, Universitäten, Bibliotheken und anderen Kulturinstituten von Paris (Nationabibliothek) bis Salzburg (Mozarteum) und Wien (ÖsterreichischeNationalbibliothek) und dem rumänischen Temeschvar (Adam Müller-Guttenbrunn-Haus) sowie in Düsseldorf, Cuxhaven, Frankfurt/M., Lingen/Ems, Clausthal, Esslingen, Hannover, Regensburg, Göttingen, Hildesheim.

Natürlich blieben die Auszeichnungen nicht aus. Genannt seien: Donauschwäbischer Kulturpreis des Landes Baden-Württemberg, Preis Municipal Art Gallery of Athens, Preis für Lithographie des Landes Salzburg, Österreichischer Rompreis, Grand Prix des Argentinischen National-Komitees,Palme d’Or des Beaux Arts von Monte Carlo sowie das Bundesverdienstkreuz.

Wenn der 80-jährige Professor Franz Kumher seine Gedanken in die ferne Vergangenheit lenkt, wird er den schwärzesten Tag in seinem Leben, seine Verschleppung durch die Russen, nicht vergessen. Doch nach seiner Entlassung aus dem Lager begleiteten ihn „Glück und Gesundheit“, der sprichwörtliche Wunsch seiner rumänischen Landsleute, sein erfülltes Leben bis zu seinen erfolgreichen Tätigkeiten als beliebter Pädagoge und geschätzter Künstler. Und der Dank seiner ehemaligen Studenten und Bewunderer seiner Kunst ist ihm gewiss.

Die Ausstellung zum 80. Geburtstag des Künstlers aus dem Banat beherbergt 100 Exponate (Malerei und Grafik) und findet in Hildesheim statt, wo Prof. Franz Kumher mit seiner Familie lebt.

Lit.:André Ficus, Franz Kumher, Monografie der Künstlergilde, München 1974. – Günter Ott, „Franz Kumher“, in: Künstlerprofile, Düsseldorf 1980. – Heribert Heinrichs, Zu den Bildern von Franz Kumher, Haus des Deutschen Ostens, Düsseldorf 1982. – Manfred Boetzkes/Dieter Lüttge, Franz Kumher – Malerei – Grafik – Lichtkinetik, Hildesheim 1992. – Heribert Heinrichs (Hrsg.), Malerei und Grafik von Franz Kumher, Hildesheim 1999. – Josef Nolte/Klaus Sliwka, Franz Kumher – Bildzeichen, Hildesheim 2002. – Ulrich Kumher (Hrsg.), Beträge zum künstlerischen Werk von Franz Kumher, Hildesheim 2005.

Bild:Privatarchiv des Autors.