Biographie

Kummer, Ferdinand von

Herkunft: Posener Land
Beruf: General der Infanterie
* 11. April 1816 in Szelejewo/Posener Land
† 3. Mai 1900 in Hannover

Das Militär zählte in Preußen zu den nicht sesshaften Beamten. Sie wurden stets versetzt, denn sie sollten keine zu feste Bindung an einen Wohnsitz erhalten. Die Familie Kummer hatte aber einen festen Bezug zum Posener Land, denn sie gehörten nicht dem Adel an.

Ferdinand Rudolf Kummer wurde am 11. April 1816 in Szelejewo im Posener Kreis Kempen (oder Znin; die Zuordnung ist nicht eindeutig) als Sohn des Ferdinand Friedrich Kummer (1787-1835) und der Eva v. Kalinowska (1799-1863) geboren. Sein Vater war königlich preußischer Oberamtmann. Er stamm­­te aus Krojanke (Krajenka, Kr. Flatow) in Westpreußen, aus dem Netzedistrikt, der mit der 1. Teilung Polens (1772) zu Preußen kam. Auch sein Vater Ferdinand Kummer (1750-1832) stand bereits im preußischen Verwaltungsdienst als Domänenrat. Ferdinand d. J. erwarb das Gut Szelejwo und heiratete Hedwig Garbrecht († 1813), mit der er einen Sohn hatte. Nach dem frühen Tod seiner Frau nahm er die polnischstämmige Adelige Eva v. Kalinowska aus Mrotschen (Mroczen Stary, Kr. Kempen), zur Frau.

Sein jüngerer Sohn war für die Militärkarriere vorgesehen. Ferdinand besuchte die Gymnasien in Bromberg (Bydgoszcz) und Posen (Poznań). Am 13. Januar 1834 trat er als Füsilier in das 18. Infanterieregiment der Preußischen Armee ein, das 1. Posen’sche Regiment von Grolman, das seit 1820 in Posen stationiert war.

Nach seiner ersten Ausbildung erhielt Kummer am 12. September 1835 das Offizierspatent mit der Ernennung zum Sekondeleutnant. Er setzte seine Ausbildung fort. Für seinen Vater war bereits die Nobilitierung beantragt worden, kam aber für ihn selber zu spät, da er 1835 verstarb. Seine Söhne wurden am 1. Oktober 1837 in den Adelsstand erhoben, wodurch sich für Kummer der Aufstieg in höhere Ränge ermöglichte.

Seit 1843 bis 1844 war er Adjutant im 2. Bataillon des 18. Landwehrregiments in der Posener Kreisstadt Samter (Szamotuły) und anschließend Generalstabsoffizier einer mobilen Kolonne im Großherzogtum Posen unter dem Kommando von Oberst v. Heister. In dieser Position ermöglichten ihm die kriegerischen Zustände der Revolution von 1848 einen Karrieresprung.

Im Jahr 1848 kam es im Gefolge der Revolution zum polnischen Aufstand im Großherzogtum Posen. Die Regierung in Berlin war paralysiert und sich nicht einig, wie sie handeln sollte. Es gab einander widerstrebende Bewegungen und Anordnungen aus Berlin. Kummer nahm als Premierleutnant (seit 8. Juli 1848) und Generalstabsoffizier an mehreren Gefechten gegen polnische Aufständische teil, am 28. April 1848 an dem Gefecht gegen polnische Insurgenten bei Grätz (Grodzisk Wlkp.). Bis Juni 1848 fungierte er als Reorganisationskommissar unter General Ernst v. Pfuël (1779-1866).

Am 10. April 1849 wurde er zum Vereinigten Armee-Kom­mando versetzt und kam Ende Januar 1850 als Hauptmann zum Großen Generalstab und in den Generalstab des V. Korps in Posen. Seit dem 19. Mai 1855 war er als Major im Generalstab der 10. Division tätig, ehe er dann 1856 der 7. Division zugeteilt wurde und 1857 dem Gardekorps.

Im Jahr 1860 erfolgte mit der Beförderung zum Oberstleutnant die Ernennung zum Chef des Generalstabs des 1. Armee-Korps mit Sitz in Königsberg. Bereits 1861 folgten seine Beförderung zum Oberst und kurz darauf die Ernennung zum Generalstabchef des Gardekorps. Seit Januar 1864 befehligte Kummer als Kommandeur das westpreußische Füsilier-Regiment Nr. 37 in Posen.

Sein nächstes Kommando führte ihn in den Westen Preußens, nach Münster als Kommandeur der 25. Infanterie-Brigade, die er ab 18. Juni 1865 als Generalmajor befehligte.

Am Deutsch-Dänischen Krieg hat er nicht teilgenommen, dann aber am Preußisch-Österreichischen Krieg. Im Jahr 1866 wurde er mit der Mainarmee am Mainfeldzug eingesetzt. Er nahm an den Gefechten bei Kissingen, Aschaffenburg und Gerchsheim teil. Bei Kriegsende erhielt er für seine Leistungen am 20. September 1866 den Orden Pour le Mérite verliehen.

Kummer wurde Brigadekommandeur im Verband der 13. Division. Zwei Jahre später, im Juli 1868, Inspekteur der Besatzung von Mainz im Range eines Divisionskommandeurs, verbunden mit der Ernennung zum Generalleutnant.

Im folgenden Deutsch-Französischen Krieg (1870/71) war er Kommandeur der 3. Reserve-Division. Seit 20. August 1870 war er an der Belagerung von Metz und an der Schlacht bei Noisseville (31. August und 1. September 1870) beteiligt. An den Kämpfen der Schlacht bei Bellevue trug seine Einheit die Hauptlast. Nach der Einnahme von Metz wurde er am 27. Oktober 1870 zu dessen Stadtkommandanten ernannt. Diesen Posten hatte er bis zum 6. November 1870 inne. Seine Landsturmdivision wurde mit dem Abtransport der Gefangenen beauftragt und blieb dann in der Heimat.

Bereits am 27. Oktober 1870 wurde Kummer Kommandeur der 15. Infanteriedivision. Als solcher nahm er an den Schlachten bei Amiens, an der Hallue und bei Bapaume teil. Für seine Verdienste erhielt er am 12. Januar 1871 das Eichenlaub zum Orden Pour le mérite. Es folgte die Teilnahme an der Schlacht bei St. Quentin und im Mai 1871 die Ernennung zum Divisionskommandeur und Kommandeur der Festung Köln. Seit Oktober 1873 übernahm er in Köln auch die Geschäfte des preußischen Gouverneurs.

Am 26. Januar 1875 wurde Kummer zum General der Infanterie mit dem Rang als kommandierender General von den bisherigen Stellungen entbunden und zu den Offizieren von der Armee versetzt. Letztlich folgte seine Stellung zur Disposition am 9. Januar 1877.

Als hochdekorierter Offizier ging Kummer in den Ruhestand. Neben dem Orden Pour le mérite war er seit dem 9. Januar 1877 Träger des Großkreuzes des Roten Adlerordens mit Eichenlaub und Schwertern, nachdem er zuvor schon die Ordensklassen 4 (mit Schwertern, 1848), 3 (mit Schwertern, 1859), 2 (mit Stern, Eichenlaub und Schwertern, 1866) und 1 (mit Eichenlaub und Schwertern am Ringe, 1871) erhalten hatte. Weiterhin erhielt er 1863 den Kronenorden 3. Klasse, das Eiserne Kreuz 1. Klasse, das Dienstauszeichnungskreuz und an ausländischen Auszeichnungen das Großkreuz des königlich Belgischen Leopoldordens, 1865 die Österreichische Eiserne Krone 2. Klasse und die Russische St. Annenmedaille.

Im Ruhestand lebte Kummer in Hannover und schrieb eine Geschichte über die Feldzüge von 1866 und 1870/71.

Kummer hatte am 26. Februar 1838 in Polskawies (Polska Wieś, später Paulsdorf, Kr. Gnesen) die ebenfalls evangelische Henriette Johannes (1817-1892) aus Dziekanowitze (Dziekanowice, Kr. Gnesen) geheiratet und mit ihr zwei Kinder bekommen – eine Tochter und einen Sohn. Seine Familie folgte seinem Vorbild: Sein Schwiegersohn Walter v. Kalckstein (1840-1903) war preußischer Generalmajor und der Sohn Heinrich Ferdinand v. Kummer (1841-1924) preußischer Generalleutnant.

Ferdinand v. Kummer starb an 3. Mai 1900 in Hannover. Er wurde auf dem dortigen Neuen Nikolai-Friedhof beigesetzt.

Lit.: Kummer, Rudolf Ferdinand von, in: Brockhaus Konversations-Lexikon 1894-1896, 10. Band, S. 798. – Joachim Heinrich Balde, Beiträge zu einem Biographischen Lexikon der Deutschen aus dem Raum der Provinz Posen, Herne 2003. – Kurt von Priesdorff, Soldatisches Führertum. Band 7. Hanseatische Verlagsanstalt Hamburg, o. J., S. 275-280.

Bild: Stahlstich von Richard Brend’amour, in: Julius von Pflugk-Harttung (Hrsg.), Krieg und Sieg 1870-71, Berlin 1896.

Martin Sprungala, 2017