Hedwig Lachmann wurde als ältestes von sechs Kindern des Kantors Isaak Lachmann (1838-1900) und seiner Frau Wilhelmine Wohlgemuth (1841-1917) am 21. August 1865 in der pommerschen Kreisstadt Stolp geboren und wuchs in Lauenburg/ Pommern auf. Ihre Kindheit verbrachte sie in Pommern und später in Hürben bei Krumbach/ Schwaben, wohin ihr Vater als Vorsänger der Jüdischen Gemeinde berufen worden war. Sie besuchte die Klosterschule der Englischen Fräulein in Krumbach und bestand im Alter von 15 Jahren 1880 das Examen als Sprachlehrerin in Augsburg. Als Erzieherin ging sie 1882 nach England, 1885 nach Dresden, die Hauptstadt des Königreichs Sachsen, 1887 in die ungarische Hauptstadt Budapest und 1889 in die Reichshauptstadt Berlin, wo sie das „trübe Lehrerinnenhandwerk“ noch fortsetzen musste, bald aber auch in den Kreis um den Dichter Richard Dehmel (1863-1920) aufgenommen wurde. Seit 1891 veröffentlichte sie Gedichte und Essays in Zeitschriften, im selben Jahr erschienen ungarische Gedichte, von ihr übersetzt, weitere Übersetzungen aus dem Französischen und dem Englischen folgten. Ihre eigenen Gedichte und Nachdichtungen wurden 1902 unter dem Titel Im Bilde gedruckt. Ein ganzes Jahrhundert später erschienen von ihr Gedichte, Nachdichtungen, Essays unter dem Titel Vertraut und fremd und immer doch noch ich (2003). Von 1889 bis zu ihrem frühen Tod am 21. Februar 1918 in Krumbach (sie starb an einer Lungenentzündung) hatte sie Verbindungen zum 1888/89 gegründeten Friedrichshagener Dichterkreis.
Ihrem zukünftigen Ehemann Gustav Landauer (1870-1919) war Hedwig Lachmann bei einer Lesung 1899 im Haus Richard Dehmels begegnet, im Frühjahr 1901 begann ihr „Herzensbündnis“, im Spätsommer emigrierten sie nach England. Ein Jahr später kehrten sie nach Berlin zurück, wo ihre Tochter Gudula geboren wurde. Sie führten eine „Ehe von denkbar tiefster, fruchtbarster Harmonie“ (Julius Bab). Ihre Liebesbriefe werden zu den schönsten der deutschen Literatur gerechnet.
Die grausame Ermordung ihres Ehemanns in München, der an der Bayerischen Räterepublik Kurt Eisners (1878-1919) beteiligt war, bei der Einlieferung ins Zuchthaus Stadelheim durch Angehörige mehrerer Freikorps bekam sie nicht mehr mit.
Lit.: Annegret Walz, Ich will gar nicht auf der logischen Höhe meiner Zeit stehen. Hedwig Lachmann. Eine Biographie, Flacht 1993. – Renate Heuer, Landauer, Hedwig, in: Neue Deutsche Biographie, Band 13, Berlin 1982. – Heinrich Lindenmayr, Die Lyrikerin und der Sozialrevolutionär, in: Krumbacher Heimatblätter 2012, S. 64-83.
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Jörg Bernhard Bilke