Biographie

Ladewig, Paul

Vorschaubild
Herkunft: Zentralpolen (Weichsel-Warthe)
Beruf: Bibliothekar
* 25. Oktober 1858 in Brest-Litowsk
† 30. März 1940 in Berlin

Paul Ladewig war der Sohn eines Kaufmanns, der in Rußland tätig war, sich aber 1868 in Danzig niederließ. Hier besuchte Paul Ladewig das Gymnasium und studierte danach Geschichte und Germanistik in Berlin (1882 Dr. phil.). Anschließend war er Wissenschaftlicher Hilfsarbeiter bei der Badischen Historischen Kommission und wurde anschließend vom Generallandesarchiv Karlsruhe übernommen. 1889 wechselte er zur dortigen Landesbibliothek über, die ihr Leiter Wilhelm Brambach zur Gebrauchsbibliothek einrichtete. Damit fand Ladewig seine Lebensaufgabe: die Bibliothek als Dienstleistungsbetrieb für die Öffentlichkeit. Mit Begeisterung übernahm er 1898 die Aufgabe, für die Firma Krupp in Essen eine moderne Allgemeine Bibliothek zu errichten. Bald leitete er auch die technische Fachbibliothek des Unternehmens und begründete die Stadtbibliothek in Essen. Die in wenigen Jahren erreichten Erfolge machten ihn bekannt und verschafften ihm ein solches Ansehen, daß er bei mehr als 300 Neugründungen von Bibliotheken als Berater hinzugezogen wurde. Als er mit der Firma Krupp Schwierigkeiten bekam, wechselte er in den August Scherl Verlag in Berlin (1909). 1915 wurde er Leiter der Zentrale für Volksbüchereien bei der gerade errichteten Stiftung „Zentralinstitut für Erziehung und Unterricht". Er begründete 1916 mit einem großen Lehrerkollegium, u.a. Erwin Ackerknecht, Gottlieb Fritz, Hans Loubier, Rudolf Kaiser, die Bibliothekskurse für die Ausbildung zum gehobenen Dienst. Während der Inflation mußte die Zentrale geschlossen und der Kursunterricht eingestellt werden. Ladewig war dann noch einige Jahre Leiter der Ausstellungs- und Lehrmittelabteilung sowie der Bibliothek und der Bücherschau im Zentralinstitut. Innerhalb von 5 Jahren wurde die Bibliothek von ihm zu einer pädagogischen Fachbibliothek ausgebaut, die 35000 Bände umfaßte. Seine letzten Lebensjahre verbrachte Ladewig auf seinem Gut Sennewitzmühle bei Vietz/Ostbahn, wo er seine Lebenserinnerungen verfaßte. Ladewig gehörte zu den Mitbegründern der sog. „Bücherhallenbewegung" in Deutschland, die die öffentlichen Büchereien aus- und aufbauen und sie nach dem Muster der Public Libraries in England reformieren wollten. Sein Buch „Politik der Bücherei" (1911), in dem er seine Vorstellungen vom öffentlichen Büchereiwesen niederlegte, fand nicht nur anerkennende Zustimmung, sondern in Walter Hofmann einen scharfen Kritiker. Ladewig hat eine Reihe von Neuerungen im deutschen Bibliothekswesen eingeführt bzw. propagiert: z. B. die strikte Anwendung des Registerbrauchs in Fach Veröffentlichungen, die mechanische Wortfolge bei der alphabetischen Titelaufnahme, das internationale Format der Karteikarten, den Turmbau für das Bibliotheksmagazin, die Schaffung von zentralen Fachbibliotheken, die gemeinsame Ausbildung aller Bibliothekare. Diese Anregungen sind größtenteils aufgegriffen worden und haben sich für die Lösung der bibliothekarischen Aufgaben in unserer Zeit bewährt.

Werke: Die Verwaltung und Einrichtung der Kruppschen Bücherhalle. 1905, Anhang 1907; Katechismus der Bücherei. 1914; Die kleine Bücherei, ihre Verwaltung und Einrichtung. 1922; Die Bibliothek der Gegenwart. Eine Grundlegung und Einführung. 1923.

Lit.: W. Thauer: Politik der Bücherei. Paul Ladewig und die jüngere Bücherhallenbewegung. 1975; NDB. Bd. 13,1982; A. Habermann, R. Klemmt, F. Siefkes: Lexikon wissenschaftlicher Bibliothekare 1925-1980. 1985.

Harro Kieser