Biographie

Lascheit, Gerhard

Herkunft: Ostpreußen
Beruf: Maler, Musiker, Liederdichter
* 25. Januar 1913 in Königsberg i.Pr.
† 20. Juni 1942 in Groß Rosen, Nebenlager von KZ Sachsenhausen

Gerhard Lascheit war Sohn des Baumeisters und Architekten Richard Lascheit und seiner Frau Maria Lascheit. Schon seit frühester Jugend gehörte seine besondere Liebe der Musik. Er war ein begeisterter Klavier- und Gitarrenspieler und oft spielte er auch Orgel in der der elterlichen Wohnung gegenüberliegenden Lutherkirche am Viehmarkt und im Königsberger Dom. Außerdem malte er, wobei ihn besonders das Zusammenspiel von Wolken und Landschaft vor allem auf der Kurischen Nehrung und im Samland faszinierte. Er besuchte das Königsberger Gymnasium Altstadt-Kneiphof, welches er mit der mittleren  Reife verließ.

Schon als Schüler schloss sich Gerd Lascheit dem Pfadfinderbund, der Deutschen Freischar und der Bündischen Jugend an. Für die Pfadfindergruppe textete und komponierte er eine Vielzahl von Liedern u.a. das vielen Ostpreußen bekannte Lied „Abends treten Elche aus den Dünen“ (Text Heinrich Eichen). Inzwischen haben sich etliche weitere Lieder in der Deutschen Nationalbibliothek Frankfurt/ Main im Nachlass von Hans Weil aufgefunden.

Seit Anfang der 30er Jahre führte er ein Doppelleben. Zum einen war er im Nationalsozialistischen Schülerbund, später in der Hitlerjugend, aus der er 1934 austrat. Andererseits betätigte er sich weiterhin aktiv in Königsberg in der inzwischen verbotenen bündischen Jugendbewegung . 1935 arbeitete er für kurze Zeit für den – einige Zeit später geschlossenen – Bündischen Verlag Günter Wolff in Plauen. Aus dieser Zeit liegt eine Ankündigung zum Erscheinen eines Liederheftes von Gerhard Lascheit mit folgenden Liedern vor.

  • Zündet Fakeln an
  • Säbel und Fahnen
  • Graue Panzerkreuzer
  • Es bebet die Erde
  • In endlos langen Reihn
  • Fährt ein Schiff in weite Feme
  • Die Trommel ruft
  • Die Zelte stehn
  • Abends treten Elche aus den Dünen
  • Es lodern die Flammen
  • Silberweiße Tannen grenzen

Das Liederheft ist wohl nicht mehr erschienen, aber vielleicht erinnern sich Leser an Texte und Melodien.

Aufgrund seiner sexuellen Ausrichtung geriet Gerd Lascheit spätestens seit 1936 mit den seinerzeitigen Gesetzen in Konflikt und wurde zeitweise inhaftiert. Vor seiner Abreise aus Deutschland stand er noch in Verbindung mit Ernst Reden, der zusammen mit Hans Scholl eine illegale Jugendgruppe aufgebaut hatte.

Im September 1937 emigrierte er nach Schweden und lebte dort überwiegend in Stockholm und im Herbst/Winter 1939 in Karlstadt, nachdem sein Asylantrag nicht verlängert worden war. In Stockholm schloss sich Gerd Lascheit einer im Untergrund tätigen bündischen Gruppe an, und er soll weiterhin seine gegen das NS-Regime gerichteten Kontakte nach Deutschland aufrecht erhalten haben. Auch zu Widerständlern in England und Holland unterhielt er Kontakte.

In Schweden nahm er als Künstler den Namen GERT SALTEN an. Salten nach dem kleinen, im Kreis Pillkallen gelegenen Ort; dem Geburtsort einiger Vorfahren mütterlicherseits. Er bestritt in Schweden seinen Lebensunterhalt – mehr schlecht als recht – mit dem Verkauf von Bildern und dem Erteilen von Zeichenunterricht. Die Asylanten bekamen ja keine Arbeitserlaubnis. Nach bisherigen Erkenntnissen hat er von Schweden aus seine politischen Kontakte nur unter dem Namen Salten wahrgenommen. Die schwedische Einwanderungsbehörde sah keinen Grund, seinen Asylantrag anzuerkennen und seine Aufenthaltsgenehmigung, die am 15.10.1939 ablief, zu verlängern. Im Gegenteil, durch eine Diebstahlsanzeige gegenüber einem Matrosen flog seine Homosexualität auf und er musste schließlich das Land am 18. Mai 1940 verlassen.

Er ging nach Königsberg zurück und lebte dort einige Monate, scheinbar unbehelligt, bei seinen Eltern. Im Oktober 1940 übersiedelte er nach Berlin und dort wurde er am 8. April 1941 verhaftet. Nach der Inhaftierung im Hausgefängnis der Gestapo in der Prinz-Albrecht­ Straße und anschließend – ohne Prozess – im KZ Sachsenhausen, kam er im Frühjahr 1942, vermutlich im März, mit einem aus 400 Häftlingen bestehenden Transport ins KZ Groß Rosen.

Groß Rosen in Schlesien, ein Nebenlager des KZ Sachsenhausen, war ein Steinbruch und eines der berüchtigtsten Arbeitslager. Das Arbeitslager diente zur Gewinnung von Straßenbaumaterial aus einem Granitsteinbruch für das Ostbauprogramm u.a. auch für die Stadt Königsberg. In diesem Arbeitslager starb Gerhard Lascheit im Alter von 29 Jahren am 20. Juni 1942. Die Urne mit seiner Asche wurde seinen Eltern übergeben und auf dem Friedhof an der Haberberger Kirche in Königsberg beigesetzt.

Renate Wehmeyer