Biographie

Leistikow, Walter Rudolf

Herkunft: Posener Land, Westpreußen
Beruf: Maler, Journalist
* 25. Oktober 1865 in Bromberg
† 24. Juli 1908 in Berlin

Als Maler der märkischen Seen- und Kiefernlandschaften war Walter Leistikow in der Berliner Kunstszene um 1900 bekannt, wenn nicht gar berühmt. Er gehörte zu den Gründern der Berliner Sezession und des Deutschen Künstlerbundes in Weimar und er holte moderne Kunst seiner Zeit in die Hauptstadt.

Geboren aber wurde Walter Leistikow am 25. Oktober 1865 als zweites von neun Kindern des Apothekers und Kaufmanns Karl Leistikow in Bromberg (Provinz Posen). Sein Geburtshaus stand in der Danziger Straße an der Ecke Elisabethstraße. Im Hof befand sich die Kujawjak-Fabrik, der auch Leistikow-Edelbitter genannt wurde. Das Rezept hatte die Mutter, Bertha Cäcilie geb. Hoyer, Tochter eines Apothekers aus Hohensalza, mit in die Familie gebracht. Damit war wohl auch der nachfolgenden Generation noch ein gutes Auskommen gesichert. Leistikows Vorfahren stammten aus Sachsen, Polen, Pommern, dem Baltikum, Schlesien und aus Thorn.

Walter Leistikow erhielt bereits als Schüler in Bromberg Zeichenunterricht bei Alexander Flotow. Mit 17 Jahren ging er 1883 nach Berlin, um seine Ausbildung an der Hochschule für bildende Künste fortzusetzen. Dort wurde er zunächst aufgenommen, verließ die Hochschule jedoch nach einem halben Jahr. Er nahm dann Privatunterricht bei Hermann Eschke und später bei Hans Gude, weil er zwar unbedingt Maler werden, aber wohl seinen eigenen Weg gehen wollte. Drei Jahre später, 1886, beteiligte er sich an der Ausstellung Berliner Salon. Sein Bild Ziegeleien in Eckernförde hatte Erfolg, der ihn zum Durchhalten beflügelt haben mag.

In Berlin und anderswo lernte Leistikow Künstler kennen, darunter viele Maler und Schriftsteller, etwa Max Halbe, Gerhart Hauptmann, Arno Holz. Eine besonders enge Freundschaft entwickelte er zu dem ostpreußischen Maler Lovis Corinth, den er 1897 kennenlernte. Von Corinth stammt der Ausspruch, dass Leistikow „Berlin erst zu einer Kunststadt gemacht hat“. Corinth schrieb ein Buch über seinen Freund: Das Leben Walter Leistikows – Ein Stück Berliner Kunstgeschichte, das 1910 bei Paul Cassirer erschien. Im Oktober 2000 erfolgte im Berliner Gebr.-Mann-Verlag eine Neuauflage. Corinth porträtierte Leistikow auch. Das Bild zeigt einen sehr schlanken und gepflegten Mann, der der Mode der Jahrhundertwende entspricht.

Zusammen mit seinen Berliner Künstlerfreunden, besonders mit Max Liebermann, gründete Leistikow 1892 die Vereinigung der XI, die sich um die Ausstellung moderner Berliner Kunst bemühte. 1898 gehörte Leistikow zu den Mitbegründern der Berliner Sezession (Jugendstil) und 1903/04 gehörte er mit Harry Graf Kessler zu den Gründern des Deutschen Künstlerbundes in Weimar. Als Ausstellungsmacher zeigte Leistikow moderne Kunst, die in Berlin vorher noch nicht zu sehen war. So holte er u.a. Gemälde von Vincent van Gogh nach Berlin oder von Edvard Munch und auch von den französischen Impressionisten wie Monet, Manet oder von Cezanne.

Sein eigener beruflicher Erfolg war beeindruckend. Beeinflusst von den französischen Symbolisten, aber auch von japanischen Holzschnitzarbeiten, malte Leistikow vor allem Stimmungsbilder der märkischen Wälder und Seen. Kiefernbäume im Abendsonnenschein, die um einen in der Dämmerung versinkenden See stehen, sind eines seiner häufigsten Motive. Doch malte er auf seinen Reisen auch Landschaften an der Ostseeküste, besonders die Insel Rügen, oder in Bayern und in Italien. Berlin selbst hat er nicht gemalt, nur die Umgebung, wie den Grunewald. Dessen abstrahierte Darstellung missfiel besonders dem Kaiser. Doch anders als viele Impressionisten malte Leistikow durchaus gegenständlich, aneinandergesetzte Farbflecke, die die Motive auflösen, verwendete er nicht. Nicht nur die Museen in Berlin, sondern in ganz Deutschland kauften Leistikows Werke. Auch viele private Sammler, diese vor allem in der Hauptstadt, schmückten ihre Salons mit seinen Gemälden. Manche seiner Ausstellungen waren komplett ausverkauft. Dieser finanzielle Erfolg ermöglichte ihm viele Reisen. Gemeinsam mit seiner dänischen Frau Anna Mohr, mit der er zwei Kinder hatte (Gerda und Gunnar), reiste er öfter nach Skandinavien.

Neben Ölbildern fertigte er auch Aquarelle, Radierungen und Lithographien. Er lieferte Entwürfe für Tapeten und Stoffe, etwa für einen Sitzbezug oder einen Bildteppich, für ein Glasmosaikfenster, für Buchtitel. Für die Schokoladenfirma Stollwerck entwarf er die Sammelbilderreihe Deutsche Landschaften.

1907 verlieh die Königliche Akademie Walter Leistikow den Titel eines Professors, eine schöne Bestätigung seines Erfolges. Leistikow betätigte sich aber nicht nur als Maler, genau wie sein Freund Lovis Corinth war er auch journalistisch bzw. schriftstellerisch tätig, vielleicht angeregt durch seine Freunde, die Dramatiker Max Halbe – aus Danzig – und Gerhart Hauptmann – aus Schlesien. Leistikow schrieb Kunstberichte für Zeitungen und Zeitschriften, 1896 veröffentlichte er seinen Roman Auf der Schwelle, der in Bromberg spielt. Allerdings soll das Buch keinen großen Erfolg gehabt haben.

Auf dem Höhepunkt seines Erfolges, mit 42 Jahren, schied der Maler aus dem Leben. Während eines Sanatoriumsaufenthalts am Schlachtensee am Rande von Berlin erschoss sich Leistikow am 24. Juli 1908, um nicht durch das Fortschreiten seiner Syphiliserkrankung seiner Familie zur Last zu fallen. Fünf Tage später hielten seine Freunde eine Totenfeier für ihn, zu der viele, die in Berlins Kunstleben Rang und Namen hatten, erschienen. Begraben wurde er auf dem Städtischen Friedhof in Steglitz. Walter Leistikows Grab ist seit dem 11. Oktober 1990 ein Ehrengrab der Stadt Berlin.

Heute zählt Walter Leistikow zu den weithin in Vergessenheit geratenen Malern. 1972 widmete ihm die Deutsche Bundespost Berlin eine Briefmarke – Motiv: Am Schlachtensee – und in Bremerhaven gab es 1994 eine Ausstellung zum 125-jährigen Stadtjubiläum. Eine größere Sammlung mit Gemälden befindet sich noch heute in Bromberg. Das Berliner Bröhan-Museum, das auch in seiner ständigen Ausstellung einige Werke von Leistikow zeigt, zeigte Ende 2008 aus Anlass des 100. Todestages eine Ausstellung mit etwa 90 Werken Leistikows, die neben großformatigen Ölbildern auch Graphik und Jugendstildekor präsentierte. Ende 2017 wurde dort erneut eine Ausstellung gezeigt, mit Landschaftsbildern (von Leistikow und von Karl Hagemeister).

Lit.: Walter Leistikow, Auf der Schwelle, Berlin 1896, Reprint Berlin 2008 (AVI). – Lovis Corinth, Das Leben Walter Leistikows, Berlin 1910. – Barbara Kämpfert, Walter Leistikow zum Gedächtnis, in: Der Westpreusse 11/2008, S. 23/24. – Ingeborg Becker (Hrsg.), Stimmungslandschaften. Gemälde von Walter Leistikow (1865-1908). Berlin/ München 2008, (Ausstellungskatalog des Bröhan-Museums Berlin). – Leistikow, Walter, in: Künstlerlexikon Ostpreußen und Westpreußen, bearb. u. hrsg. v. Rudolf Meyer-Bremen, Husum 2012.

Bild: Wikipedia Commons/ Gemeinfrei.

Barbara Kämpfert