Biographie

Leonhard, Daniel Joseph

Herkunft: Siebenbürgen
Beruf: Naturforscher, Geograph, Schulmann, Pfarrer
* 23. Mai 1786 in Hermannstadt/Siebenbürgen
† 1. Juli 1853 in Broos

Daniel Joseph Leonhard hat in seiner Prüfungsarbeit Syste­ma­tica mammalium ac avium transsilvanicarum enumeratio 1812 eine erste Zusammenstellung der Säugetiere und Vögel Siebenbürgens veröffentlicht. Mit seinem Lehrbuch zur Beförderung der Kenntniß von Siebenbürgen (1818), hat er wesentlich zur naturwissenschaftlichen und landschaftlichen Erforschung seines Heimatlandes beigetragen.

Daniel Joseph Leonhard wurde am 23. Mai 1786 als Sohn des Provinzialnotars und Ratsmitglieds Johann Andreas Leonhard in Hermannstadt geboren. Da sein Vater 1791 starb, heiratete seine Mutter 1794 den Mühlbacher Königsrichter Johann Sei­verth und übersiedelte mit ihm nach Mühlbach. Für seine geistige Entwicklung bestimmend war hier die väterliche Betreuung von seinen Lehrer Samuel Hammer, der ihn auf gemeinsamen Wanderungen in die Naturbeobachtung einführte. Das Gymnasium besuchte Leonhard in Hermannstadt und war als Vorzugsschüler auch Bibliothekar der Schule. 1809 legte er die Maturitätsprüfung ab. Anschließend wollte er Theologie und Naturkunde studieren. Infolge der damals in Europa vorhandenen ungünstigen politischen Verhältnisse, bewilligte ihm das Hermannstädter Konsistorium erst Anfang 1810 sein Studium in Deutschland. Mit dem in Klausenburg ausgestellten Reisepass fuhr er zunächst nach Wien, wo er am 20. März ankam. Nachdem sich hier die Ausstellung seines Reisepasses nach Deutschland über Monate verzögerte, entschloss sich Leonhard sein Studium schon in Wien zu beginnen und wichtige Vorlesungen zu hören. Mit dem im August 1810 erhaltenen Pass konnte Leonhard endlich seine Reise nach Göttingen fortsetzen. Hier widmete er sich intensiv dem Studium der Theologie und der Naturwissenschaften. Von besonderer Bedeutung waren für ihn die Zoologie- und Naturgeschichtevorlesungen des berühmten Naturforschers Johann Fr. Blumenbach. Im Februar 1811 erhielt er vom Konsistorium in Hermannstadt die Aufforderung, nach Abschluss seiner Kurse umgehend nach Her­mann­­stadt zu kommen. Mitte April trat Leonhard seine Heimreise von Göttingen an und traf am 17. Juni 1811 in Mühlbach ein. Am 1. Juli begann er in Hermann­stadt seinen Dienst als Gym­nasiallehrer und am 19. August 1811 auch mit dem Unterricht. Gleichzeitig begann er an seiner Prüfungsarbeit Systema­tica mammalium ac avium transsilva­nicarum enume­ratio zu schreiben, die er bei seiner Lehramtsprüfung vorzulegen hatte und am 26. Februar 1812 disputierte. Bei dieser Arbeit Leonhards handelt es sich um die erste systematische Beschreibung der Säugetier- und Vogelarten Siebenbürgens, die vor allem auf seinen eigenen Beobachtungen und Untersuchungen beruhte.

1818 erschien in Hermannstadt sein Hauptwerk Lehrbuch zur Beförderung der Kenntniß von Siebenbürgen. Dieses 398 Seiten umfassende Buch, dem er auch eine Karte von Siebenbürgen beifügte, besteht aus drei Teilen. Der erste Teil befasst sich mit der Geographie Siebenbürgens (128 S.). Im zweiten Teil behandelt Leonhard die Naturgeschichte seines Heimatlandes (193 S.) und der dritte Teil beinhaltet die Geschichte Siebenbürgens (58 S.). Im naturgeschichtlichen Teil seines Buches hat er das Kapitel „Tierreich“ (65 S.), im Vergleich zum Pflanzen- (49 S.) und dem Mineralreich (28 S.), am ausführlichsten behandelt, „weil bisher über das Thierreich noch äußerst wenig geschrieben wurde“. Leonhard teilt das Tierreich in 6 Klassen ein und zwar: 1. Die Säugetiere, 2. Die Vögel, 3. Die Amphibien mit den Kriechtieren, 4. Die Fische, 5. Die Insekten und 6. Die Würmer. Von den Säugetieren beschreibt er 44 Arten, davon sind 11 Haustiere (28 S.). Bei der Vogelwelt führt er 144 wildlebende siebenbürgische Arten an (37 S.). In der Klasse der Amphibien erwähnt er 6 Kriechtier- und 8 Amphibienarten. In der letzten Wirbeltierklasse nennt er 21 Fischarten. Die deutschen und die wissenschaftlichen Namen der beschriebenen Tierarten werden meist auch durch die sächsischen, ungarischen und rumänischen Namen ergänzt. Anschließend beschreibt Leonhard in der 5. Klasse der „Insekten“ und in der 6. Klasse der „Würmer“ insgesamt 98 Vertreter der wirbellosen Tiere Siebenbürgens. Von diesen behandelt er nur die bekannteren Gliederfüßerarten (73 Insekten-, 3 Spinnen-, 3 Krebstierarten und 1 Tausendfüßler) ausführlicher. Aus der Klasse der „Würmer“ beschreibt er 8 verschiedene Würmer, 4 Weichtiere, 2 Nesseltiere und die Wimpertierchen. Die von Leonhard hier veröffentlichte Beschreibung der Wirbeltiere Siebenbürgens ist die vollständigste Darstellung dieser großen Tiergruppe für jene Zeit und somit kann er als der Begründer der Faunen­literatur Siebenbürgens bezeichnet werden.

Im zweiten Kapitel des naturwissenschaftlichen Teiles seines Lehrbuches … beschreibt Leonhard auf 49 Seiten „Das Pflanzenreich“ Siebenbürgens. In der „Vorrede“ seines Buches erwähnt er, dass zwar 1816 die Flora Siebenbürgens Enumeratio stirpium magno Trassilvaniae von Johann Chr. G. Baumgarten erschienen sei, er aber vor allem „die Wissbegierde der Jugend über die veredelten Pflanzen zu stillen bestrebt sei“. Am Anfang dieses Kapitels vermittelt er allgemeine Kenntnisse über den Aufbau und die Vermehrung der Pflanzen. Danach beschreibt er in 11 Gruppen 124 Pflanzenarten, die nach ihrer Nut­zung gegliedert sind und zwar: 11 Obstbaumarten, 23 Wald­bäume, 21 Straucharten, 8 Getreidearten, 5 Futterpflanzen, 5 Hülsenfrüchte, 2 Faserpflanzen, 10 Gemüsearten, 22 Heilpflanzen, 5 Färberpflanzen und 12 Giftpflanzen. Auch bei diesen führt Leonhard neben den deutschen und wissenschaftlichen Pflanzennamen auch die sächsischen, ungarischen und rumänischen Namen an.

Als drittes Kapitel des naturwissenschaftlichen Teiles seines Lehrbuches über Siebenbürgen folgt Das Mineralreich. Auf 28 Seiten beschreibt er hier 55 Minerale und Gesteine, 11 mineralische Salze (Steinsalz), 7 „brennbare Minerale“ (Steinkohle, Erdöl), 11 Metalle (Gold, Silber …). Außer ihren deutschen Namen fügt er auch bei diesen die ungarischen und manchmal auch die rumänischen Namen hinzu. Am Schluss dieses Kapitels erwähnt er noch die Versteinerungen (Fossilien) von Tieren und von Pflanzen, ohne jedoch auf bestimmte Funde in Siebenbürgen näher einzugehen. Leonhards Buch fand viel Interesse bei seinen Mitmenschen und diente als Lehrbuch vor allem an Land- und Bürgerschulen Siebenbürgens. Ab 1819 wurde sein Buch auch in bestimmten Klassen des reformierten Kollegiums in Straßburg a. Mieresch (Aiud) im Unterricht verwendet. Der geographische und naturwissenschaftliche Teil seines Lehrbuch zur Beförderung der Kenntniß von Siebenbürgen stellen für die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts eine wichtige Pionierleistung dar.

Ab November 1818 wirkte Leonhard zunächst als Frühprediger und ab Februar 1819 als Vesperprediger in der Stadtpfarrkirche in Hermannstadt. Am 17. Oktober 1819 erfolgte seine Wahl als Pfarrer in Broos (Orăştie). Als solcher hat er in den folgenden Jahren wesentlich zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung dieses siebenbürgischen Marktfleckens beigetragen. Von seinen außergewöhnlichen Leistungen hier kann der Bau der neuen evangelischen Kirche in Broos genannt werden. Dieser erfolgte unter seiner Leitung und nach seinem Bauplan von Juli 1820 – September 1823. Im Mai 1830 wurde Leonhard zum Dechanten des Brooser Kapitels gewählt. Am 1. Juli 1853 starb D. J. Leonhard in Broos, wo er 34 Jahre verdienstvoll gewirkt hatte.

Lit.: Trausch, J.: Leonhard Daniel Joseph, Schriftsteller-Lexikon der Siebenbürger Deutschen (SSL) II 1870, S. 348-349. – E. A. Bielz, Lebensbild eines sächsischen Pfarrers und Gelehrten im Anfang dieses Jahrhunderts, Siebenb. Volkskal. 32 (1883), S. 1-14. – H. Salmen, in: Hans Salmen, Die Ornis Siebenbürgens, hrsg. v. H. Heltmann, W. Klemm u. E. Schüz, Bd. I, Stud. Transylv. 8/I (1980), S. 19-21. – H. A. Hienz, Leonhard, Daniel Josef. Schriftsteller-Lexikon der Sie­benbürger Deutschen (SSL), VIII (2001), K-L, S. 367; H. Heltmann, Daniel Joseph Leonhard (1786-1853). Siebenbürgischer Naturforscher und Geograph, in: Naturforscher in Hermannstadt, Honterus Verl. Sibiu 2007, S. 41-44.

Heinz Heltmann