Aus den üblichen Allerweltsnamen großer Bühnen fallen diejenigen heraus, die nach einem Dramatiker genannt sind: Schillertheater und Hebbeltheater in Berlin, Raimundtheater in Wien, Gerhart-Hauptmann-Theater in Breslau. Daß eine Bühne nach einem Schauspieler ihren Namen trägt, dürfte einen (unwahrscheinlichen) Ausnahmefall bilden; er ist es bei dem Lobetheater in Breslau, der größten Schauspielbühne des deutschen Ostens, gewesen. Theodor Lobes Vater Ernst war Mitglied der reisenden Wäserschen Gesellschaft. Als Prinzipal wurde er zuerst 1833 in Ratibor genannt. Hier wird ihm sein Sohn am 8. März 1833 geboren. Unruhig war das Leben des Knaben. 1841 bespielte der Vater Neisse, 1842 Glatz, Neisse und Schweidnitz, 1843 Grünberg, Görlitz, Glogau, Brieg, Liegnitz, Neisse, Schweidnitz und Salzbrunn. Um diese Zeit dürfte Theodor auf das Gymnasium in Liegnitz gekommen sein. 1847 starb der Vater in Warmbrunn. Seine Witwe Jeanette heiratete im nächsten Jahre den Direktor Josef Keller. Theodor kehrte 14jährig der Schule den Rücken. Nach kurzer Tätigkeit in einem Breslauer Handelshaus setzte er es nach schweren Kämpfen bei Mutter und Stiefvater durch, zum Theater zu gehen. Da er aber nur als Inspizient und in kleineren Rollen beschäftigt wurde, verließ er die elterliche Truppe und begann ein unruhiges Wanderleben, das endlich in Leipzig zu einem dauernden Engagement für komische Rollen führte. Lobes Weg führte dann über Berlin und Hamburg ans Deutsche Hoftheater in St. Petersburg. Als er einmal durch Zufall eine Charakterrolle, den Mephisto, erhält, sind ihm die komischen Rollen so verleidet, daß er um jeden Preis für immer Charakterdarsteller sein wollte. Dazu mußte er völlig selbständig sein. So verließ er Petersburg, kehrte nach Schlesien zurück und pachtete 1867 das Breslauer Stadtheater, um allmählich nur noch Rollen zu spielen, die er sich selbst zuweisen wollte. Als 1869 die Gewerbefreiheit kündet wurde und die Zeit der „privilegierten“ Theater vorbei war, holte er zu einem großen Schlag aus, der das Theaterleben seiner Heimat revolutionieren und ihm bis fast zum Ende des deutschen Schlesien eine neue Form geben sollte. In der Ohlauer Vorstadt ließ er durch einen Architekten Barchewitz ein zweites großstädtisches Theater bauen. Er durfte es ohne Überheblichkeit „Lobetheater“ nennen. Der Gedanke hatte seit Jahren in der Luft gelegen, eine „Petition“ war an den König selbst gegangen. Lobe aber hatte, allen Mitbewerbern zuvorkommend, das Projekt verwirklicht. Er leitete nun das Stadttheater und Lobetheater. Die Eröffnung der neuen Bühne am 1. August 1869 mit Lessings z. T in Breslau entstandenem spiel „Minna von Barnhelm“ unter Lobes Regie war ein historisches Ereignis. Der Bau selbst war in architektonischer Hinsicht eine Zierde der Stadt, die dekorative Vorderfront mit Nischen, Säulen und Pilastern, mit Statuen und Medaillons geschmückt.
In diesem seinem eigenen Theater beschränkte sich Lobe auf die heitere Muse. Als Charakterdarsteller trat er im Stadttheater nun im Bewußtsein seiner beherrschenden Stellung im Breslauer Theaterleben in volle Aktion, zunächst als Mephisto. Nachdem man ihn zuerst nur in komischen Rollen erlebt hatte, wurde sein Auftreten eine Sensation im besten Sinne des Wortes. Nach dem Urteil des Publikums und der Fachkritik war er in die erste Reihe der deutschen Schauspieler gerückt. Gestalten wie Marinelli, Jago, Perin folgten.
Der Krieg von 1870/71 fügte dem Lobetheater schweren Schaden zu. 1872 mußte er das Lobetheater an den Direktor eines Berliner Theaters verkaufen. Er hatte sein ganzes in den neun Petersburger Jahren erspartes Vermögen in seiner Breslauer Direktionszeit verloren. Im Mai 1872 nahm er endgültig Abschied. Er war von nun an als Regisseur und Schauspieler in Wien, Frankfurt, Hamburg und Dresden tätig. Zu Gastspielen im Lobetheater kehrte er immer wieder ein, stürmisch umjubelt von seinen Landsleuten. 1898 zog er sich von der Bühne zurück. Am 21. März 1905 starb er in Niederlößnitz bei Dresden und wurde unter Anteilnahme der ganzen deutschen Theaterwelt in Kötzschenbroda beigesetzt. Seine Breslauer Bühne erreichte ihren künstlerischen Höhepunkt unter Paul Barnay (1920-1933); sie genoß weithin besten Ruf. Große Namen sind mit ihr verbunden. Barnays Pflege des jungen Dramas galt als vorbildlich. Die neuen Machthaber beendeten 1935 übereilt die Geschichte der Bühne. Erneuerungspläne begrub der Untergang des deutschen Breslau. Theodor Lobe sollte fortleben als eine in sich ruhende, charaktervolle, nur einem Ziele verpflichtete Künstlerpersönlichkeit.
Lit.: Karl Schindler, Th. L., Schlesiens großer Schauspieler, Schlesische Volkszeitung, Breslau, 13. Juni 1937; wieder abgedruckt verkürzt: Volksbote, München, 7. Nov. 1953; Unser Oberschlesien, Wiesbaden, 1. Juliausg. 1955; Vierteljahresschrift Schlesien 1956, 4. Heft; Schöpferisches Schlesien, Nürnberg, 1970, S. 145; weitere Lit. in W. Kosch, Deutsches Theaterlexikon 1951ff.; K. Weber, Geschichte des Theaterwesens in Schlesien, 1980.