Biographie

Loos, Adolf

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Herkunft: Sudeten (Böhmen u. Mähren, österr. Schlesien)
Beruf: Architekt, Kunstschriftsteller
* 10. Dezember 1870 in Brünn/Mähren
† 23. August 1933 in Kalksburg/Wien

Adolf Loos muß als eine der bedeutendsten Persönlichkeiten der Jahrhundertwende zwischen Jugendstil und Internationalem Stil angesehen werden. Am 10.12.1870 in Brünn geboren, studierte er 1890-93 in Dresden und lernte während seines USA-Aufenthaltes 1893-96 die Bauten der Chicagoer Schule kennen. Er ließ sich 1896 in Wien nieder, wo er mit Unterbrechungen (1922-27 lebte er in Paris) bis zu seinem Lebensende am 23.8.1933 tätig war.

Loos war nicht nur Architekt, sondern auch Kulturkritiker und ist in erster Linie durch seine sehr wirkungsvollen, oft polemischen Schriften bekannt und berühmt geworden. Aus der Avantgarde gegen Art nouveau hervorgegangen, die keinen neuen Stil oder andere Formen, sondern Neues Bauen suchte und am meisten fürchtete, daraus könne wiederum ein Kunststil werden, war Loos der Purist der Bewegung. Aus seinem Haß gegen alles Ornamentale entstand 1908 sein wohl berühmtester Aufsatz „Ornament und Verbrechen“, in dem er sich vehement gegen das sinnentleerte Ornament des Historismus und des Jugendstils der Wiener Werkstätte (Josef Hoffmann) wandte, Verzicht auf Ornament und kostbare Materialien und statt dessen klare kubische Formen forderte. Er hoffte auf eine Designpraxis, d.h. auf die kontinuierlich fortschreitende Verbesserung von Formen zu Bestformen, zu Typen – wofür die auffallend vielen Entwürfe aller Mitglieder der Bewegung im zweiten und dritten Jahrzehnt unabhängig von konkreten Orten und Aufgaben kennzeichnend sind: Loos‘ Terrassenhäuser setzten sich mit der kubischen Form, dem Raumplan, der räumlichen Durchdringung auseinander, und zeigen sein Verlangen nach Ordnung, Disziplin und Reinheit, weil er der Überzeugung war, daß „der Gebrauch die Form der Gegenstände schafft“.

Das einzige aus diesen Projekten hervorgegangene gebaute Haus ist Haus Scheu, „der Würfel“. – Loos dachte und empfand nur im Kubus, niemals in der Fläche und tastete die Geschlossenheit des Quaders oder Kubus so wenig wie möglich an, wie seine berühmten Villen zeigen: Villa Karma, Montreux, 1904; Haus Steiner, Wien 1908-10; das Haus Michaelerplatz 3, 1910/11 oder Tristan Tzaras Haus in Paris, 1925. Mit dem Haus schuf Loos jedoch immer nur den Rahmen für das Wohnen, die Einrichtungsgegenstände überließ er ausschließlich dessen Herstellern. Die Nacktheit der Wände seiner Bauten wirkte naturgemäß im sezessionistischen Wien provozierend.

Loos war überzeugt, daß jede Kultur und damit auch die Architektur aus dem Gesellschaftlichen erwächst. So setzte er sich in seinen Schriften auch mit sozialen, gesellschaftlichen Fragen auseinander. Die Bereitschaft der Architekten des Internationalen Stils, sich in den sozialen Dienst zu begeben, war aus dem Expressionismus erwachsen und hat sich auch in den sachlichen zwanziger Jahren erhalten, wo er sich in den ersten Nachkriegsjahren auf die Bewältigung der Wohnungsnot konzentriert. Loos hat die Bedeutung der Siedlungsbewegung der frühen zwanziger Jahre in Wien sofort erkannt, sich in ihren Dienst gestellt und an einzelnen Siedlungsprojekten mitwirkt, wobei er in seinen großen Wohnhäusern nun den Raumplan seiner Terrassenprojekte verwirklichte (z.B. Haus mit einer Mauer, Heuberg-Siedlung, Winarsky-Hof  u.a.). Loos‘ Schriften „Ins Leere gesprochen. Aufsätze 1897-1900“ und „Trotzdem. Aufsätze 1900-1930“ sind neben seinem Kampf gegen das Ornament eine Herausforderung zur Sensibilisierung der sinnlichen Wahrnehmung, die auf die „Sprache der Architektur“, die vielfältigen Ausdrucksmöglichkeiten von Räumen und ihren Proportionen aufmerksam machen und etwa in ihrer Forderung nach „Wohnen lernen“ auch heute noch von erstaunlicher Aktualität sind.

Lit.: F. Glück: Adolf Loos. Paris 1931; H. Kulka (Hrsg.): Adolf Loos. Das Werk des Architekten. Wien 1931; L. Münz und G. Künstler: Der Architekt Adolf  Loos. Wien 1964; B. Rukschio: Adolf Loos‘ unbekannte Entwürfe und Bauten. Wien 1975; Propyläen – Kunstgeschichte Bd. 12: Giulio Carlo Argan: Die Kunst des 20. Jahrhunderts 1880-1940; Berlin 1977, S. 340-341, 344, 356-357; zuletzt d gesamte Ausgabe der Zeitschrift „Bauwelt“, Nr. 42,72. Jg., 6. 11. 1981 unter dem Titel: Adolf Loos. Spurensicherung.