Biographie

Lück, Kurt

Herkunft: Posener Land
Beruf: Volkstumsforscher
* 28. Dezember 1900 in Kolmar/Posen
† 5. März 1942 in Rußland

Aus einem seit Jahrhunderten im Netzegau ansässigen evangelischen Bauerngeschlecht pommerscher Herkunft in Kolmar (bis 1877 Chodziesen; poln. Chodziez) geboren, fühlte sich Lück schon mit 18 Jahren durch die politischen Veränderungen im deutsch-polnischen Grenzbereich zum Einsatz für Volkstum und Heimat herausgefordert. Er kämpfte als Freiwilliger im Grenzschutz, wurde verwundet und mit dem EK II ausgezeichnet. Gleichwohl auch nach dem Versailler Vertrag zum Verbleib auf vormals preußischem Boden, der zum neuen polnischen Staat geschlagen worden war, entschlossen, beendete er sein Studium der Slawistik in Breslau mit der Dissertation Der Bauer im polnischen Roman des 19. Jahrhunderts (1926). Es war ein Thema, das ihn zu Fragen der deutsch-polnischen Nachbarschaft hinführte. Während eines Nebenstudiums der Volkswirtschaft an der polnischen Universität Posen gründete er 1924 den ersten „Verein Deutscher Hochschüler in Polen“, womit seine politisch-organisatorischen Bestrebungen deutlich wurden.

Durch beide Studienrichtungen vorbereitet, war ein Aufenthalt in Luzk in Wolhynien im Auftrage des Posener Genossenschaftsverbandes richtungsweisend – außer für Lück auch für eine Reihe von jüngeren volkskundlich von Bielitz her angeregten Kräften des Deutschtums in ganz Polen; es war der Brückenschlag zwischen den preußisch geprägten Gruppen in Posen, Pomerellen und Ost-Oberschlesien sowie dem „österreichischen" Bielitz und Galizien hiüber nach dem vormals russischen Kongreßpolen und Wolhynien. Hier war nach dem Ersten Weltkrieg, nach Verbannungen und Zerstörungen, dringend wirtschaftliche Organisationsarbeit im Sinne der Volkstumserhaltung nötig. Die Gründung der Genossenschaft „Kredit", vor allem aber Lücks grundlegende Monographie über Die deutschen Siedlungen in Wolhynien (1931 gemeinsam mit Alfred Karasek) sowie Die deutschen Siedlungen im Cholmer und Lubliner Land (1933) waren Hilfeleistungen für Siedlungsgruppen, die nicht nur dem deutschen Muttervolk, sondern den Deutschen in Posen bis dahin vollständig unbekannt waren.

Durch Lücks Entdeckung längst untergegangener Siedlungen im Karpatenvorland und archivalische Forschungen entstand die Konzeption des Werkes Deutsche Aufbaukräfte in der Entwicklung Polens (1934), welches die „deutsch-polnische Nachbarschaft im ostmitteleuropäischen Raum" in Zeiten der – vorübergehenden – politischen Entspannung förderte sowie die wissenschaftliche Diskussion belebte. Breite, auch polnische Zustimmung fand das zweite StandardwerkDer Mythos vom Deutschen in der polnischen Volksüberlieferung und Literatur (1938,1943), das durch die Anwendung der ethno-soziologischen Methode der Markierung der deutsch-polnischen kulturgeschichtlichen Berührungszone bahnbrechend wurde.

Von Posen aus begann Lück seit der Übernahme der Leitung des „Deutschen Büchereivereins" (1934) eine ausgedehnte Herausgebertätigkeit im Kreise namhafter deutscher Wissenschaftler der Volksgruppe (Lattermann, Kauder, Kühn, Schneider, A. Breyer u.a.), vornehmlich in Verbindung mit der „Deutschen Historischen Gesellschaft für Posen" (seit 1935 „für Polen"), mit der Deutschen Wissenschaftlichen Zeitschrift und den Deutschen Monatsheften in Polen. In der mit Lattermann begründeten Schriftenreihe Unsere Heimat steuerte er die Geschichte des Deutschtums in Kolmar und Umgebung (1937) bei, auch des „Holländerdorfes" Karwenbruch an der Ostsee (1939). In diese Zeit fallen die Verleihung des Herder-Preises der Goethe-Stiftung durch die Universität Königsberg sowie der Ehrenplakette des Deutschen Auslands-Instituts in Stuttgart an ihn.

Seiner aktiven politischen Einstellung entsprechend war Lück in der Volkstumsorganisation „Deutsche Vereinigung" für Posen und Pomerellen tätig, bis der Kriegsausbruch die Existenz der Volksgruppe in Frage stellte und die deutsch-polnischen Beziehungen ungeheuer belastete. Im Schatten des leidvollen Schicksals der Deutschen in Polen im September 1939 standen die Publikationen Marsch der Deutschen in Polen (1940) und Volksdeutsche Soldaten unter Polens Fahnen; auch die Broschüre Der Lebenskampf im deutsch-polnischen Grenzraum ist im Zwielicht der Kriegszeit zu sehen. Das Sammelwerk Deutsche Gestalter und Ordner im Osten (1940; 1957) knüpfte an die „Aufbaukräfte" an. Auch den Umsiedlungen der Wolhyniendeutschen widmete Lück seine organisatorisch-publizistische Aufmerksamkeit. Auf seine Initiative ging die Gründung der „Gräberzentrale für ermordete Volksdeutsche in Posen" zurück.

Da sich die Verhältnisse in den „eingegliederten Ostgebieten" (Reichsgau Wartheland) gegen alle historischen Erfahrungen und Überzeugungen von Lück entwickelten, bot sich für ihn in kritischer Betroffenheit nur der Ausweg zur Front an. Am 5. März 1942 ist er als Sonderführer-Dolmetscher im Mittelabschnitt der Ostfront bei Partisanenkämpfen gefallen. Die Erinnerung an Kurt Lück lebt in der „Historisch-Landeskundlichen Kommmission für Posen und das Deutschtum in Polen" sowie in der von der „Landsmannschaft Weichsel-Warthe" getragenen „Dr. Kurt-Lück-Stiftung" fort.

Werkverzeichnis: zus. gest. v. Annegrete Lück, in: Dt. Wiss. Zs. im Wartheland 3 1941, H. 5/6.

Lit.: W. Kohte in: Dt. Wiss. Zs. im Wartheland 3. Jg., H. 5/6, 1942. – A. Lattermann in: Dt. Mhh. 8 (18) 1942. – W. Kühn in: Zs. f. Ostforschung l, 1952, H. 3. – V.  Kauder in: Jb. Weichsel-Warthe 8,1962. – R. Breyer in: Neue Dt. Biographie 15, 1987.