Biographie

Maschke, Erich

Herkunft: Ostpreußen
Beruf: Historiker
* 2. März 1900 in Berlin
† 11. Februar 1982 in Heidelberg

Der Historiker Erich Maschke hat von seinem Leben selbst berichtet. Der im Jahre 1980 erschienenen Sammlung seiner stadtgeschichtlichen Aufsätze(Städte und Menschen) stellte er einen autobiographischen Rückblick voran.

Maschke wurde am 2. März 1900 in Berlin geboren. Zur Geschichte hat ihn, so sagt er in jenem autobiographischen Rückblick, nicht die Schule geführt, sondern die Jugendbewegung. Nach dem als Katastrophe erlebten Ende des Ersten Weltkrieges suchten die Pfadfinder nach neuen Zielen, und sie hofften sie auch in einer vorbildlichen Vergangenheit zu finden. Ostpreußen, nach dem Vertrag von Versailles vom Reich durch den polnischen Korridor getrennt, wurde ein oft aufgesuchtes Ziel der Fahrten, welche Jugendgruppen unternahmen. Der Deutsche Orden erschien als ein um ein hohes Ziel bemühter Männerbund und Vorbild für die eigene Gegenwart und die Zukunft. Im Falle Erich Maschkes blieb es aber nicht bei dieser jugendlichen Schwärmerei. Die Reiseerlebnisse und die diffusen Neigungen, die von der Jugendbewegung geweckt worden waren, veranlaßten ihn, das Studium in Königsberg abzuschließen und dort eine Doktorarbeit zur Geschichte des Ordens zu schreiben.

Maschke hatte mit Königsberg eine gute Wahl getroffen. Er fand dort nicht nur die ersehnte Ordensvergangenheit, sondern auch Historiker von Rang, die ihn in eine strenge Schule nahmen und aus der jugendlichen Neigung einen Zugang zur Wissenschaft werden ließen. Königsberg war ungeachet seiner Randlage damals eine der führenden deutschen Universitäten. Die mittelalterliche Geschichte lehrte Erich Caspar, neben Johannes Haller in Tübingen, einem Deutschbalten, der führende Historiker des Papsttums. In der neueren Geschichte begann damals Hans Rothfels in Königsberg seine glänzende Wirksamkeit, bis er, der sich wie kaum ein anderer dieser Generation als preußischer Historiker verstand, wegen seiner jüdischen Herkunft vertrieben wurde und emigrieren mußte. Maschke hat Rothfels als sein Vorbild bezeichnet. Erich Caspar aber gab ihm das Thema der Doktorarbeit. 1928 erschien sie als Buch: Der Deutsche Orden und die Preußen. Bekehrung und Unterwerfung in der preußisch-baltischen Mission des 13. Jahrhunderts.

Maschke erwies sich mit dieser Arbeit als ein produktiver Historiker. Aus dem begeisterten Jugendbewegten war ein kritischer Gelehrter geworden. Die Dissertation ist noch heute die beste Arbeit über ihr Thema. Weitere Studien zur Geschichte des Deutschen Ordens folgten. Maschke öffnete sich dem, was ihn ansprach. So, wie er später ganz andere Themen produktiv und kreativ anzufassen wußte, so griff er nun weit in die Ordensgeschichte aus. Er lernte, was damals noch weniger selbstverständlich war als heute, die polnische Sprache, um die einschlägige wissenschaftliche Literatur benutzen zu können. Er bereiste das Nachbarland und knüpfte Kontakte zu polnischen Gelehrten. Er bemühte sich darum, die Versetzung des Deutschen Ordens nach Preußen nicht nur aus der traditionellen deutschen, sondern auch aus der polnischen Perspektive zu sehen. 1934 publizierte er eine grundlegende Studie überPolen und die Berufung des Deutschen Ordens nach Preußen. Ein Jahr zuvor hatte er Arbeiten mit dem Titel Der Peterspfennig in Polen und der deutsche Osten und Das Erwachen des Nationalbewußtseins im deutsch-slawischen Grenzraum veröffentlicht. Auch dies grundlegende Arbeiten, die heute wie damals von großem Wert sind.

Doch blieb Maschke nicht bei der Ordensgeschichte. 1936 ließ er in dem vom Arnold Oskar Meyer herausgegebenen Handbuch der deutschen Geschichte einen grundlegenden Beitrag mit dem Titel Der Kampf zwischen Kaisertum und Papsttum erscheinen. Nun wurde die Geschichte der Staufer zu seinem Thema. 1943 legte er ein Buch mit dem Titel Das Geschlecht der Staufer vor. 1935 war Maschke auf eine Professur der Universität Jena berufen worden. 1942 ging er nach Leipzig. Diese glänzende Karriere wurde 1945 unterbrochen. Nachdem die Amerikaner aus Leipzig abgezogen waren, wurde Maschke kriegsgefangen in die Sowjetunion verschleppt. Erst 1953 kehrte er zurück – nun nach Westdeutschland, da im kommunistischen Leipzig kein Platz für ihn war. Doch auch die westdeutschen Universitäten nahmen den „Spätheimkehrer“ nicht mit offenen Armen auf. Maschke mußte sehen, wo er blieb. Der Oberbürgermeister der Stadt Speyer bot ihm an, eine Geschichte der Stadt zu schreiben. Am Ende kam es zu dieser Stadtgeschichte nicht, wohl aber zu grundlegenden stadtgeschichtlichen Studien. Maschke gelang es, an der Universität Heidelberg Fuß zu fassen. Er erhielt einen Lehrstuhl für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, und diese Professur nötigte ihn nicht nur, sich von der Deutschordensgeschichte zu verabschieden, sondern auch von der des Mittelalters. Maschke publizierte nun Arbeiten zur Wirtschaftsgeschichte des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Ein weiteres Arbeitsfeld legte ihm sein eigenes Schicksal nahe. Er übernahm die Leitung der Wissenschaftlichen Kommission für deutsche Kriegsgefangenengeschichte und gab eine umfassende Dokumentation heraus.

Sehr bald nahm er jedoch seine Mittelalter-Studien wieder auf. Der schon erwähnte Sammelband von 1980 zeigt, daß Maschke nun zu einem führenden Historiker der spätmittelalterlichen und deutschen Stadtgeschichte und zu einem mit Recht immer wieder zitierten Repräsentanten moderner Sozialgeschichte geworden war. Und die alten Themen? Die Geschichte des Deutschen Ordens, die Maschke überhaupt zum Historiker hatte werden lassen? Auch zu ihr fand er zurück. Seit 1955 publizierte er eine Reihe von Aufsätzen zur Geschichte des Deutschen Ordens, die nicht nur sein altes Interesse an diesem Gegenstand bezeugten, sondern auch erkennen ließen, daß er die Erfahrungen auf anderen Arbeitsfeldern, die er inzwischen gemacht hatte, für die Deutschordensgeschichte fruchtbar werden zu lassen verstand. Diese Studien, die im Jahre 1970 in einem Sammelband Domus hospitalis Theutonicorum. Europäische Verbindungslinien der Deutschordensgeschichte noch einmal zusammengefaßt herausgegeben wurden, zeigten, daß es Maschkedamals wie kein anderer verstand, die Geschichte des Deutschordenslandes Preußen und des Deutschen Ordens in jene großen europäischen Zusammenhänge einzufügen, in die sie gehört. Insbesondere der Aufsatz über Die inneren Wandlungen des Deutschen Ritterordens, den Maschke zuerst 1963 in der Festschrift für seinen einstigen Königsberger Lehrer Hans Rothfels veröffentlichte, ist noch heute die beste Zusammenfassung dieser weiten Bezüge. Maschke hatte das Glück, noch in hohem Alter produktiv tätig sein zu können. Bis zuletzt nahm er an Kongressen teil und trug er zum Gespräch der Gelehrten bei. Man hatte den Eindruck, einem glücklichen Mann gegenüberzusitzen – ungeachtet der schweren Schicksale, die er durchlitten hatte. Das Alter war ihm anzumerken, aber es schien ihn nicht zu besiegen. Dann starb seine Frau. Kurz darauf setzte er, der nun wohl nicht mehr wußte, wie er weiterleben sollte, am 11. Februar 1982 seinem Leben selbst ein Ende.

Nachrufe: Eckart Schremmer, in: Historische Zeitschrift 235 (1982), S. 251. – GerdWunder, in: Württembergisch-Franken 67 (1983), S. 250.

Bild: Erich Maschke um 1955; Heidelberger Akademie der Wissenschaften.