Biographie

Mascov, Johann Jakob

Herkunft: Danzig
Beruf: Historiker
* 26. November 1689 in Danzig
† 21. Mai 1761 in Leipzig

Den stets wiederkehrenden Grundgedanken in seinen historischen Forschungen hat Mascov folgendermaßen formuliert: „Der Endpunkt der Historie ist die Wahrheit.“ In diesem maßgebenden Gesichtspunkt sieht er die spezielle Eigenart moderner Geschichtswissenschaft. „Aus der Historie einen Roman zu machen“, ein in der historischen Publizistik seiner Zeit recht verbreitetes Bestreben, wurde durch ihn daher als Effekthascherei verurteilt.

Wenn er auch nicht zu den bahnbrechenden Denkern seiner Zeit zu rechnen ist, die der Historiographie ganz neue Ziele setzten und der Forschung eine ganz neue Richtung gaben, so markiert seine Tätigkeit als Professor in Leipzig von 1719 bis 1761 im Anschluß an die Lehr- und Wanderjahre des gebürtigen Danzigers gleichwohl eine maßgebende Wende in der Geschichtswissenschaft. Er nämlich war es, der zusammen mit dem kursächsischen Staatsmann und Historiker Graf Heinrich von Bünau „die theologische Betrachtung der Geschichte endgültig überwand“, sich die Anregungen, die von Pufendorf, Leibniz und Thomasius für die Erfassung des staatlichen Lebens gegeben worden waren, voll zunutze machte und von diesen Voraussetzungen her daran ging, „die Vergangenheit des deutschen Volkes und Reiches im Zusammenhang und nach allen Seiten der Entwicklung zu erforschen“. Darin hat man ganz gewiß einen bedeutenden Fortschritt gegenüber der Behandlung allgemeiner historischer Fragen und Probleme durch Professoren der Poesie und Beredsamkeit zu sehen, in deren Gebiet die Erforschung der Geschichte bisher gefallen war, und zwar als ein Teil der „Humanioria“, ebenfalls gegenüber der Territorialgeschichte, die ihre Aufgabe in der Untersuchung der landesherrlichen Geologie sowie den damit in engem Zusammenhang stehenden Besitzverhältnissen und Besitzveränderungen sah. Das Entscheidende an der neuen Art der durch und seit Johann Jakob Mascov bewirkten Geschichtsbetrachtung und damit der Geschichtsschreibung war ihre enge Verbindung mit dem Staatsrecht, und dies deshalb, weil die seinerzeitigen Historiker in ihrer Mehrzahl Professoren des Staatsrechts oder Staatsmänner waren, für die daher Fragen des Rechts, der Verfassung und der Staatsführung eine hervorragende Rolle spielten. Bei Mascov, der ebenfalls Jurist war, sind staatsrechtliche Probleme stets von besonderer Bedeutung. Zumal ist es die Notwendigkeit einer inneren gesetzlichen Konsolidierung eines jeden Staatswesens, die er immer wieder in der Geschichte bestätigt findet. Sie wird ergänzt durch die Vereinigung von fürstlicher Lenkung und ständiger Mitwirkung des Volkes. Maßgebende Grundlage des festen staatlichen Bestandes ist die Zufriedenheit der Untertanen und ihre Zuneigung zum Oberhaupt.

Unvoreingenommmenheit verlangt Mascov vom Historiker als wesentliche Voraussetzung für gediegene wissenschaftliche Forschung. Insbesondere politische Parteilichkeit wollte er aus der Forschung verbannt wissen. Ebenso nachdrücklich wie Unvoreingenommenheit verlangte er vom Historiker Solidität und Gediegenheit bei seiner Forschungsarbeit. Niemals dürfe unbegründetn Ideen oder gar „Mutmaßungen“ Platz eingeräumt werden, mehr habe er sich gewissenhaft an gesicherten Nachrichten orientieren, denn schließlich gehe es um nicht weniger, als die Wahrheit festzustellen. „Bei weiter zurück liegenden Vorgängen kann man keine andere Sicherheit verlangen und gewähren, als welche sich durch alte Historicos bestellen läßt, die, so lange ihr Zeugnis nicht der Nachlässigkeit und Parteilichkeit halber verdächtig ist, von den Gelehrten ohne Widerspruch angenommen werden.“ Die Geschichte soll also aufgrund gesicherter Quellen geschrieben werden, und dies nüchtern und sachlich. Von der Ausschmückung historischer Ereignisse und Persönlichkeiten hält Mascov nichts.

Unter allen Umständen hat der historisch Forschende eine uneingeschränkte Nachprüfung seiner Aussagen und Feststellungen zu ermöglichen. Das wird dadurch erreicht, daß er seine Quellen nennt. Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, kann nach Mascovs Auffassung eine historische Untersuchung keinen Anspruch auf Wissenschaftlichkeit erheben.

Große Sorgfalt widmet Mascov auch der geographischen Genauigkeit, denn dadurch könnten Aussagen zu Vorgängen präzisiert, auch ad absurdum geführt werden.

Schließlich gehört für ihn zu den unverzichtbaren Voraussetzungen beim Bemühen um Zuverlässigkeit hinsichtlich der Darstellung „historischer Ereignisse eine kritische Einstellung gegenüber „fabelhaften“Nachrichten. Die Fabel betrachtet er als eine Erzählung, die des realen Grundes entbehrt.

Derartige Voraussetzungen hat Mascov nicht nur als unabdingbar für anderen gefordert; sie waren zunächst und vor allem maßgeblich für ihn selbst bei der Abfassung seiner wissenschaftlichen Arbeiten. Daher war er bemüht, Urkunden, Äußerungen der handelnden Personen wie Briefe, Münzen, Inschriften etc. als Belege für seine Aussagen heranzuziehen. Als besonders zuverlässig erachtete er Äußerungen von Zeitgenossen in den Fällen, in denen sie den fraglichen Ereignissen teilgenommen hatten, entweder aktiv oder passiv. Auch die Aussagen von Personen, die indirekt, aufgrund vom Hörensagen, über Ereignisse berichten, waren wertvoll. Differieren zwei Berichte verschiedenen Alters hinsichtlich ihres Inhaltes, dann entscheidet Mascov sich generell für den älteren.

Wie später für Leopold von Ranke, so war, insgesamt betrachtet, für von Mascov der Grundsatz maßgebend, daß der Historiker nicht richten und lehren, sondern lediglich zeigen solle, „wie es eigentlich gewesen“.

Werke (Auswahl): Geschichte der Teutschen (bis zum Ende der Merowinger), 2 Bde. (1726-37); Commentarii de rebus imperii Romano-Germanici (von Konrad I. bis Konrad III.), 3 Bde. (1741-53); Einleitung zu den Geschichten des römisch-teutschen Reiches, bis 1740 (1747).

Lit.: Woldemar Goerlitz, Die historische Forschungsmethode Johann Jakob Mascovs, Diss. Leipzig 1901.

Bild: heritage auctions

Konrad Fuchs