Der Begründer der musikalischen Technologie und einstige Direktor des 1932 von ihm gegründeten Instituts für musikalische Technologie an der Technischen Hochschule zu Breslau, Professor Dr. Hermann Matzke, genoß bis in sein hohes Alter über seine eigentliche wissenschaftliche Disziplin hinaus weltweites Ansehen als eine Persönlichkeit von ungewöhnlich universellem Geist und nie erlahmender Schaffenskraft.
Matzke hat sich immer gern als „Alt-Breslauer“ bezeichnet und damit auf seine Geburtsstätte in Breslau angespielt. Seine Wiege stand im Hause des „Alten Weinstocks“ in der Poststraße. Und von dem Begründer der Breslauer Kirchenmusikschule, dem einstigen Breslauer Domkapellmeister Ignaz Schnabel, hat er noch wenige Wochen vor seinem Tode einmal gesagt: „Ich kann ihn als eines meiner Vorbilder nennen, auch ich habe wie Schnabel als Geiger im Breslauer Dom angefangen.“
Es war die Musik, die im Zentrum seiner vielseitigen Begabungen stand. Mit ihr war er schon als Kind und Schüler in enge Berührung gekommen, und er machte sie später in Breslau, Berlin und Bern zum Gegenstand seiner akademischen Studien, flankiert von so unterschiedlichen Fächern wie Physik, Geschichte, Nationalökonomie, Kunst- und Rechtswissenschaft. Schon darin zeigt sich jene ungewöhnliche Vielfältigkeit, die ihn nicht nur zum Musikforscher eigener Prägung, sondern darüber hinaus auch zu einem geschätzten Publizisten und schließlich zu einem universellen Kulturpolitiker werden ließ.
Nach seiner Promotion 1919 in Bern über „Die Aufklärung im Kurerzbistum Mainz und ihre besondere Wirkung auf die Einführung des deutschen Kirchengesangs“ und nach kurzer Tätigkeit im Fürstlichen Institut für Musikforschung in Bückeburg kam Matzke 1924 zunächst als Lektor an die Technische Hochschule in Breslau, wo er bald mit der Entwicklung der Methodik einer musikalischen Technologie begann, die er mit der 1932 erfolgten Gründung seines Instituts bis zur Anerkennung als Hochschulfach führte. Von 1934 an gab er – zunächst in Breslau – schließlich von 1946 an in Konstanz – die 1880 von Paul de Wit in Leipzig gegründete „Zeitschrift für Instrumentenbau“ heraus, erhielt 1968 in Stuttgart einen Lehrauftrag an der TH für „Musikalische Technologie“ und war Vorstands- und Ehrenmitglied zahlreicher deutscher und ausländischer Vereinigungen und Fachverbände. Neben seiner musikwissenschaftlichen und musiktechnologischen Tätigkeit ist Hermann Matzke auch als ausübender Musiker und Publizist hervorgetreten. So war er von 1924 an auch Leiter des Collegium musicum an der TH Breslau, 1933 für kurze Zeit musikalischer Leiter der Schlesischen Funkstunde, dirigierte und komponierte und war vor allem auch als Musikkritiker tätig. Die Fülle seiner publizistischen Arbeiten ist in einer 1960 veröffentlichten Bibliographie mit über 700 Titeln festgehalten. Danach hat die Zahl seiner Arbeiten das Tausend weit überschritten. Seine Erinnerungen an „Breslau im Jahre 1923 – Breslauer Briefe an die ‚Ostdeutsche Morgenpost‘, Beuthen/OS“ erschienen 1974 als seine letzte Publikation.
Als eine Art Vermächtnis hinterließ er anläßlich seines 85. Geburtstages – und das war 15 Monate vor seinem Tode – seinen in der „Kulturpolitischen Korrespondenz“ vom 5. März 1975 über „Das wohltemperierte System und die Politik – Was die Politiker Europas von der Musik lernen können“.
Werke(Auswahl): Grundzüge einer Musikwirtschaftslehre, Breslau 1927; Aus Grenzgebieten der Musikwissenschaft, Breslau 1928; Grundzüge einer musikalischen Technologie, Breslau 1931; Musikgeschichte der Welt im Überblick, Bonn 1949, 2. Aufl. Unstern-Bücher, Band 314, Frankfurt/Main 1961; Unser technisches Wissen von der k, Lindau 1949.
Lit.:Verzeichnis der Schriften von Prof. Dr. Hermann Matzke, in: Instrumentenbau-«itschrift, Jg. XIV, 1960.