Biographie

Mellin, Ludwig August Graf

Herkunft: Baltikum (Estland, Lettland, Litauen)
Beruf: Kartograph
* 23. Januar 1754 in Toal/Estland
† 12. März 1835 in Riga

Im Alter von 81 Jahren starb am 12. März 1835 in Riga der Landespolitiker, Schriftsteller und Kartograph Ludwig August Graf Mellin, ein Mann, den der baltische Publizist Julius von Eckardt zu den würdigsten und anziehendsten Gestalten aus dem Zeitalter der Aufklärung in Livland gerechnet hat. Geboren auf dem väterlichen Rittergute Toal in Estland, wurde er zum Militärdienst bestimmt. Zunächst empfing er eine sorgfältige wissenschaftliche Bildung. Mit 13 Jahren kam er nach Deutschland und in die Schweiz, wurde mit den Prinzen Wilhelm August und Peter Friedrich Ludwig von Holstein-Gottorp in Bern und in Bologna erzogen. Reisen führten ihn durch die Schweiz, Frankreich und Italien. Höhepunkte seiner Studienjahre bildeten seine Begegnung mit Friedrich dem Großen, ein dreitägiger Besuch bei Voltaire und eine Audienz bei Papst Clemens XIV. Im Jahre 1773 trat Mellin in die kaiserlich-russische Armee ein, nahm am Türkenkrieg teil (1774), wobei er erste geographische Arbeiten anfertigte und kartographisches Talent (Zeichnung der Donaumündung) bewies. Seit 1775 arbeitete er im Zeichenkontor des Generalfeldzeugmeisters Bauer, 1777 wurde er Direktor des Zeichenkontors und Kommandeur des Kolonnenführer-Korps, 1781 Quartiermeister bei der Livländischen Division. Er heirateteim gleichen Jahr Helena Auguste Freiin von Mengden-Altenwoga, Erbin des Gutes Kolzen in Livland, und wurde 1783 ab Major verabschiedet. Nach einer längeren Auslandsreise begann er 1782 auf Befehl des Großfürsten und späteren Kaisers Paul I. mit der Anfertigung genauer Karten von Estland und Livland. Vierzehn Jahre seines Lebens widmete er dieser Aufgabe. Sein „Atlas von Liefland und Ehstland und der Provinz Oesel“ (entworfen nach geometrischen Vermessungen, den neuesten astronomischen Beobachtungen und nach sorgfältiger Untersuchung und Kenntnis der Gegenden), wurde zur Grundlage aller späteren kartographischen Arbeiten in den Baltischen Landen.

Während der Entstehung dieses seines Lebenswerkes widmete sich Mellin der Landwirtschaft auf seinem Gute Kolzen, sowie dem Landesdienst. Er war 1783-1786 Kreishauptmann von Riga und 1786-1795 Kreisrichter des Kreises Riga; 1795 wurde er Assessor des Livländischen Gewissensgerichts, 1796-1831 war er Präsident des livländischen Oberkonsistoriums, 1797-1818 Livländischer Landrat, 1804-1807 Kirchspielsrichter mehrerer Kirchspiele und 1813 Livländischer Hofgerichtsrat.

1814 ernannte Kaiser Alexander I. den Grafen Mellin zum Mitglied der Rigaer Abteilung des livländischen Komitees für Bauernangelegenheiten. Seine Bemühungen um eine Besserung der materiellen Lage des Bauernstandes führten indessen zu einem Konflikt mit dem Landtag, wobei Graf Mellin (1818) sein Landratsamt und seine Stellung als Mitglied des „Bauern-Komitees“ freiwillig niederlegte. Er verbrachte seine letzten Lebensjahre in Kolzen, bevor er am 12. März 1835 in Riga starb, „beweint von seinen Bauern, denen er ein liebevoller, gütiger Vater gewesen war, betrauert von allen, die ihm nahestanden, geachtet von dem ganzen Lande, zu dessen Segen er ein halbes Jahrhundert lang gewirkt hatte“. Graf Mellin war Mitglied eines Dutzend in- und ausländischer gelehrter oder gemeinnütziger Gesellschaften und Verfasser zahlreicher historischer, geographischer, landwirtschaftlicher Aufsätze und Abhandlungen. Für seine Arbeiten auf kartographischem Gebiet wurde Graf Mellin durch die Verleihung des St. Annen-Ordens ausgezeichnet.

Eine erstmalige Faksimile-Ausgabe des gesamten„Atlas von Livland“, herausgegeben von Eckhard Jäger, in Zusammenarbeit mit Otto Bong, erschien im Jahre 1972 im Verlag des Nordostdeutschen Kulturwerks in Lüneburg (mit einer Einführung in Leben und Werk).

Lit.: Deutsch-baltisches biographisches Lexikon 1710-1960 (Köln/Wien 1970); Graf August Ludwig Mellin (In: Baltische Rundschau, 5. Jg./1954, Nr. 1).

Abb.: Ölgemälde, Galerie Lappier