Biographie

Menzel, Karl Adolf

Herkunft: Schlesien (Ober- u. Niederschlesien)
Beruf: Pädagoge, Historiker
* 7. Dezember 1784 in Grünberg/Schlesien
† 19. August 1855 in Breslau

In Grünberg als Sohn eines Akzise- und Zollrates geboren – mit 6 Jahren vaterlos – wuchs Menzel vom 14. Lebensjahr an im Hause seines Oheims Georg Gustav Fülleborn auf. Durch diesen bekannten Schulmann und Literaten lernte Menzel die Atmosphäre eines Gelehrtenkreises kennen, der vor der Gründung der Universität das geistige Leben Breslaus mitbestimmte und seinem Lebensweg Ziel und Richtung gab. Zum Dank gegenüber diesem Kreise veröffentlichte er später die Briefe des berühmten Breslauer Philosophen Christian Garve an seine Mutter. Nach dem Studium der Theologie in Halle und der Ablegung der evangelischen theologischen Prüfung trat Menzel in den Schuldienst ein. 1809 verlieh ihm der Magistrat eine Stelle am Elisabetan, jener altehrwürdigen Schule der Landeshauptstadt Breslau, die er selbst besucht hatte. Sie gehörte bis 1945 – als Pfarrschule 1293 gegründet, 1560 zum „Gymnasium zu St. Elisabet“ erhoben – zu den ältesten deutschen Bildungsstätten. Dort wurde Menzel bereits 1814 Prorektor und damit zugleich Bibliothekar der Rhedigerschen Bibliothek. Rasch stieg er zum Mitglied der wissenschaftlichen Prüfungskommission und 1824 zum Konsistorial- und Schulrat auf. 1826 übernahm er beim Provinzialschulkollegium die Leitung der Evangelischen Gymnasien. Sein Ansehen in der Bürgerschaft zeigt die Wahl zum Vertreter Breslaus in der ersten Kammer des Preußischen Landtages (1852). Einen Ruf über die Heimatprovinz hinaus erwarb Menzel sich als volkstümlicher Historiker, der nicht für die Fachgelehrten, sondern für die Gebildeten schrieb. Seine ersten Werke galten der Geschichte der engeren und weiteren Heimat: „Topographische Chronik von Breslau“ (1805-1807) und „Geschichte Schlesiens“ (1807-1810). Danach wandte er sich zunächst in Aufsätzen allgemeinen geschichtlichen Fragen zu. In „Die christliche Weltanschauung der deutschen Völker vor ihrer Bekehrung“ (1813) geht er den Eigenheiten des Volkscharakters nach, welche die Germanen befähigten, die Hauptträger der christlichen Kultur und der christlichen Staaten weit des Abendlandes zu werden. Seine „Geschichte der Deutschen“ – zunächst bis zum Tode Maximilians I. geführt – setzte er fort mit dem Werk „Neuere Geschichte der Deutschen von der Reformation bis zur Bundesakte“. Diese Arbeiten brachten ihm nicht nur Anerkennung, sondern auch den Auftrag ein, „Beckers Weltgeschichte“ fortzusetzen. Er selbst bearbeitete die Zeit von 1786-1837, später auch selbständig herausgegeben als „Geschichte unserer Zeit seit dem Tode Friedrichs des Zweiten“. Hier und m einer späteren Bearbeitung des gleichen Themas setzte er sich kritisch mit der damals vorherrschenden Auffassung vom friderizianischen Staate auseinander und war damit seinen Zeitgenossen weit voraus. Menzels Hauptwerk „Die Geschichte der Deutschen“ ist mit 21 Bänden nicht nur eine gewaltige, nebenberufliche Fleißarbeit, sie fand auch die Anerkennung der Fachgelehrten, weil sie sich durch eine glückliche Auswahl des Stoffes von der bisherigen Bearbeitung der Reichsgeschichte abhob. Es war im wesentlichen nur eine Zusammenfassung und bedeutete keinen Fortschritt in der Erforschung der Geschichte, doch beruhte der zweite Teil auf gründlichem Quellenstudium. Die sehr eingehende Darstellung der Reformation und der daraus folgenden Religionsspaltung erhob sich weit über konfessionelle Einseitigkeit und fand daher bei katholischen Kreisen weit mehr Zustimmung als bei Menzels Glaubensgenossen. In den Konfessionen will Menzel nichts anderes sehen als „verschiedenartige, nach dem Geist der Zeit abgestufte, ihre Mängel gegenseitig ergänzende Ausdrucksformen der ewigen Ideen des Christentums“. Möglich, daß Menzel in seiner verständnisvollen Würdigung der alten Kirche und ihrer Beweggründe zu weit ging, so daß Ranke urteilen konnte, Menzel habe sich durch sein übertriebenes Gerechtigkeitsgefühl zu Ungerechtigkeiten gegen die Reformation verleiten lassen. Heute dürfen wir Menzel als einen Wegbegleiter für eine objektive Sicht der Geschichte der Religionsspaltung für Deutschlands politische und geistige Entwicklung ansprechen. Sein Wirken als Historiker trug der vielgerühmten „Schlesischen Toleranz“ Rechnung.

Abb.: Gemälde im Besitz des Elisabeth-Gymnasiums Breslau

Lit.:Otfried Schwarzer: „Karl Adolf Menzel“ in: „Schlesische Lebensbilder“, herausgegeben von der Historischen Kommission für Schlesien, II. Band, Breslau 1926, sowie die dort angegebenen Quellen.