Biographie

Menzel, Wilhelm

Herkunft: Schlesien (Ober- u. Niederschlesien)
Beruf: Philosoph, Volkskundler
* 8. Januar 1898 in Obersteinkirch, Kr. Lauban/Schlesien
† 23. Januar 1980 in Dortmund

Für die aus ihrer Heimat vertriebenen Schlesier war Professor Dr. Wilhelm Menzel oder der „Menzel-Willem“, wie sie ihn gerne nannten, so etwas wie die Verkörperung Schlesiens schlechthin. Wer seinen Namen hörte, dachte Schlesien mit und umgekehrt. Sein Leben war ein Leben aus dem Geiste Schlesiens.

Wilhelm Menzels Geburtsort liegt acht Kilometer südsüdwestlich von Lauban und knapp drei Kilometer nordnordöstlich von Marklissa am Queis. Menzels Vater war Schmiedemeister. Nach dem Besuch des Lehrerseminars war Sohn Wilhelm von 1919 bis 1926 als Volksschullehrer tätig und nahm schließlich an den Universitäten Leipzig und Breslau ein Studium der Philosophie, der Germanistik, der Geschichte und der Volkskunde auf, um es 1933 mit dem Staatsexamen abzuschließen. Die Promotion erfolgte im Jahre 1937.

Aus der 1934 geschlossenen Ehe mit Klara Heuer gingen fünf Kinder hervor. Im selben Jahr begann Wilhelm Menzel an der Hochschule für Lehrerbildung in Hirschberg im Riesengebirge eine Lehrtätigkeit, die er nach der Vertreibung im Jahre 1947 an der Pädagogischen Akademie in Dortmund fortsetzte. 1954 wurde er Professor. Auf wissenschaftlichem Gebiet legte Professor Menzel hervorragende Werke zur Philologie, Literatur und Volkskunde Schlesiens vor. Kaum einer hat über Jahrzehnte hinweg, landauf und landab fahrend, das weite Spektrum schlesischer Geistigkeit und schlesischen Wesens so wie er zu vergegenwärtigen verstanden. Er breitete, und das nicht nur vor Schlesiern, so etwas wie das „Schlesische Himmelreich“ aus, das ein Universum für sich ist. Das bezeugen schlesische Geistesgrößen, allen voran Jakob Böhme, den man auch den „Philosophus teutonicus“ nannte und dessen Erkenntnisse von bedeutenden Philosophen wie Leibniz, Hegel und Schopenhauer aufgegriffen wurden. Danach waren es die schlesischen Dichter des Barock, vor allem Martin Opitz, Andreas Gryphius, Friedrich von Logau und Angelus Silesius, die dazu beitrugen, daß man das 17. Jahrhundert als das schlesische in der deutschen Literatur bezeichnete. In dieser Zeit war Christian Wolff ein Philosoph von europäischer Geltung. Es folgten die Dichter Joseph von Eichendorff, Gerhart Hauptmann und Hermann Stehr, um nur diese zu nennen, die mitunter weltweite Beachtung fanden und nicht zuletzt zur Unsterblichkeit des deutschen Schlesien beigetragen haben.

Von Menzels Veröffentlichungen sei zuerst seine DissertationMutter und Kind im schlesischen Volksglauben und Brauch genannt, die 1938 herauskam. Es folgten das Holtei-Buch (1950), Joseph von Eichendorff(1957), Carl Hauptmann(1958),Gerhart Hauptmann(1962),Paul Keller (1961), A Packsla schiene schläs’sche Sacha (1950), Hausbacken Brut (1963), Schlesischer Guckkasten und Ostdeutsche Weihnachten(1964),Schlesische Originale(1968) sowie Mundart und Mundartdichtung in Schlesien(1972), dieses ein Buch, welches für alle, die sich mit schlesischer Mundart befassen, als grundlegendes Werk ein unentbehrlicher Leitfaden geworden ist. Eine Handreichung für die in der Kulturarbeit stehenden Schlesier ist das von ihm im Jahre 1977 herausgegebene umfassende Werk Die Reise ins Schlesierland,welches man als die bedeutendste Veröffentlichung von Professor Menzel ansehen kann. Nicht zuletzt muß hier aber auch die Betreuung des Werkes des bekanntesten der schlesischen Mundartdichter, Ernst Schenke, durch ihn hervorgehoben werden, so wie er sich überhaupt auch aller anderen Mundartdichter angenommen hat.

Wilhelm Menzel war der Meinung: „So gut die Hochsprache aus den Wurzeln der Mundarten immer wieder Kräfte ziehen und sich erneuern muß, so gehen von der Hochsprache ununterbrochen Wirkungen auf die Mundarten aus.“ Er sah in der Mundart eine mitgestaltende Größe im geistigen Aufbau der Heimat, Noch viel stärker, als man das von den Sprachmitteln ganz allgemein sagen kann, gilt vom lebendigen Mundartgut, daß es den Lebensraum zur geistigen Heimat gestaltet.

An Auszeichnungen fehlte es Wilhelm Menzel, der auch viele Jahre Bundeskulturreferent der Landsmannschaft Schlesiens – Nieder- und Oberschlesien war, gewiß nicht. So erhielt er 1963 die „Agnes-Miegel-Medaille“, 1964 die „Holtei-Medaille“, 1966 die „Gerhart-Hauptmann-Medaille“ und 1968 den „Schlesischen Kulturpreis“.

Wilhelm Menzel glaubte an die Unzerstörbarkeit dessen, was das deutsche Schlesien bedeutet hat, wobei er freilich voraussetzte, daß dem deutschen Volke der Beitrag dieses Landes zu seiner eigenen Geschichte teuer bleiben werde. Er sagte einmal: „Das geistige Erbe unserer Heimat wird leben und neues Leben zeugen helfen, wo noch ein Mensch in Liebe sich müht, es zu bewahren und zu erneuern.“

Lit.: Otto Klöden: Professor Dr. Wilhelm Menzel zum 8. Januar 1978; in: Schlesien I/1978. – Karl Schodrok: Unserem „Menzel-Willem“ zum 75. Geburtstag; in: Schlesien II/1973.

 

  Konrad Werner