Biographie

Metzig, Johann

Herkunft: Posener Land
Beruf: Arzt, Philantrop
* 20. Mai 1804 in Schwerin a.d. Warthe
† 1. Oktober 1868 in Lissa

Im 19. Jahrhundert gab es in der Provinz Posen nicht nur Kämpfer für die einzelnen Nationen, sondern auch Versöhner, die für ein Miteinander eintraten. Heute, im Zeitalter des vereinigten Europa, werden diese einst verfemten Persönlichkeiten wieder entdeckt und ihr Leben und Werk der z.T. staunenden Öffentlichkeit präsentiert. Zu diesen „frühen Europäern“, als welche sie gepriesen werden, zählt der Lissaer Arzt Johann Metzig, dem das Bezirksmuseum in Leszno (Lissa) im Jahr 2004 eine Ausstellung widmete.

Johann Christian Heinrich Metzig wurde am 20. Mai 1804 in Schwerin a. d. Warthe (Skwierzyna) geboren. Seine Vorfahren stammten aus Schlesien, von wo aus sie im 18. Jahrhundert nach Polen gezogen waren. Er war der Sohn des preußischen Hauptmanns Johann Ernest Wilhelm Metzig und der Friederike Wilhelmine Köttwitz. Metzig wuchs mit vier Schwestern auf, zwei älteren und zwei jüngeren.

Der Großvater Christian Metzig war evangelischer Pastor in der schlesischen Kreisstadt Freystadt (Kożuchów). Der Urgroßvater Johann Gottfried Metzig war Organist in Lobendau (Lubiatów) im Kreis Goldberg (Złotoryja) in Schlesien.

Über den Vater sagen polnische Quellen, dass er zeitweise Bürgermeister von Schwerin war, vielleicht auch von Tirschtiegel (Trzciel) im benachbarten Kreis Meseritz (Międzyrzecz). Seit 1808 war er Rechtsanwalt und Richter und ab 1815 Justizbeauftragter im nahen Meseritz.

Nach der Volksschule erhielt Metzig Unterricht bei dem Meseritzer Rektor Schönborn, denn ein Gymnasium entstand hier erst 1833.

Im Jahr 1816 starb sein Vater Johann. Auf Anraten des Verstorbenen zog die Mutter nun nach Berlin und Metzig besuchte fortan die Klosterschule in Neuzelle und später das Joachims­thaler Gymnasium in Berlin.

1822 verpflichtete er sich beim preußischen Militär und erhielt eine Ausbildung an der Militärarztschule, dem Friedrich-Wil­helm-Institut, die er 1826 mit der Doktorwürde abschloss. Gemäß seiner Verpflichtung absolvierte er nun den Militärdienst und machte sein medizinisches Praktikum in Berlin, das er mit dem Staatsexamen zum Militärarzt 1831 beenden konnte. Daraufhin versetzte man den jungen Militärarzt nach Stralkowo (Strzałkowo, Kr. Wreschen) an die preußisch-russische Grenze.

Hier hat er dann die katholische Emilia Barbara Schäfer (* 1810) geheiratet [kath. Pfarrei Stralkowo, Nr. 2/1831], Tochter des Johannes Gottfried Schäfer und der Thekla Dorothea, mit der er acht Kinder hatte, von denen nur drei überlebten. Emilia Metzig war mit dem Komponisten Frederik Chopin verwandt.

Noch im selben Jahr wurde er zum 1. Infanterie Bataillon nach Lissa (Leszno) versetzt. Als Arzt erwarb er sich mit Forschungen und Schriften zur Hygiene erste Meriten. Metzig kümmerte sich auch um die Verbesserung von Uniformen, in denen er eine Schuld für die Verbreitung von Lungenentzündungen und der Typhus sah. Seine Arbeit sorgte für eine spürbare Reduzierung von Erkrankungen.

Metzig war ein Gegner der Amputationen von verletzten oder gebrochenen Gliedmaßen von Soldaten, was damals weit verbreitet war. Stattdessen forderte er eine eher langfristige Behandlung und Heilung, die sich auch dank seiner Schriften nach und nach immer mehr durchsetzte.

Aus diesem Grund erhob ihn der preußische König 1837 in den Adelsstand und er erhielt den Roten Adlerorden 4. Klasse. Von seinem Adelsprädikat hat Metzig aber nie Gebrauch gemacht. Zar Nikolaus I. von Russland zeichnete ihn mit einem Ring mit Diamanten aus.

In jener Zeit knüpfte er bereits enge Kontakte zu führenden polnischen Kreisen und trat 1841 in den Marcinkowski-Verein ein, von dem später sein Sohn ein Stipendium erhielt.

Einen gravierenden Wendepunkt seiner Laufbahn markierte der sog. Völkerfrühling, die Revolution von 1848. Auch in Lissa gab es Übergriffe deutscher Nationalisten auf polnische und Dr. Metzig wurde Ziel ihrer Angriffe. Im April 1848 kam es in Xions (Książ, Kr. Schrimm) zu Greueltaten preußischer Soldaten gegen polnische Aufständische. Dr. Metzig erklärte daraufhin unter Verlust all seiner Versorgungsansprüche seinen Austritt aus dem Militärdienst, woraufhin deutsche Nationalisten in sein Haus einbrachen und ihn erschießen wollten.

Am 29.5.1848 griff Metzig erstmals aktiv in die Politik ein und sandte ein Gesuch an den König, er möge sich für die Gleichberechtigung von Deutschen und Polen einsetzen und forderte auch die Gründung einer Universität in der Provinz Posen. In der später veröffentlichten Broschüre Friede sei mit Euch! Liebet Euch untereinander! zeigte er sich offen als Verteidiger der Polen und Anhänger demokratischer Strukturen.

Das Militär versuchte, den rebellischen Arzt zu beschwichtigen, und bot ihm eine sogar noch bessere Stelle in Glogau an, aber auch dies lehnte er ab und eröffnete stattdessen eine Arztpraxis in Lissa. Seine Kunden waren sowohl Deutsche als auch Polen und Juden. Rasch erfolgte er sich großer Beliebtheit, denn arme Leute behandelte er umsonst.

Offen trat er nun für die polnische Sache ein, aber auch für eine deutsch-polnische Gemeinschaft. Im Januar 1849 vertrat er auf dem 1. Treffen der Delegierten der Polnischen Liga in Kurnik (Kórnik, Kr. Schrimm) die deutschen Bürger. Angesichts der großen Feindseligkeit der deutschen Bürger beteiligte er sich nicht weiter an der Liga. Auch seine Kandidatur als Abgeordneter des preußischen Parlaments in der polnischen Wahlliste war erfolglos, ebenso die von 1858 und 1861. Lediglich in Lissa selbst gelang es ihm, in den Magistrat gewählt zu werden.

Auch nach der Niederschlagung der Revolution von 1848 bemühte er sich weiter um die polnische Sache. 1856 erschien sein Buch Suum Cuique. Die rechte Antwort auf die Polen- und die große Zeitfrage. Offen verurteilte er die Teilungen Polens als Unrecht. Alle Versuche, sich direkt an die Hohenzollern zu wenden, scheitern, daher richtet er in den 1860er Jahren seine ganze Hoffnung auf Napoléon III. und Frankreich, in der Hoffnung, dass einst ein neuer europäischer Kongress das Unrecht des Wiener Kongresses revidiert.

Metzigs Ehefrau Emilia war inzwischen verstorben. 1853 heiratete er in der evangelischen Kreuzkirche in Lissa [Trauung Nr. 26] die erst 30-jährige Emilie Florentine Hoch.

1863 gelingt es ihm doch noch, ins preußische Parlament einzuziehen. Als Kandidat des Wahlkreises Fraustadt-Kröben wird der Polenfreund für die Legislaturperiode bis 1866 gewählt. Aber auch dieses neue Forum seiner Tätigkeit bringt seinen Eingaben und Denkschriften keinen großen Erfolg bei den Regierenden ein.

Sein letztes Buch Vive la Pologne! erschien kurz vor seinem Tod (1867) am 1. Oktober 1868. Die deutsche Presse bringt über das Ableben dieses unzeitgemäßen Mannes nur eine kurze Notiz, umso euphorischer lobte die polnische Presse den „unermüdlichen Verteidiger der polnischen Sache“.

Seine Beerdigung am 4. Oktober 1868 wurde nochmals zur öffentlichen Demonstration. Viele Menschen kamen, diesem streitbaren Mann die letzte Ehre zu geben und Graf Włodzimierz Szółdrski (1818-1894) hielt die Grabrede.

Auf dem Grabstein war zu lesen: „Dem Andenken des Dr. med., Johann Chr. H. Metzig, geb. den 20. Mai 1804, gest.1. Oktober 1868 – seine dankbaren Mitbürger“.

Im Jahr 1953 wurde der ehemalige deutsche Friedhof liquidiert. Einzelne Knochen wurden damals an der Kirchenmauer beigesetzt. Am 9. Oktober 1985 fand eine gründliche Exhumierung statt und sein Grab wurde freigelegt. Heute steht an dieser Stelle ein Gedenkstein.

Seine Heimatstadt ehrte ihn posthum und benannte den Platz an der evangelischen Kreuzkirche, der unter den Nazis „Platz der SA“ hieß, nach ihm „Plac Metziga“.

Werke: Worte der Versöhnung an die Bewohner des Großherzogthums Posen, 1848. – Noch ein paar Worte über das Großherzogthum Posen, 1849. – Suum cuique. Die rechte Antwort auf die Polen und die große Zeitfrage. Zur Beherzigung für die europäischen Staatsmänner, 1856. – Die Zusammenkunft in Warschau und der europäische Kongreß. Ein Nachtrag zu der Schrift: Suum cuique. Die rechte Antwort auf die polnische und die große Zeitfrage, 1861. – Die Polen-Frage im wahren Interesse Europas im Geiste der Zivilisation, 1863. – Vive la Pologne! Ein Weckruf an das traumbefangene Europa, 1867.

Lit.: Karol Estreicher, Bibliografia XIX wieku. Bd. III. S. 103. – Stanisław Jędraś, Przyjaciel Polaków, Przyjaciel Ludu I (XXV) 1990.

Bild: Wikipedia Commons/ Gemeinfrei.

Martin Sprungala