Biographie

Meyrink, Gustav (urspr. Meyer)

Herkunft: Sudeten (Böhmen u. Mähren, österr. Schlesien)
Beruf: Schriftsteller
* 19. Januar 1868 in Wien
† 4. Dezember 1932 in Starnberg/Bayern

Meyrink (urspr. Meyer), neben Max Brod, Paul Adler, Franz Werfel und Franz Kafka prominentestes Mitglied der jüdisch-mystisch beeinflußten Prager Schriftsteller-Gruppe, wurde als Sohn des württembergischen Ministers Carl Freiherr von Varnbüler und der bayerischen Hofschauspielerin Marie Meyer in Wien geboren, besuchte das Gymnasium in München, Hamburg und Prag, studierte an der Prager Handelsakademie, war von 1889 bis 1902 als Bankier in Prag tätig, bevor er sich zu seiner erfolgreichen Schriftstellerlaufbahn entschloß. 1903 wurde er Redakteur des „Lieben Augustin“ in Wien und Mitarbeiter des Münchner „Simplizissimus“, im gleichen Jahr veröffentlichte er seine ersten phantasievollen, von E. T. A. Hoffmann und E. A. Poe beeinflußten Erzählungen, die Franz Kafka vorwegnahmen und die Traum- und Visionsdichtungen der Surrealisten. Meyrink wollte das technische Zeitalter glossieren und all denen zu Leibe rücken, die sich dem Sinn für das Geheimnis und das Wunderbare verschlossen, indem er blutsaugende Vampire, Gespenster, dämonische Doppelgänger, Fakire, Wundermenschen, Okkultisten, Hypnotisierte und Besessene beschrieben farbig geschriebenen Geschichten besonders aus der gespenstig-hintergründigen Atmosphäre des alten Prag, in denen er Grotesk-Absurdes und Mystisch-Unheimliches nebeneinanderstellte und schwermütigen Ernst, grausige Vision, ironischen Scherz und bittere Satire vermischte. Seine Angriffe gegen Spießertum, Heuchelei und Bürokratie steigerten sich später zu apokalyptischen Visionen, hinter denen eine Ahnung vom kommenden Untergang der deutsch-jüdischen und böhmisch-österreichischen Welt spürbar wurde. Auf die Grotesken und Satiren „Der heiße Soldat“ 1903, „Orchideen, seltsame Geschichten“ 1904, „Das Wachsfigurenkabinett“ 1907, „Des deutschen Spießers Wunderhorn“ 1909 folgten seine Romane, 1915 sein (auch in seiner Verfilmung berühmt gewordene) Welterfolg „Der Golem“, 1916 „Das grüne Gesicht“, 1917 „Walpurgisnacht“, 1920 „Der Engel vom westlichen Fenster“, 1921 „Der weiße Dominikaner“. Schon 1917 waren – in 6 Bänden – seine Gesammelten Werke erschienen. Der Erzähler Meyrink machte sich auch als Feuilletonist, als Lustspielautor (in Zusammenarbeit mit Roda Roda) und als Übersetzer (von Dickens) einen Namen.

Lit.: M. E. Thierfelder, Diss., München 1953; E. Frank, 1957; Gero v. Wilpert, Deutsches Dichterlexikon, Stuttgart 1963; Soergel/Hohoff, Dichtung und Dichter der Zeit, Bd. 2, S. 60-62, Düsseldorf 1963.