Biographie

Milchhöfer, Arthur Alexander Johann

Herkunft: Ostpreußen
Beruf: Archäologe
* 21. März 1852 in Schirwindt, Kr. Pillkallen/Ostpr.
† 7. Dezember 1903 in Kiel

Arthur Milchhöfer stammte aus einer nach 1732 nach Ostpreußen eingewanderten Familie von evangelischen Salzburgern. Sein Vater war Arzt. Nach dem Abitur am Gymnasium in Tilsit begann er 1870 in Berlin mit dem Studium der Germanistik und Philosophie, nahm aber kurz darauf am Krieg von 1870/71 als Freiwilliger in der Verwundetenfürsorge teil. Von einer anschließenden Italienreise war er so sehr beeindruckt, daß er sich dem Studium der Archäologie und der griechischen Altertümer zuwandte. Seit dem Wintersemester 1872/73 setzte er sein Studium an der Universität München fort, wo er schon am 5. August 1873 unter Vorlage der Arbeit „Über den attischen Apollon“ zum Dr. phil. promoviert wurde. Er ging dann nach Königsberg zurück, um sich auf das Staatsexamen vorzubereiten, das er am 29. Mai 1875 ablegte. Ab Michaelis 1875 begann er seine praktische Lehrerausbildung an zwei Gymnasien in Berlin.

Schon im Herbst 1876 ging Arthur Milchhöfer als Stipendiat des Deutschen Archäologischen Instituts nach Griechenland, wo er die Bekanntschaft Heinrich Schliemanns (1822–1890) machte, mit dem er bis zu dessen Tod freundschaftlich verbunden blieb, und an dessen Ausgrabungen in Mykene er vorübergehend teilnahm. Damals hatte das Deutsche Reich auf Veranlassung von Ernst Curtius (1814–1896), der Milchhöfers Doktorvater gewesen war, in Olympia mit Ausgrabungen begonnen, so daß Milchhöfer an der Entdeckung wichtiger Skulpturen und Tempelteile beteiligt war. Bei den Ausgrabungen jener Jahre, besonders in Troja und Mykene, wurden Spuren von Kulturepochen entdeckt, die älter als die bisher bekannten waren. Milchhöfer selbst widmete sich besonders der Landschaft Attika, wo er auf seinen zahlreichen Wanderungen u.a. nördlich von Athen das Kuppelgrab von Menidi entdeckte. Nach kurzer Tätigkeit in Neapel und Rom kehrte er wieder nach Athen zurück, um auf seinen Wanderungen weitere Spuren von Bauten und Siedlungen zu suchen.

1880 wurde Milchhöfer in Berlin Assistent von Ernst Curtius und ordnete zusammen mit Schliemann die Funde aus Troja, die im Berliner Gewerbemuseum ausgestellt wurden. Er ging für die Habilitation im Fach Archäologie vorübergehend nach Göttingen und veröffentlichte 1883 seine Schrift „Die Anfänge der Kunst in Griechenland“. Schon im gleichen Jahr erhielt er einen Ruf als außerordentlicher Professor an die Universität Münster, wo er eine archäologische Bibliothek aufbaute und eine Sammlung von Gipsabgüssen griechischer Plastiken anlegte, für die später ein eigenes Gebäude errichtet wurde. Von Münster ging er 1895 als ordentlicher Professor an die Universität Kiel, wo er gleich die Universitätssammlung von Gipsabgüssen neu ordnete und schon 1896 einen Führer durch diese Sammlung herausgab. In diesem Führer verwandte Milchhöfer die noch heute bei der Betrachtung und Einordnung von Kunstschätzen des Altertums vertretenen Prinzipien der Stilanalyse und des Stilvergleichs. Schon in einem von ihm im Jahre 1881 herausgegebenen Katalog der Museen Athens hatte er sich dieser Ordnungsprinzipien bedient, konnte sie jetzt aber mit besseren Argumenten vertreten.

Neben seinen Verdiensten um die Topographie Athens und Attikas war von besonderer Bedeutung seine in der Habilitationsschrift „Die Anfänge der Kunst in Griechenland“ nachgewiesene Tatsache, daß in der mykenischen Kultur des 2. vorchristlichen Jahrtausends neben östlichen Einflüssen auch bodenständige Kunst festzustellen ist. Auch wies er darauf hin, daß auf Kreta, dem Kreuzungspunkt der Seewege im östlichen Mittelmeer, ein Mittelpunkt, wenn nicht sogar der Ursprung der mykenischen Kultur zu suchen sei. Diese Vermutung wurde durch spätere Forschungsergebnisse bestätigt. Bei einem späteren Aufenthalt in Athen in den Jahren 1886–1887 wurde Milchhöfer endgültig zum anerkannten Topographen Attikas, wofür erin seiner Publikation „Die Schriftquellen zur Topographie von Athen“ (1891) die schriftlichen Nachweise im Rahmen einer von Ernst Curtius geplanten Stadtgeschichte Athens vorlegte.

Über die Universität hinaus war Milchhöfer als Experte der Topographie, der frühen Kunst und Religion Griechenlands anerkannt. Schon seit seiner Zeit in Münster hat er durch die jährliche Abhaltung von Feiern und Vorträgen am Geburtstag von Johann Joachim Winckelmann (1717–1768), dem Begründer der neueren archäologischen Wissenschaft und der vergleichenden Kunstgeschichte, für seine Wissenschaft geworben.

Lit.: Klaus Bürger: A.A.J. Milchhöfer, in: Altpreußische Biographie, Bd. IV, 2. Lieferung, Marburg/Lahn 1989, S. 1259–1260 (dort Nachweise). – Reinhard Stupperich: A.M., in: Reinhard Lullies, Wolfgang Schiering (Hg.): Archäologenbildnisse, Porträts und Kurzbiographien von klassischen Archäologen deutscher Sprache, Mainz 1988, S. 103–105.

Bild: Bildersammlung der Universitätsbibliothek Kiel.

Klaus Bürger