Biographie

Milow, Stephan

Herkunft: Banat
Beruf: Schriftsteller
* 7. März 1836 in Orschowa/Banat
† 11. März 1915 in Mödling bei Wien

Der Vater, Stephan von Milenkovich, war slawischer Herkunft und entstammte einer im Banat eingedeutschten Grenzerfamilie. Die Mutter, Maria von Pauß, gehörte dem deutschen Kleinadel an. Milows Vater war Major und Kordonskommandant im Deutsch-banater Grenzregiment. Als der spätere Dichter 1836 in der Grenz- und Garnisonsstadt Orschowa, hoch über der mächtigen Donau am Eisernen Tor, zur Welt kam, hatte die Banater Militärgrenze, als Teil der 1300 km langen österreichischen Militärgrenze, noch ihre volle Funktion als Grenzsicherungs- und Verteidigungsgürtel gegenüber dem türkischen Großreich und als sanitärer Kordon zum Schutz des Reiches und Europas vor Seuchen. (Der Banater Teil dieser Militärgrenze wurde 1873 aufgelöst, das Territorium Ungarn einverleibt.) So war es fast selbstverständlich, daß der junge Milow eine Ausbildung als Grenzoffizier erfuhr. Zu diesem Zwecke kam er, im Alter von 13 Jahren, 1849 in die Olmützer Kadettenkompanie und wurde, erst 16jährig, dem Wiener 37. Linien-Infanterie-Regiment als Leutnant zugeteilt. In Wien machte er die Bekanntschaft eines Offizierskollegen, des Dichters Ferdinand von Saar, und fand auch durch den häufigen Besuch des Burgtheaters Anregung für sein literarisches Schaffen. Nachdem er aus Gesundheitsgründen als Hauptmann aus der Armee ausscheiden mußte, zog er mit seiner Familie nach Ehrenhausen bei Graz und widmete sich hinfort ganz der Schriftstellerei. Seit 1900 lebte er in Mödling bei Wien, wo sein literarisches Schaffen bald weite Anerkennung fand und wo ihm 1902 der Bauernfeld-Preis und 1909 die Ehrengabe der Weimarer Schillerstiftung verliehen wurden. Milow versuchte sich, neben der Lyrik und Epik, auch als Dramatiker, jedoch ohne durchschlagenden Erfolg. Dagegen wurden sein Roman „Lebensmächte“ und seine zahlreichen Novellen und Erzählungen von der damaligen Kritik recht positiv aufgenommen. Seine ausgesprochene Stärke lag ganz eindeutig auf dem Gebiet der Lyrik, worin er häufig mit Lenau verglichen wurde. Aber wenn auch ein beachtlicher Abstand seines Werkes zu dem großen Dichter des Weltschmerzes unverkennbar bleibt, so zählt er, nicht nur nach dem Urteil seiner Zeitgenossen, doch zu den bedeutendsten Lyrikern seiner Zeit.

Nach anfänglichen Konzessionen an eine etwas verschnörkelte biedermeierliche Sprachmode findet er bald zu selbständiger Aussage und seiner reinen und klaren Sprache. Milows Gedankenlyrik über Leben, Liebe, Glück und Tod neigt zu tiefem Pessimismus, was des öfteren mit seiner langen Krankheit und seinen frühen Todesprognosen in Zusammenhang gebracht wurde. Von seiner geistig verinnerlichten, zarten und zeitlosen Liebeslyrik zeigten sich viele seiner Zeitgenossen, unter ihnen auch Peter Rosegger, begeistert. Viele von Milows Gedichten erschienen in der 1909 begründeten Banater Monatsschrift „Von der Heide“ und später, bis auf den heutigen Tag, in zahlreichen Kulturzeitschriften und Anthologien, wo sie gerne gelesen werden. Eine erschöpfende Würdigung des Schaffens von Stephan Milow durch Robert Reinhard findet sich in „Von der Heide“, Heft 4, 1915, nach dem Tode des Schriftstellers.

Wie sehr der Dichter seine Banater Heimat auch nach Jahrzehnten noch im Herzen bewahrte, mögen folgende Zeilen aus dem späten Gedicht „Die Heimat“ verdeutlichen: Früh war die Heimat mir entschwunden, / Als kaum ein Aug‘ ich aufgetan; / Doch blieb ich immer ihr verbunden / Auf meiner langen Lebensbahn … Ob mich von meiner Heimat Stätten / Getrennt ein noch so großer Raum, / ich wußt‘ im Geist sie mir zu retten, / Ich hielt sie fest in meinem Traum… Allmächtig zieht‘s mich heimwärts, / Wie vor dem End ein letztes Sehnen, / Ihr noch zu sinken an das Herz.

Werke (Auswahl): Gedichte. Heidelberg, 1864; Verlorenes Glück: Elegien, Heidelberg, 1867; Gedichte: Neu durchgesehene und beträchtlich vermehrte Gesamtausgabe. Stuttgart, 1882; Arnold Frank und andere Novellen. Deutschbanater Volksbücherei Nr. 16, Temeswar; Lebensmächte (Roman), 1890; Abendbrot: Neue Gedichte, 1912.

Lit.: Martha Petri,„Donauschwäbisches Dichterbuch“, Wien-Leipzig, 1939; dies., „Das Schrifttum der Südostschwaben in seiner Entwicklung von den Anfängen bis zur Gegenwart, Berlin, 1940; Robert Reinhard, „Stephan Milow“ in: „Von der Heide“, 4/1915; Franz Wettel, „Stephan Milow“, in: „Banater Monatshefte“, 7, L, 1934; Walter Engel, „Deutsche Literatur im Banat (1840-1939)“, Heidelberg, 1982.

Heinrich Freihoffer