Biographie

Möckel, Konrad

Herkunft: Siebenbürgen
Beruf: Stadtpfarrer
* 29. Juli 1892 in Petersdorf/Siebenbürgen
† 28. August 1965 in Kloster Kirchberg bei Horb

Konrad Möckel, Sohn eines evangelischen Pfarrers, war in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg eine der bedeutendsten Persönlichkeiten der Siebenbürger Sachsen. Sein Vater starb früh. Nach dem Besuch des Gymnasiums in Hermannstadt studierte er Naturwissenschaften in Klausenburg, Wien und Berlin. Er schloß mit der Promotion im Fach Geologie ab. Sein Berufsziel war die Laufbahn eines Gymnasiallehrers an einem der seit der Reformationszeit bestehenden deutschsprachigen  Gymnasien seiner  Heimat.  Das deutschsprachige Schulwesen der Siebenbürger Sachsen stand unter der Leitung der Evangelischen Kirche Augsburgischen Bekenntnisses. Möckel folgte der Tradition, mit den Lehramtsstudien Philosophie und Theologie zu verbinden. Nachdem er einige Jahre in Hermannstadt (Sibiu) an höheren Schulen unterrichtet hatte, nahm er im Jahre 1925 die Wahl zum Pfarrer der Gemeinde Großpold (Apoldul de sus) bei Hermannstadt an. Als er in den Pfarrdienst trat, waren die Siebenbürger Sachsen durch den staatlichen Übergang des Landes von Ungarn nach Rumänien (1918), durch eine die deutschsprachige Minderheit benachteiligende Agrarreform und durch Wirtschaftskrisen erschüttert und befanden sich politisch in einer unruhigen und gefährlichen Phase ihrer Geschichte. Möckel meldete sich in der Diskussion um den einzuschlagenden Weg der Evangelischen Landeskirche mit Aufsätzen und Gelegenheitsschriften zu Wort und vertrat den Weg einer, wie man heute sagen würde, wertekonservativen Reform. Er war in den zwanziger Jahren Mitglied des Wandervogels, betätigte sich später jedoch nicht wie manche andere leitende Mitglieder der Jugendbewegung parteipolitisch. Die Bedeutung der Evangelischen Kirche für die Orientierung der Siebenbürger Sachsen nicht nur in religiösen, sondern auch in Fragen der Ethnie war seit der Zeit von Georg Daniel Teutsch (Bischof von 1867-1893) lange nahezu unumstritten. Nach dem Ersten Weltkrieg kamen jedoch verstärkt auch antikirchliche Strömungen wie die „Unzufriedenenbewegung" auf. Möckel gelang es verhältnismäßig früh, die schwierige volkskirchliche Tradition, gleichzeitig Erbe und Last, wegweisend zu analysieren.

Im Jahre 1933 wählte die evangelische Gemeinde in Kronstadt (Brasov) Möckel zum Stadtpfarrer. Dieses Amt hatte er bis zu seiner Einkerkerung durch das kommunistische Regime im Jahre 1957 inne. Die Aufgabe einer Reform der Volkskirche stellte sich der „Frecker Kreis", eine Vereinigung jüngerer Pfarrer, die Möckel ins Lebebti gerufen hatte. Der siebenbürgische Konvent der Evangelischen Michaelsbruderschft, den Möckel während des Krieges gründete, ging aus dem Frecker Kreis hervor. Nach 1933 wuchs wie in Deutschland auch bei den Siebenbürger Sachsen die Kirchenfeindlichkeit. Möckel vertrat die Evangelische Landeskirche 1937 auf der Weltkirchenkonferenz in Oxford. Diese verurteilte in einem ihrer Arbeitskreise die Verfolgung der Kirchen in Deutschland. Nach seiner Rückkehr wurde Möckel von rumäniendeutschen Nazis der Deutschen Volkspartei Rumäniens (DVR) öffentlich angegriffen, weil er sich von dieser Verurteilung nicht distanziert hatte. Mit Dr. Friedrich Müller, Stadtpfarrer von Hermannstadt, nach dem Zweiten Weltkrieg Bischof der Kirche, rückte Möckel im Laufe der nächsten Jahre und während des Krieges in die Mitte der geistigen Opposition, die sich dem Neuheidentum der SS-hörigen rumäniendeutschen Volksgruppenführung entgegenstellte. Hans-Bernd von Haeften, Legationssekretär in der deutschen Botschaft in Bukarest, später Mitglied des Kreisauer Kreises, beriet die kirchliche Opposition in ihrem Widerstand. Eine den Deutschen Christen zu vergleichende innerkirchliche Gruppe hatte mit Hilfe des nationalsozialistischen Machtapparates das Bischofsamt besetzt. Nach dem Zweiten Weltkrieg gerieten die Siebenbürger Sachsen und mit ihnen die Evangelische Kirche in Rumänien unter den Druck des kommunistischen Regimes. Nach dem Volksaufstand im benachbarten Ungarn (1956) verschlechterten sich in Rumänien die Lebensbedingungen der ungarischen und deutschen Minderheit. Möckel wurde 1957 von der Securitate verhaftet und in einem Abschreckungsprozeß zusammen mit etwa zwanzig anderen Siebenbürger Sachsen zu 25 Jahren Kerker verurteilt. Mit dem jeder Rechtstaatlichkeit hohnsprechenden Gerichtsverfahren sollte geistige Selbständigkeit schon im Vorfeld politischer Opposition niedergehalten werden. Nach zwei Jahren wurde das Urteil gemildert und Möckel in eine Strafkolonie für Regimegegner in den Baragan verbannt und 1962 auf Intervention des Diakonischen Werks der Evangelischen Kirche in Deutschland aus der Haft entlassen, mit der Auflage, aus Rumänien auszureisen. Er zog mit seiner erkrankten Frau, Dr. med. Dora Möckel, geborener Schullerus, nach Deutschland, wo seit dem Zweiten Weltkrieg zwei Söhne lebten. Als ehrenamtlicher Mitarbeiter fand er in Kloster Kirchberg, einer Begegnungsstätte der Evangelischen Michaelsbruderschaft (Konvent Württemberg), bis zu seinem Tode eine neue Aufgabe. Pfarrer Walter Stökl, ein österreichischer Freund, nannte ihn in einem Nachruf einen „genialen, temperamentvollen, hochintellektuellen geistigen Führer der Siebenbürger Sachsen".

Schriften (Auswahl): Volkstum und Glaube. Dresden und Leipzig 1930. – Idealismus und Wirklichkeit. Schäßburg 1933. – Der Kampf um die Macht und unsere evangelische Kirche. Hermannstadt 1936.

Lit.: Ludwig Binder: Zwischen Irrtum und Wahrheit. Konrad Möckel (1892-1965) und die Siebenbürger Sachsen. Stuttgart o. J. (1989). – Gerhard Langmaack und Ingeborg Becher (Hrsg.): In Memoriam Konrad Möckel. Hamburg o. J. (1965).

Bild: Photo von 1942; Archiv des Verfassers