Eine zentrale Integrationsfigur für die Bevölkerung der Grafschaft Glatz zwischen Heimatverlust und Neuanfang nach dem Zweiten Weltkrieg stellte der letzte Generalvikar Großdechant Dr. Franz Monse dar. Er stammte aus einer Handwerkerfamilie in Mittelwalde, der südlichsten Stadt dieser Gebirgsregion. Nach dem Besuch der höheren Schule und des Gymnasialkonvikts in Glatz begann das zweite von vier Kindern eines Schmiedemeisters das Studium der katholischen Theologie und Philosophie in Breslau, wo alle Priesteramtskandidaten der zur Erzdiözese Prag gehörenden Grafschaft Glatz studierten. Im Anschluss an die Priesterweihe, die ihm Fürstbischof Georg Kardinal Kopp am 22. Juni 1907 in Breslau auf den Titel der Erzdiözese Prag spendete, erhielt Monse Kaplansstellen in Ebersdorf/Kr. Habelschwerdt und in Bad Reinerz/Kr. Glatz. Parallel zu seiner seelsorglichen Arbeit promovierte er 1913 in Breslau bei dem Neutestamentler Ignaz Rohr zum Dr. theol. und legte zwei Jahre später das Staatsexamen für den höheren Schuldienst in Religion, Hebräisch und philosophischer Propädeutik ab.
Nach einigen Jahren als geistlicher Lehrer am Gymnasium und am Lyzeum der Armen Schulschwestern in Glatz kehrte Franz Monse 1919 in die Gemeindeseelsorge zurück. Er wurde zunächst Kaplan und 1921 Stadtpfarrer in Glatz. Als die dortigeStadtpfarrkirche 1935 in den Rang einer Dekanatskirche erhoben wurde, erhielt Monse gleichzeitig die Ernennung zum Päpstlichen Geheimkämmerer mit dem Titel Monsignore. Nach dem Tod von Großdechant Prälat Franz Dittert ernannte ihn der Prager Erzbischof Karol Kardinal Kaspar im Februar 1938 zu seinem Generalvikar für den zum Deutschen Reich gehörenden Anteil der Erzdiözese. Wie seine Vorgänger trug Monse damit auch den Titel Großdechant und erhielt ein Ehrenkanonikat an der Breslauer Metropolitankirche. Außerdem gehörte der Geistliche, der seine Aufgaben in der Pfarrseelsorge parallel weiterführte und 1940 zum Apostolischen Protonotar ernannt wurde, als Vertreter des Prager Erzbischofs der Fuldaer Bischofskonferenz an.
Im Spätsommer 1945 wurde Monse verspätet mit den umstrittenen Sondervollmachten des polnischen Primas Augustyn Kardinal Hlond konfrontiert, mit denen dieser die deutschen Jurisdiktionsträger östlich von Oder und Neiße zum Amtsverzicht zwang. Bis zum Jahresende 1945 behielt der Großdechant zunächst noch seine Vollmachten für die Seelsorge der deutschen Katholiken in der Grafschaft Glatz bei und wurde am 6. April 1946 vertrieben. Über Werl gelangte er zuerst nach Wiedenbrück in Westfalen und im Sommer 1946 nach Listrup bei Lingen (Ems). Vom Prager Erzbischof Josef Beran 1948 als Generalvikar für die Grafschaft Glatzer Katholiken in der Vertreibung bestätigt, war Prälat Monse bemüht, seine Landsleute in der Bundesrepublik geistlich zu betreuen und ihre Anliegen in der Fuldaer Bischofskonferenz zu vertreten. Um für diese Aufgaben eine verkehrstechnisch günstigere Basis zu haben, zog er 1950 nach Georgsmarienhütte bei Osnabrück um. Großdechant Monse, der 1952 das Große Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik erhielt, wurde nach seinem Tod auf dem Domherrenfriedhof in Osnabrück beigesetzt.
Monse, der in seiner Eigenschaft als Stadtpfarrer das Idealbild eines strengkirchlichen Priesters verkörperte, passte aufgrund seiner unbeugsamen Haltung nicht in das Kirchenbild der Nationalsozialisten, die seine Berufung zum Generalvikar und Großdechanten 1938 erfolglos auf diplomatischem Weg zu verhindern versuchten. Die Denunziation eines in die Fahrwasser des NS-Regimes geratenen Glatzer Kirchenangestellten vermochte seine Amtsführung allerdings 1943 kurzzeitig zu erschüttern, wobei nur eine Intervention des Leiters des Kommissariats der Fuldaer Bischofskonferenz bei der Reichsregierung, Bischof Heinrich Wienken, Monses Resignation verhinderte. Flucht und Vertreibung aus Schlesien stellten ihn schließlich vor ganz neue Herausforderungen und öffneten ihm bessere Zugänge zu seinen über alle Besatzungszonen verstreuten Priestern und Gläubigen, die er durch eine Vielzahl an Aktivitäten (Versendung von Hirtenbriefen, Priesterkonferenzen und Besuche), insbesondere aber durch Organisation großer Vertriebenenwallfahrten in Telgte und Werl über das Leid des Heimatverlustes hinwegzutrösten versuchte.
Werke (in Auswahl):Johannes und Paulus. Ein Beitrag zur neutestamentlichen Theologie (Neutestamentliche Abhandlungen, Bd. 5, 2.-3. Heft), Münst er 1915 (zugl. Diss. theol. Breslau 1913). – Stoffverteilungsplan für die Kinderseelsorgsstunden in der Grafschaft Glatz, hrsg. v. Erzbisch. Generalvikariatsamt Glatz, Glatz o.J. – Die Stadtpfarrkirche zu Glatz unter besonderer Berücksichtigung der religiösen Gedankenwelt ihrer Innenausstattung, Glatz 1925. – Ostdeutsche Katholiken seid einig, einig, einig! Mahnwort, in: Johannes Smaczny (Bearb.), Der ostdeutsche Katholik in der Verantwortung, Lippstadt 1953, S. 30-32.
Lit.:Joseph Buchmann, Generalvikar Franz Monse in Glatz (1882-1962), in: ders. (Hrsg.), Schlesische Priesterbilder, Bd. 5, Aalen 1967, S. 54-58. – Erwin Gatz, Franz Monse, in: ders. (Hrsg.), Die Bischöfe der deutschsprachigen Länder 1785/1803 bis 1945. Ein biographisches Lexikon, Berlin 1983, S. 516. – Michael Hirschfeld, Prälat Franz Monse (1882-1962). Großdechant von Glatz (Arbeiten zur schlesischen Kirchengeschichte, Bd. 7), Sigmaringen 1997. – Ulrich von Hehl u.a. (Bearb.), Priester unter Hitlers Terror. Eine biographische und statistische Erhebung, 4. Aufl. Paderborn u.a. 1998, Bd. II, S. 1698. – Michael Hirschfeld, Franz Xaver Monse (1882-1962), in: Emsländische Geschichte, Bd. 7 (1998), S. 206-212. –Michael Hirschfeld, Art. Monse, Franz Xaver, in: Biographisch Bibliographisches Kirchenlexikon, Bd. XX (2002), Sp. 1044-1047. –Erwin Gatz, Franz Monse, in: ders. (Hrsg.), Die Bischöfe der deutschsprachigen Länder 1945-2001. Ein biographisches Lexikon, Berlin 2002, S. 237f.
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