Biographie

Morgenstern, Karl

Herkunft: Baltikum (Estland, Lettland, Litauen)
Beruf: Schriftsteller
* 28. August 1770 in Magdeburg
† 3. September 1852 in Dorpat/Estland

Karl Morgenstern wurde als Sohn eines Arztes geboren, der als Verfasser haushaltsökonomischer und pädagogischer Schriften hervorgetreten war. Er besuchte von 1783 bis 1788 die Domschule seiner Heimatstadt. In dieser Zeit entstand schon ein philosophischer Aufsatz „Über die Menge des Lebens im Weltall. Eine Rhapsodie“ (in: Eberhards „Philosophisches Magazin“ III, 4, 1791). 1788 begann er ein Studium der Philosophie und Philologie in Halle; 1794 promovierte er und ließ sich im Anschluß daran habilitieren mit Studien über Platon, die er (um eine dritte vermehrt) unter dem Titel „De Platonis Republica Commentationes tres“ veröffentlichte (Halle 1794/95). Seinen Hallischen Lehrern Johann August Eberhard (1739–1809) und Friedrich August Wolf (1759–1824) dankte er in der Widmung.

1797 wurde er zum außerordentlichen Professor in Halle ernannt und schon ein Jahr später als Professor der Beredsamkeit an das „Gymnasium Academicum“ in Danzig berufen. 1802 wechselte er an die wiederbegründete Universität Dorpat. Diese war 1632 entstanden und nach wechselvollen Geschicken 1710 untergegangen. Das Versprechen Peters des Großen, die livländische Universität zu erhalten, wurde erst durch die Stiftungsurkunde Alexanders I. vom 12. Dezember 1801 erfüllt. Die Universität wurde nun zu einer Pflanzstätte deutscher Wissenschaft und stand in regem Verkehr mit den Universitäten Deutschlands. Um den Aufbau dieser Einrichtung machte er sich als Mitglied der Universitätskommission, Oberbibliothekar, Direktor des allgemeinen Lehrinstituts und Betreuer des Kunstmuseums verdient. Morgenstern hielt Vorlesungen über Philologie, Ästhetik, Literatur und Kunst. 1833 wurde er emeritiert.

Von seinen kleineren philologischen Abhandlungen in lateinischer Sprache seien die Platon-Kommentare genannt. Besonders hervorzuheben sind seine Beiträge zu Goethes „Wilhelm Meisters Lehrjahre“ (1796) als frühes Beispiel für die wissenschaftliche Beschäftigung mit den Dichtungen Goethes, ferner zu Winckelmann (1805), Klopstock (1807, 1814), Klinger (1814), zum literarischen Kanon (1808) und zum Wesen und zur Geschichte des Bildungsromans (1820, 1824). Als Mitarbeiter mehrerer Zeitschriften (z.B. „Neuer Teutscher Merkur“, „Neue Bibliothek der schönen Wissenschaften“, „Deutsches Magazin“) sowie als Herausgeber der „Dorpatischen Beyträge für Freunde der Philosophie, Literatur und Kunst“ (1813–1816, 1821) trat Morgenstern in Verbindung mit führenden zeitgenössischen Literaten und Gelehrten wie Karl August Böttiger, Johann Falk, Goethe, Johannes von Müller, Schiller, Wieland und nahm Stellung zu den literarischen Entwicklungen zwischen 1794 und 1832. Seine zahlreichen Besprechungen von Werken von Christian Garve, Theodor Gottlieb von Hippel, Salomon Geßner Lichtenberg, Schiller, Friedrich Leopold zu Stolberg, Johann Heinrich Voß sowie seine sonstigen kleineren Arbeiten sind eine wichtige, noch nicht erschöpfend ausgewertete Quelle für die literarische Rezeption und Kanonbildung im deutschsprachigen baltischen Raum.

Lit.: ADB. – St. Füssel: „Ich versage mir jetzt das Vergnügen, Ihr Verleger zu sein.“ Der Briefwechsel zwischen Georg Joachim Göschen und Karl Simon Morgenstern, in: Von Göschen bis Rowohlt. Beiträge zur Geschichte des deutschen Verlagswesens. Hg. von M. Estermann und M. Knoche, Wiesbaden 1990, S. 1–32.– J.A. McCarthy: Morgenstern, in: Literaturlexikon. Hg. von Walther Killy. Bd 8, Gütersloh 1990, S. 211–212.

Werke: Johannes Müller, oder Plan im Leben, nebst Plan im Lesen und von den Gränzen weiblicher Bildung. Drei Reden, Leipzig 1808. – Auszüge aus den Tagebüchern und Papieren eines Reisenden, Dorpat/Leipzig 1811–1813. – Grundriß einer Einleitung zur Ästhetik, Dorpat 1815. – Töne vom Lebenspfade, Dorpat 1818.

Bild: Jahrbuch des baltischen Deutschtums 30 (1983).

Harro Kieser